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Daemmerung der Leidenschaft

Daemmerung der Leidenschaft

Titel: Daemmerung der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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gegangen?«
    »Teufel, weiß ich nicht. So acht, halb neun.«
    »Sind Sie nochmal zurückgekommen?«
    »Nein.«
    »Wo sind Sie hingefahren?«
    »Eine Weile durch die Gegend, schließlich rüber nach Florence.«
    »Hat Sie jemand gesehen, der das bestätigen könnte?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was haben Sie gemacht? Nur so rumgefahren?«
    »'Ne Zeitlang, wie ich sagte. Dann bin ich ins Waffle Hut am Jackson Highway gegangen.«
    »Wann sind Sie etwa dort angekommen?«
    »Zehn Uhr vielleicht.«
    »Bis wann geblieben?«
    »Bis nach zwei. Ich wollte nicht nach Hause, bevor ich mich abgekühlt hatte.«
    »Sie hielten sich also ungefähr drei Stunden lang dort auf? Ich nehme an, die Kellnerin kann das bestätigen, oder?«
    Webb antwortete nicht. Das war selbstverständlich, denn sie hatte mehrmals versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen; doch er war nicht in Stimmung für einen Plausch gewesen. Booley würde es überprüfen, die Kellnerin würde seine Anwesenheit bestätigen, und das wäre dann das Ende. Aber wen würde sich Booley danach als Verdächtigen vorknöpfen? Roanna?
    »Für heute genügt das«, sagte Booley nach einer Minute. »Muß Ihnen wohl nicht erst nahelegen, in der Nähe zu bleiben! Keine Geschäftsreisen oder Ähnliches. Sie dürfen die Stadt nicht verlassen.«
    Webbs Blick war kalt und hart. »Ich werde wohl kaum eine Geschäftsreise machen, wenn ich meine Frau zu beerdigen habe.«
    »Also, wenn wir schon davon sprechen. Angesichts der Art ihres Todes wird eine Autopsie durchgeführt werden. Normalerweise verzögert sich dadurch die Beerdigung nur um ein bis zwei Tage, aber manchmal kann es auch länger dauern. Ich laß es Sie wissen.« Booley lehnte sich vor. Auf seinen freundlichen Zügen zeigte sich ungewöhnlicher Ernst. »Webb, mein Sohn, um ganz offen zu sein, ich werd' nicht ganz schlau aus dieser Sache. Es ist eine traurige Tatsache, daß bei der Ermordung einer Frau in der Regel der Ehemann oder der Liebhaber verantwortlich sind. Zwar sind Sie mir nie als der Typ, der zu sowas fähig wäre, vorgekommen, doch das war auch bei vielen anderen der Fall, die ich am Ende festnehmen mußte. Der Verdacht bleibt bestehen, und ich muß alles überprüfen. Andererseits, falls Sie irgend jemanden im Auge haben, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie es mir sagen könnten. Familien bewahren immer kleine Geheimnisse. Ja, Ihre Leute waren sogar sicher, daß Roanna Jessie getötet hat, i nd sie haben sie wie eine Aussätzige oder sowas behandelt, bis ich dem einen Riegel vorschob.«
    Booley war ein einfacher, ehrlicher Landpolizist, aber er war schon sehr lange bei dem Verein und daher ein ausgezeichneter Menschenkenner. Auf seine Weise benutzte er dieselbe Taktik wie Colombo im Fernsehen: Er schlich um den heißen Brei, machte höflich Konversation und fügte dabei ein Teilchen ans andere. Webb widerstand der Versuchung, sich dem Sheriff anzuvertrauen, und sagte statt dessen: »Kann ich jetzt gehen?«
    Booley schwenkte eine fleischige Hand. »Sicher. Aber wie gesagt, halten Sie sich in der Nähe auf.« Er hievte seinen massigen Leib aus dem Stuhl. »Kann Sie ebenso gut gleich selbst nach Haus fahren. Ist ja bereits morgen, und ich krieg sowieso keinen Schlaf mehr.«
    Roanna versteckte sich, nicht so wie in ihrer Kinderzeit, indem sie unter Stühle und Tische kroch oder sich in einen Kleiderschrank quetschte; doch sie hatte sich nichtsdestotrotz von den grimmig-verhuschten Aktivitäten im Haus distanziert. Leise hatte sie sich ans große Panoramafenster im Wohnzimmer zurückgezogen, wo sie einst gesessen und Webb und Jessie auf der Gartenschaukel beobachtet hatte, während hinter ihr der Rest der Familie über ihr Schicksal entschied. Sie war immer noch in die Decke gewickelt, die ihr der Arzt um die Schultern gelegt hatte, und hielt die Enden mit kalten, blutleeren Fingern zusammen. Sie saß da und betrachtete den langsam heraufdämmernden Morgen. Auf das Stimmengewirr hinter ihr achtete sie nicht, sie schloß alles aus.
    Eigentlich wollte sie nicht an Jessie denken, aber das blutige Bild ließ sich nicht aus ihrem Gedächtnis verdrängen, auch wenn sie sich noch so sehr mühte. Sie mußte nicht einmal aktiv daran denken, es war einfach da, so wie das Fenster. Der Tod hatte Jessie so sehr verändert, daß Roanna anfangs einfach nur dagestanden und die Leiche angestarrt hatte, ohne wirklich zu begreifen, was vorgefallen war, oder ihre Cousine auch nur zu erkennen. In ihrem Kopf klaffte eine riesige offene Wunde, wo

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