Daddy Uncool
beträchtlichem Hin und Her war ich auf Kaution freigelassen worden. Ich hatte das Gefühl, dass die Polizisten die ganze Geschichte satthatten - ein Sturm im Wasserglas, der ihnen keine Punkte bei ihren Vorgesetzten einbringen würde.
Wenn Belagio Vergeltung haben wollte, musste er sie sich vor einem Zivilgericht erstreiten. Die Polizisten hatten mir im Vertrauen gesagt, dass es sehr unwahrscheinlich war, dass von ihrer Seite noch etwas nachkommen würde - es würde Belagio sehr schwerfallen zu beweisen, dass ich der Übeltäter gewesen
war. Ich hatte zwar ein Motiv, aber davon wusste die Polizei ja nichts, und ich hatte es ihr auch nicht mitgeteilt.
Es gab kein einziges Taxi in der Innenstadt. Ich holte mein Handy heraus und versuchte, Mel anzurufen. Ich hoffte, sie würde mich abholen, aber sie nahm ihr Handy nicht ab. Ihre Festnetznummer hatte ich nicht dabei. Ich musste also laufen. Es würde mir guttun, meinen Kopf klären und meinen Rücken entspannen nach einer Nacht, die ich zusammengekrümmt auf Plastikstühlen verbracht hatte. Ich hatte etliche Becher abgestandenen Kaffeemaschinenkaffee (ich würde empfehlen, dass die Polizisten mal meinen Espresso im Bean & Gone probierten) zu mir genommen, nur um die Zeit totzuschlagen.
Ich kam vor Mels Haustür an und bemerkte die völlige Stille, die in der Straße herrschte. Ich fragte mich, ob ich Caitlin lieber den Rest der Nacht hierlassen sollte. Vielleicht wäre das besser, aber ich wollte sie zurückhaben. Sie hatte mich zuletzt gesehen, als ich mit einem Streifenwagen abtransportiert wurde. Sie sollte nicht am nächsten Morgen mit dieser Erinnerung aufwachen.
Ich drückte auf den Klingelknopf. Ich hätte am liebsten gleich noch einmal gedrückt, um das ganze Haus aufzuscheuchen und meine Tochter so schnell wie möglich zurückzubekommen. Aber ich wartete, bis im oberen Stock ein Licht angeschaltet wurde. Ein paar Minuten später öffnete Mel die Tür.
»Hallo, Alex«, sagte sie. Ihr Gesicht war vom Schlaf verquollen. Vielleicht hätte ich doch bis zum nächsten
Morgen warten sollen; ich hätte Caitlin durchschlafen lassen sollen.
»Wann haben sie dich laufen lassen?«, fragte Mel.
»Noch nicht lange her«, sagte ich. »Vor zwanzig Minuten, glaube ich.«
Ich wunderte mich, dass sie nicht zur Seite trat und mich ins Haus bat. Ich vermutete, dass sie noch im Halbschlaf war.
»Und, hast du die Nachricht erhalten?«, fragte sie.
Ich holte mein Handy aus der Tasche.
»Manchmal ist dieses Ding etwas langsam«, sagte ich und untersuchte es.
»Vielleicht haben sie es dir gar nicht gesagt«, sagte Mel leise, wie zu sich selbst. »Die Frau sagte, dass die Polizei sie informiert habe, wo Caitlin sei. Sie wollten es dir erzählen.«
»Wer wollte mir etwas erzählen?«, fragte ich. Ich lächelte sie immer noch glücklich an, weil ich der stickigen Atmosphäre der Polizeiwache entkommen war. Verdammt, war ich froh, nicht mehr dort zu sein. Die Vorstellung, wieder mit Caitlin vereint zu sein, gab mir Auftrieb. Das erste Mal seit Stunden entspannte sich meine Bauchregion.
Mel seufzte. »Es ist nur, du weißt schon, es hat mich überrascht, dass …«, platzte es aus ihr heraus. Sie schloss kurz die Augen, um sich kurz zu sammeln.
»Warte mal«, sagte ich. »Warte.« Ich wischte mir den Regen aus dem Gesicht. »Sag das bitte noch einmal.«
Mel seufzte wieder.
»Wo ist Caitlin?«, wollte ich wissen.
»Sie ist … sie ist …«, Mel suchte nach Worten. »Hör mal, möchtest du nicht reinkommen?«
»Nein«, sagte ich ungeduldig. »Ich möchte nicht reinkommen.«
»Ich dachte, dass sie es dir erzählt hätten«, sagte sie. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das vom Liegen leicht verfilzt war. »Sie ist nicht hier, Alex. Eine Frau hat sie mitgenommen.«
»Verdammter Mist!«, schrie ich. Meine Stimme schrillte durch die geräuschlose Nacht. Ein paar Lichter in der Straße gingen an. Vorhänge wurden aufgezogen, um sehen zu können, was vor Hausnummer 342 vor sich ging.
Ich hockte mich hin, nahm meinen Kopf in die Hände. Es war, als wollte ich so dicht am Boden sein, wie ich konnte. So war die Wahrscheinlichkeit geringer, getroffen zu werden. Ich bot ein kleineres Ziel.
»Alex«, sagte Mel ruhig, »ich glaube, du solltest wirklich hereinkommen. Wir können versuchen, die Sache zu klären, einen Tee trinken, uns aufwärmen.«
»Ich will keinen verdammten Tee«, sagte ich ungehalten.
»Die Frau gab mir das hier«, sagte Mel und reichte mir ein Stück
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