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Dämmerschlaf - Roman

Dämmerschlaf - Roman

Titel: Dämmerschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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sehr Dexter an Jim hängt.»
    Wyant hatte seinen Blick jäh von dem Raeburn abgewandt. Die Röte von Paulines Wangen spiegelte sich schwach auf den seinen. «Dumm von mi r … natürlic h … Ich war eben ziemlich fassungslos, als ich hereinkam und merkte, das alles immer noch aussieht wie frühe r … Du musst entschuldigen, dass ich einfach so auftauche; ich muss dich in einer wichtigen Angelegenheit spreche n … Hallo, Non a …!»
    «Natürlich entschuldige ich das, Arthur. Setz dich – hier an den Kamin. Dir ist bestimmt kalt nach deiner Fahrt durch den Rege n … Wirklich ungewöhnlich für die Jahreszeit, nachdem wir schon so schönes Wetter gehabt haben. Nona wird nach frischem Tee klingeln», sagte Pauline in dem ihr eigenen Ton unerschütterlicher Gastfreundschaft.
    29
    Abends, an der Tür ihrer Mutter, zögerte Nona einen Augenblick, dann drehte sie sich noch einmal um. «Als o … gute Nacht, Mutter.»
    «Gute Nacht, Kind.»
    Doch auch Mrs Manford schien zu zögern. In ihr üppiges dunkles Gewand gehüllt, stand sie da und hob geistesabwesend eine Hand, um erst den einen, dann den anderen langen Ohrring abzunehmen. Mrs Manford hatte es sich zur Regel gemacht, dass ihr Mädchen nie aufbleiben musste, um ihr beim Auskleiden zu helfen.
    «Soll ich es dir aufknöpfen, Mutter?»
    «Danke, Liebes, nein, aus diesem Kaminkleid kann ich leicht rausschlüpfen. Du bist bestimmt müd e …»
    «Nein, ich bin nicht müde. Aber d u …»
    «Ich auch nicht.» Sie standen unschlüssig auf der Schwelle des warmen, halbdunklen Zimmers, das nur von einem niedergebrannten Kaminfeuer erhellt wurde. Pauline schaltete das Licht an. «Dann komm herein, Liebes.» Ihr gezwungenes Lächeln entspannte sich, und sie legte ihrer Tochter eine Hand auf die Schulter. «So, es ist überstanden», sagte sie mit der müden und doch zufriedenen Stimme, mit der Nona sie manchmal den Grabgesang eines schwierigen, aber erfolgreichen Dinners hatte anstimmen hören.
    Nona folgte ihr, und Pauline sank in einen Sessel am Kamin. Im gedämpften Lampenlicht – ihr Gesicht wurde vom Feuerschein umspielt, ihr kleiner Kopf saß aufrecht auf den noch immer hübschen Schultern – strahlte sie eine anmutige Würde aus, die ihre Tochter über die Maßen rührte.
    «Ich bin so froh, dass du dir nie einen Bubikopf hast schneiden lassen, Mutter.»
    Mrs Manford machte große Augen bei dieser unvermittelten Bemerkung; ihr starrer Blick schien zu sagen, dass sie sich mit den sprunghaften Äußerungen ihrer Tochter abgefunden, aber längst jeden Versuch aufgegeben hatte, damit gedanklich Schritt zu halten.
    «Du bist hübsch, so wie du bist», fuhr Nona fort. «Ich kann verstehen, dass der liebe alte Punkt A die Fassung verlor, als er dich hier sah, in der gleichen Umgebung und im Grunde auch äußerlich so, wie du zu seiner Zeit ausgesehen haben muss t … Und er selbst hat sich so sehr veränder t …»
    Pauline senkte den Blick über dieser Vorstellung. «Ja. Der arme Arthur!» Hatte sie in den letzten fünfzehn Jahren den Namen ihres früheren Ehemannes jemals ohne dieses abschätzige Beiwort ausgesprochen? Irgendwie rief er am Ende immer Mitleid hervor – ein nachsichtiges Mitleid. Sie lehnte sich in die Kissen zurück und fuhr fort: «Es war natürlich bedauerlich, dass er es sich in den Kopf gesetzt hatte, hier herauszufahren. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so genau daran erinnert, wie es hier aussa h … Das Sargent-Bild von Jim auf dem Pon y … Glaubst du, es hat ihn gestört?»
    «Dass das Bild jetzt in Vaters Zimmer hängt? Ja, ich glaube schon.»
    «Aber, Nona, er ist deinem Vater immer so dankbar für alles, was er für Jim und Lita getan hat. Er bewundert deinen Vater. Er hat es mir oft gesagt.»
    «Ja.»
    «Und da er schon einmal hier war, musste ich ihn wenigstens bitten, zum Essen dazubleiben.»
    «Natürlich. Zumal ja erst nach dem Dinner wieder ein Zug in die Stadt fuhr.»
    «Und im Grunde weiß ich bis jetzt nicht, weswegen er gekommen ist!»
    Nona, die versunken das Feuer betrachtete, hob den Blick. «Nein?»
    «Nun ja, natürlich so ungefähr, es ging um Jim und Lita. Die alte Leier, die wir schon so oft gehört haben. Aber ich konnte ihn rasch beruhigen. Ich berichtete ihm, dass Lita hier restlos glücklich und das Experiment ein voller Erfolg ist. Er schien sich zu wundern, dass sie all ihre Pläne mit Hollywood und Klawhammer aufgegeben ha t … Offenbar hat Amalasuntha ihm eine Menge Unsinn erzähl t … Aber als ich sagte,

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