Dämenkind 2 - Kind der Götter
seit einigen Wochen im Grabe, weil die unglückselige, tödliche Verwechslung von Flachskraut mit Würze sie das Leben gekostet hatte.
Loclon hatte ihn sogleich am Arm gepackt und mitgezogen, und unterwegs zum Verwaltungsbau hatte er ihm mit leiser Stimme die Umstände erklärt. Gawn hatte sich ihnen ohne Umschweife angeschlossen.
Die Wächter am Hauptportal verkörperten kein Hindernis. Ohne sehr ernste Gründe gab man keinem Hauptmann Widerworte. Auch die Männer in den Obergeschossen bedeuteten kein Hemmnis. Loclon be
schuldigte sie, lediglich im Gebäude zu lungern, um der Kälte zu entgehen, und scheuchte sie hinab. Zackig nahmen die Hüter Haltung an und eilten ins Freie.
Die Wachen, die vor dem Kabinett der Ersten Schwester im Flur standen, waren hingegen ein andersartiger Fall, nämlich Untergebene Garet Warners. Ihnen konnte Loclon Befehle erteilen, bis er schwarz wurde, sie würden ihm nicht gehorchen.
Knapp außerhalb ihrer Sicht verharrte er unterhalb des Treppenabsatzes, der in den breiten, mit einem Läufer ausgelegten Korridor mündete. Durch einen Wink ermahnte er die Karier zur Stille.
»Wie lautet deine Meinung, Gawn?«
»Ich denke mir«, flüsterte der andere Hauptmann, »wir müssen uns den Zutritt erkämpfen.«
»Zu kämpfen erübrigt sich.« Herzog Terbolt redete gleichfalls im Flüsterton. »Lork, nimm die Sache in die Hand.«
Bevor es Loclon gelang, Bedenken auszusprechen, betrat der Hüne den Flur und stapfte auf die zwei Hüter zu, die beiderseits der Flügeltür zum Kabinett der Ersten Schwester Wacht hielten. Während er sich näherte, schauten die Krieger, die Faust am Schwertgriff, ihm entgegen, riefen die Frage, was sein Erscheinen bedeuten solle. Lork gab keine Antwort, sondern ging weiter auf sie zu.
Sobald er die beiden Männer erreichte, die inzwischen ihre Schwerter zogen, packte er jeden mit einer Faust, die in der Größe einem Essteller glich, und schmetterte ihre Köpfe mit solcher Wucht zusammen, dass Loclon die Schädel bersten hörte. Während die Männer zu Lorks Füßen niedersanken, rannte Loclon zu ihm.
»Du Narr!«, fauchte er. »Du hast sie umgebracht.«
»Sie waren Häscher des Bösen«, sagte Garanus; mit Herzog Terbolt und den übrigen Geistlichen war er Loclon umgehend gefolgt. »Der Allerhöchste frohlockt über ihren Tod.«
»Das mag sein, wie es will, aber hier wird wahrlich kein Schwein darüber frohlocken. Wir müssen die Leichen verstecken.«
»Wir können sie drinnen verbergen«, meinte Herzog Terbolt, indem er sich der mit Bronze beschlagenen Flügeltür zuwandte. »Wollen wir dann wohl anklopfen?«
Gawn murmelte etwas Unverständliches, während der Karier an die Tür pochte. Wenige Augenblicke später öffnete Meister Draco, der mit einem Blick die toten Wachen und die geschorenen Priester erfasste – und mit einer Schnelligkeit, die man jemandem seines Alters schwerlich zugetraut hätte, nach dem Schwert langte.
Aber darauf hatte Herzog Terbolt sich eingestellt. Sein Dolch fuhr Meister Draco, ehe er blankziehen konnte, in die Brust. Rücklings stieß der Herzog ihn ins Vorzimmer. Meister Draco brach zusammen und blieb der Länge nach auf dem kostbaren Teppich liegen. Blut färbte ihm den roten Waffenrock dunkler. Erstickt rief er eine Warnung, jedoch weilte niemand in der Nähe, der ihn hätte hören können.
Starr vor Entsetzen stand Loclon da und sah zu, während Lork die beiden getöteten Wächter hereinschleifte und die Tür von innen absperrte. Sie hatten zwei Hüter ermordet. Und den Wächter der Ersten Schwester traf soeben das gleiche Schicksal.
Ganz gleich, wie Loclon die Lage betrachtete, er steckte bis zum Hals im Verhängnis.
»Sucht die Erste Schwester«, befahl Herzog Terbolt. Die Geistlichen schwärmten aus und lugten hinter die zahlreichen Türen, die vom Vorzimmer in die verschiedenen Räumlichkeiten der Ersten Schwester abzweigten. Loclon beobachtete Draco, der leise stöhnte und mit der Hand die durchbohrte Brust betastete. »Gebt ihm den Gnadenstoß, Hauptmann«, wandte sich Terbolt an Loclon. »Mich stört sein Gewinsel.«
»Aber er …«, setzte Loclon unsicher zu einer Antwort an.
»Ich tu's«, biederte sich Gawn an, indem er schon das Schwert zückte. Er ging zu Draco, der offenkundig ohnehin im Sterben lag, und zögerte kaum, bevor er ihm die Klinge erst einmal, dann immer wieder in den Leib rammte. Längst war Draco tot, als Gawn das widerliche Treiben beendete.
Während er zuschaute, wie Gawn Meister
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