Daemmerung der Leidenschaft
immer noch ihre feine Hose und die Bluse an, die sie zum Lunch getragen hatte, und die Baseballmütze lag, ebenso wie ihre Stiefel, in ihrem Zimmer.
Herumzutrödeln war nicht schwer bei diesen Temperaturen. Sie hielt an und ließ Buckley aus einem kleinen Bach saufen, dann setzten sie ihren gemütlichen Ritt fort. Eine leichte Brise strich ihr übers Gesicht, und das war auch der Grund, warum Buckley den Geruch von Jessies Pferd auffing und sie mit einem leisen Wiehern warnte. Sie ließ ihn sofort zurückgehen, da sie nicht wollte, daß das andere Pferd Jessie auf sie aufmerksam machte.
Nachdem sie Buckley an einer kleinen Tanne festgemacht hatte, schlich sie sich leise durch die Bäume und eine kleine Anhöhe hinauf. Mit ihren dünnen Sandalen rutschte sie auf den Tannennadeln aus und kickte sie ungeduldig von den Füßen, um den Rest des Wegs bis zur Spitze barfuß zurückzulegen.
Jessies Reittier befand sich etwa vierzig Meter links unter ihr und knabberte seelenruhig an einem kleinen Grasflecken. Ein großer, moosüberwucherter Felsblock überragte die Spitze der Anhöhe, und Roanna kroch dorthin, um sich dahinter zu verstecken. Vorsichtig spähte sie um den Felsen herum in der Erwartung, Jessie irgendwo zu entdecken. Sie hörte Stimmen, aber die Laute waren irgendwie komisch, keine richtigen Worte.
Dann sah sie sie, fast direkt unterhalb, und sank betroffen gegen den heißen Stein. Ihr Herz hämmerte wie eine Buschtrommel. Sie hatte erwartet, Jessie bei einem heimlichen Stelldichein mit einem Freund aus dem Country Club zu erwischen beim harmlosen Knutschen, aber doch nicht das hier. Sie war derart unerfahren und naiv, daß sie sich das Bild, das sich ihr bot, nicht einmal im Traum hätte vorstellen können.
Teilweise waren sie hinter einem Busch verborgen, aber sie konnte dennoch die Decke erkennen und Jessies weißen, schlanken Körper und den dunkleren, muskulöseren des Mannes, der auf ihr lag. Beide hatten nichts an, er bewegte sich und sie umklammerte ihn, während beide Laute ausstießen, die Roanna zusammenzucken ließen. Sie konnte nicht sagen, wer er war, erblickte lediglich den oberen Teil seines Rückens und den Kopf mit den schwarzen Haaren. Doch dann glitt er von Jessie herunter, kniete sich hin, und Roanna starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sie hatte noch nie einen nackten Mann gesehen, und diese Szene traf sie wie ein Dolchstoß. Er zog Jessie hoch, so daß sie auf Händen und Knien lag, schlug ihr dann klatschend aufs Hinterteil, wobei er rauh auflachte über den erstickten, kehligen Laut, den sie dabei ausstieß; dann rammte er sich wieder in sie hinein und trieb es mit ihr, wie Roanna es einmal bei Pferden beobachtet hatte. Und die feine, hochnäsige Jessie krallte sich in die Decke, machte einen Katzbuckel und rotierte ihren Hintern.
Roanna wurde speiübel, sie duckte sich hinter den Felsen und preßte ihre Wange an den Granit. Sie kniff die Augen zusammen und kämpfte mit dem Brechreiz. Wie betäubt und krank vor Verzweiflung, fragte sie sich, was Webb tun würde?
Sie war Jessie aus dem schadenfrohen Wunsch heraus gefolgt, ihre verhaßte Cousine in Schwierigkeiten zu bringen, aber sie hatte etwas viel Harmloseres erwartet: ein paar Küsse, falls überhaupt ein Mann in die Sache verwickelt war, vielleicht ein Treffen mit Freunden, um sich in einer Bar zu amüsieren. Vor Jahren, als sie und Jessie auf Davenport eingezogen waren, hatte Webb Jessies Boshaftigkeit strengstens Einhalt geboten, indem er ihr drohte, ihr den Hintern zu versohlen, wenn sie nicht aufhörte, Roanna zu quälen. Diese Drohung fand Roanna so herrlich, daß sie Tage damit zubrachte, Jessie zu provozieren, bloß um zu erleben, wie ihre Cousine den Allerwertesten poliert bekam. Belustigt hatte Webb sie schließlich beiseite genommen und ihr warnend mitgeteilt, daß die Strafe auch nach hinten, in ihre Richtung also, losgehen konnte, wenn sie keine Ruhe gab. Derselbe ungezogene Impuls hatte sie auch diesmal getrieben, doch was sie hier vorfand, überstieg bei weitem ihre Fassungskraft.
Roannas Hals war wie zugeschnürt vor ohnmächtiger Wut, und sie schluckte krampfhaft. So sehr sie ihre Cousine auch haßte und verabscheute, sie hätte nie geglaubt, daß Jessie ihre Existenz aufs Spiel setzen würde.
Wieder kam ihr der Magen hoch, und sie drehte sich rasch um, schlang die Arme um ihre angezogenen Knie und legte den Kopf darauf. Mit ihrer raschen Bewegung lösten sich ein paar Steinchen, aber sie war viel zu
Weitere Kostenlose Bücher