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Dämenkind 2 - Kind der Götter

Dämenkind 2 - Kind der Götter

Titel: Dämenkind 2 - Kind der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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könne die Bewusstlosigkeit doch nur mimen. Aber sobald er neben ihr stand, erkannte er das Unwahrscheinliche dieser Gefahr.
    Das prächtige lange Haar hatte sich über ihr Gesicht gebreitet und verhüllte größtenteils die Verletzung, doch strömte noch immer Blut aus der Stirn, und am Hals sah man ober- und unterhalb der Halskette, deren Leuchten inzwischen erloschen war, grässliche Brandblasen.
    Loclon stieß R'shiel zaghaft mit der Stiefelspitze an: Die Hexe rührte sich nicht. Auch ein festerer Tritt entlockte ihr keine Regung. Nochmals trat Loclon zu, dieses Mal jedoch nicht, um ihren Zustand festzustellen, sondern aus reinem Vergnügen. Ein weiterer Tritt hatte lediglich den Zweck, das Maß voll zu machen.
    Denn dieser Zeitvertreib ermüdete Loclon rasch. Prellungen und Rippenbrüche heilten im Lauf der Zeit. Voraussichtlich würde sie auch keine Narben zurückbehalten – sie war kein Mensch, sondern Harshini. Aber Loclon gedachte ihr ein Andenken zu hinterlassen. Einige Zeit lang stand er ruhig da und überlegte. Endlich kam ihm ein Einfall. Er strebte zur Tür und öffnete sie einen Spalt weit.
    »Bring mir eine Schere«, befahl er dem Wächter.
    Ein wenig verdutzte die Anweisung den Hüter, trotzdem beeilte er sich zu gehorchen. Ungeduldig tappte Frohinias Fuß auf die Fliesen, während Loclon auf die Rückkehr des Kriegers wartete. Sobald der Mann sich wieder einfand, riss er ihm die Schere geradezu aus der Hand, kehrte in die Kammer zurück und schloss die Tür hinter sich.
    Loclon schleifte R'shiel zum Bett. Erneut verdross ihn Frohinias Schwäche; hätte er noch den eigenen Körper gehabt, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die Ohn
    mächtige hochzuheben und auf das Lager zu werfen. So aber musste er sich unter Schnaufen und Stöhnen mühevoll abplagen, sie unter den Achseln fassen und zum Bett schleppen; sie hinaufzuwälzen überforderte nahezu seine Kräfte.
    Als er es endlich geschafft hatte, streckte er sie nachgerade zärtlich auf dem Lager aus und faltete ihr die Hände auf der Brust zu einer demütigen Geste. Mit den Fingern kämmte er die herrliche Haarpracht, bis sie rings um ihren Kopf wie ein feuriger Leuchtkranz ausgebreitet lag; dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk.
    Ließ man die Verbrennungen und das Blut außer Acht, war sie in der Tat eine atemberaubende Schönheit. Loclon lächelte, weil ihm bewusst wurde, dass er sie niemals zuvor in solcher Verfassung erblickt hatte: so friedlich, so schutzlos.
    Er seufzte und nahm die Schere zur Hand, stellte sich ans Bett und gab R'shiel einen ausgiebigen Kuss auf die leicht geöffneten Lippen.
    Dann packte er die Schere fester und schnitt ihr die Haare so dicht am Schädel ab, wie es nur möglich war. Er summte dabei tonlos vor sich hin; bloß einmal verhielt er in seinem Tun, um sich argwöhnisch über die Schulter umzuschauen.
    Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass jemand ihn beobachtete.

52
    WEDER DIE BEFRAGUNG Hauptmann Hadlys noch Sergeant Monthays verhalf Tarjanian, was den Verbleib des karischen Jungen anbelangte, zu irgendeiner Erkenntnis. Beide wussten ihm keine zufrieden stellende Auskunft zu erteilen. Hadly musste sich einem Übermaß an Pflichten und Aufgaben widmen, sodass ihm der Überblick fehlte, und Monthay entsann sich zwar daran, Mikel einen freien Nachmittag gewährt zu haben, erinnerte sich aber selbst nicht mehr an den Grund.
    Tarjanian bedankte sich und begab sich auf die Suche nach dem Burschen. Er machte dem Sergeant keinen Vorwurf. Wenn der Gott der Diebe es sich in den Kopf gesetzt hatte, Mikel auf Abwege zu führen, so blieb ein biederer Soldat vom Schlage Monthays dagegen völlig machtlos.
    Er beugte sich im Sattel vor, tätschelte Blitz den Hals und dachte unterdessen darüber nach, wo in dem ausgedehnten Heerlager sich ein karischer Lümmel und ein Schelm von einem Gott wohl herumtreiben mochten. Diese Frage galt es gründlich zu durchdenken.
    Dass sie sich nach Norden entfernt hatten, zur Grenze, musste als eher unwahrscheinlich angesehen werden. Dort war es nicht nur gefahrvoll, es winkte auch nichts Unterhaltsames. Als ebenso unwahrscheinlich
    betrachtete Tarjanian das Kastell sowie den hythrischen Lagerbereich, in dem Mikels Bruder weilte, und den Teil des Lagers, den das Hüter-Heer beanspruchte, denn dort hätte man ihre Anwesenheit kaum geduldet. Er richtete den Blick in den Süden, wo der Tross sich niedergelassen hatte: Dort gab es, überlegte er, reichlich

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