Dämmerschlaf - Roman
fügte sie hinzu: «Schau, es wäre mir fast lieber, wenn wir deinem Vater nichts von seinem Besuch erzählten, und Lita auch nicht. Jetzt ist es vorbei, warum sollten wir sie damit behelligen?»
«Richtig, dazu gibt es keinen Grund.» Nona erhob sich vor dem Feuer aus der Hocke und reckte die Arme in die Höhe. «Ich kümmere mich darum, dass Powder nichts verrät. Im Übrigen würde er das ohnehin nicht tun. Er scheint immer zu wissen, was man erklären muss und was nicht. Man sollte ihn als Katastrophenhilfe einsetzen, so wie die Feuerlöscher in den Flure n … Gute Nacht, Mutter, ich werde allmählich müde.»
Ja, es war vorbei, Pauline wollte nichts mehr von der Sache wissen, und sie fand, sie durfte sich zu Recht beglückwünschen. Sie hatte Nona nicht erzählt, wie «problematisch» Wyant sich in den ersten Minuten verhalten hatte, als das Mädchen wegen des Tees aus der Bibliothek gehuscht war und sie allein gelassen hatte. Wozu dem allen noch nachgehen? Pauline war erst ein wenig nervös gewesen – sie sorgte sich zum Beispiel, was geschehen mochte, wenn Dexter und Lita hereinkamen, solange Arthur noch in diesem seltsam aufgeregten Zustand war, in der Bibliothek auf und ab stampfte und halb für sich, halb an sie gerichtet murmelte: «Verdammt, bin ich nun in meinem Haus oder in dem eines anderen Mannes? Kann mir das jemand sagen?»
Aber sie waren nicht hereingekommen, und die Phase der Gereiztheit ging rasch vorüber. Pauline hatte nur antworten müssen: «Das ist mein Haus, Arthur, in dem du als Jims Vater immer willkommen bis t …» Das hatte seinem irren Gerede ein Ende gemacht, ihn ein wenig beschämt und ihm wieder zu Bewusstsein gebracht, was er dem Anlass und seiner Würde schuldig war.
«Meine Liebe – du musst verzeihen. Ich bin hier nur ein Eindringling, ich wei ß …»
Und als sie ergänzte: «In meinem Haus niemals, Arthur. Setz dich, bitte, und erzähl mir, weswegen du mich besuchs t …», da verstummte alles Gezeter vor dieser ruhig und vernünftig vorgebrachten Frage, er setzte sich wie gebeten und begann mit völlig normaler Stimme die alte Leier von Jim und Lita, von Jims Tatenlosigkeit und Litas Schäkereien und wohin das führen solle; ob sie sich darüber im Klaren sei, dass dieses Weib ihren Sohn zum Gespött der Leute mache – ja, dass man in den Clubs schon darüber rede?
Von da an hatte sie keine Schwierigkeiten mehr gehabt. Es war leicht gewesen, seine Befürchtungen behutsam ein wenig ins Lächerliche zu ziehen und ihn durch den Bericht von ihrem Gespräch mit Lita (obwohl sie beim Gedanken an dessen Ausgang noch immer zusammenzuckte) und die Beteuerung, das Cedarledge-Experiment sei überaus erfolgreich verlaufen, noch einmal zu beruhigen. Gerade als seine Fragen wieder drängender wurden – als er auf einen bestimmten Mann anspielte, sie wusste nicht, auf wen –, war zum Glück Powder hereingekommen, um ihn in ein Gästezimmer zu führen, damit er sich zum Dinner umkleiden konnte; und kurz nach dem Essen stand das Auto vor der Tür, und Powder (wieder in der Rolle der Vorsehung) wagte vorzuschlagen, in Anbetracht der rutschigen Straßen wäre es wohl besser, Sir, so bald wie möglich aufzubrechen. Nona hatte es übernommen, ihn zur Tür zu begleiten, und Pauline war mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung in die Bibliothek zurückgekehrt, wo Wyants leeres Whiskyglas und der Aschenbecher gespenstisch auf dem Tisch neben dem Sessel ihres Mannes standen. Ja, sie war froh gewesen, als es vorbei wa r …
Und jetzt war sie froh, dass es stattgefunden hatte. Die Begegnung hatte ihr Vertrauen in die eigene Vorgehensweise bestärkt und ihr erneut bewiesen, dass sie die Kraft besaß, Hindernisse zu überwinden, indem sie sie fortlächelte. Sie hatte Arthur buchstäblich aus dem Haus gelächelt, wo andere Frauen in einer ähnlich kritischen Lage eine Szene gemacht oder befürchtet hätten, ihre Würde könne Schaden leiden. Ihre Würde! Die ihre bestand mehr denn je darin, von jedem das Beste anzunehmen, sich und anderen einzureden, dass man das Böse erst dadurch schuf, dass man es jemandem zuschrieb, und seine Entstehung dadurch verhinderte, dass man nicht daran glaubte. Der Wissenschaftliche Spiritualist drückte es mit diesen Worten aus: «Wir produzieren Sorgen genauso wie jedes andere Gift.» Wie dankbar war sie ihm für diesen Leitsatz! Und wie unbeschwert und glücklich machte sie das Wissen, dass sie ihn nicht vergessen und seine Wahrheit in einem so
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