Daddy Uncool
hatte. »Ich melde mich dann nächste Woche.«
»Mach das«, sagte Amanda lächelnd.
»Ich gehe dann jetzt besser«, sagte ich. »Ich muss Caitlin zurückbringen.«
»Sie ist ein nettes Mädchen«, sagte Amanda.
»Ja, ja … ich weiß«, erwiderte ich, stand auf und ging ins Wohnzimmer. Caitlin schaltete den Fernseher aus, obwohl ich kein Wort gesagt hatte.
»Ich freue mich darauf, dich bald wiederzusehen«, sagte Amanda zu Caitlin.
Ich sah Caitlin an und dann Amanda, nicht sicher, was sie damit meinte.
»Sie wird mir ein bisschen helfen«, verkündete Amanda. »Bei der Arbeit.«
Ich versuchte zu lächeln, aber ich wusste, dass das ernst gemeint war und nicht nur Wortgeplänkel.
»Caitlin wird ein paar Tage in der Woche ein Praktikum bei uns machen«, sagte Amanda. »Nach der Schule. Wir suchen schon eine ganze Weile einen Praktikanten, und ich glaube, dass sie perfekt dafür ist.«
Ich sah Amanda an. War das ihr Ernst?
»Was?«, stammelte ich. »Was ist mit der Hausarbeit und den anderen Sachen, die du erledigen musst …«
»Das kriegen wir schon hin«, sagte Caitlin mit einem Lächeln. »Und die Schule hält uns sogar dazu an, ein Praktikum bei einem Unternehmen zu machen.«
Beide sahen mich erwartungsvoll an. Bestimmt hatte ich nichts dagegen.
»Nun, wir werden sehen, was deine Mutter dazu sagt, nicht wahr?«, sagte ich, weil mir klar wurde, dass meine einzige Chance war, Mel heraufzubeschwören. »Sie wird natürlich die endgültige Entscheidung treffen müssen.«
»Ich habe das mit meiner Mutter bereits geklärt«, sagte Caitlin mit unbeschwerter Endgültigkeit. »Und sie hat gesagt, dass es in Ordnung ist.«
In diesem Moment hätte ich sie am liebsten erwürgt und gleichzeitig umarmt. Gott, war die raffiniert.
Spät am Abend ging ich im Garten umher, um meinen Kopf klar zu bekommen. Ich hatte mir selbst eine Frist von drei Monaten gegeben, um zu sehen, ob Caitlin und ich in der Lage waren, eine Vater-Tochter-Beziehung aufzubauen. Ich musste zugeben, dass es bis jetzt nicht funktionierte, trotz der seltenen Anzeichen von Zuneigung von ihrer Seite. Ich musste aufhören zu träumen. Sosehr ich mir auch gewünscht hatte, ein tüchtiger, liebender Vater zu sein, wurde es immer deutlicher, dass Caitlin und ich nicht die richtigen Schritte machen konnten, um eine Familie zu werden. Mehr als das, sie schien deutlich zu zeigen, dass sie mich nie als Vater akzeptieren würde. Und darüber hinaus bedeutete ihre neue Beziehung zu Amanda, dass ich früher oder später als Lügner enttarnt werden würde, und ich wollte Amanda keine derartige Munition liefern.
Sie hatte mich gefälligst Dad zu nennen.
Ich nahm mein Handy aus der Jackentasche und tippte ein paar Zahlen ein, die ich von einem Zettel ablas.
Ein Anrufbeantworter meldete sich. Ich wartete auf den angekündigten Piepton.
»Hallo, Joan, hier spricht Alex Taylor«, begann ich. »Ich würde mich freuen, wenn Sie mich zurückrufen könnten. Ich muss mit Ihnen über Caitlin sprechen.«
22
Die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens hatte ich es möglichst vermieden, zum Arzt zu gehen. Es hatte natürlich vereinzelte Besuche gegeben, zu denen mich meistens Amanda gezwungen hatte, zum Beispiel wenn ich sechs Monate lang einen festsitzenden Husten hatte. Aber ich hatte alles dafür getan, unser überarbeitetes, unterbesetztes Gesundheitssystem nicht über die Maßen zu belasten.
Aber mit Caitlin war das etwas anderes. Angesichts der Tatsache, dass die Dinge zwischen uns nicht richtig funktionierten, dachte ich, professioneller Rat könnte vielleicht helfen: Die schmerzlichen, dramatischen Lebensumstände der vergangenen Monate waren mehr, als irgendjemand verkraften konnte - erst recht für eine Heranwachsende. Sosehr ich auch hasste, es zugeben zu müssen - ich hatte keine Idee mehr, wie ich sie erreichen konnte. Also brauchte ich Hilfe von außen. Ich hatte darüber nachgedacht, zu ihrer Schule zu gehen, aber dort wussten sie sowieso über ihre Situation Bescheid: Ich hatte einen Brief über ihr Herumalbern in der Klasse erhalten; wenn ich um Hilfe bitten würde, würde sie das nur noch mehr brandmarken.
Also entschied ich, dass ein Besuch bei einem Allgemeinmediziner
für den Anfang so gut wie jede andere Möglichkeit war. Wenn dabei nichts weiter herauskommen würde, hätte ich doch wenigstens Pluspunkte beim Jugendamt gesammelt, weil Caitlin beim Arzt registriert war.
Wir saßen auf Plastikstühlen mit grauen Sitzmulden in einem Raum, der wie
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