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DAEMON

DAEMON

Titel: DAEMON Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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Ikone des Bösen.
    Die KI von
OTR
gab einem das Gefühl, es wirklich mit einem intelligenten Gegner zu tun zu haben – und zwar mit einem, der eine echte Herausforderung darstellte. Die vielen Stunden der Zerstreuung, die das bot, wusste Gragg zu schätzen – besonders seit der Sache mit den Filipinos in seinem realen Leben.
    Heider war auf einem Güterbahnhof in der Nähe des Hobby Airport südlich von Houston gefunden worden – gefesselt, geknebelt – und totgeprügelt. Eine Warnung an die Carder-Community. In Zeiten wie diesen war Gragg froh über seinen begrenzten Bekanntenkreis.
    Kaum jemand würde ihn mit Heider in Verbindung bringen können, aber sicherheitshalber wollte er doch lieber ein paar Wochen abtauchen.
    Er hatte fünfzig-, sechzigtausend Dollar unter verschiedenen Namen bei verschiedenen Banken liegen, jederzeit abrufbar. Zum Glück, denn die Identitäten-Datenbank, die er von dem Filipino-Server kopiert hatte, konnte er an keinen seiner abchasischen Kontakte verkaufen. Sie war einfach zu heiß. Wieder überkam ihn das Gefühl unendlicher Demütigung. Über zwanzigtausend hochklassige Identitäten, auf dem offenen Markt ein Vermögen wert – und jetzt konnte er nichtsmehr damit anfangen. Woher wussten sie, dass er es gewesen war?
    Geknackt hatte Gragg ihre Datenbank über einen Unicode-Directory-Traversal-Angriff, durch den es ihm gelungen war, eine Backdoor auf ihrem Webserver zu installieren. Sie hatten den Server nicht richtig gepatcht und immer noch dieselben Anwendungen laufen gehabt, sodass es keine große Sache gewesen war, Administratorenrechte zu erlangen. Er war sich ziemlich sicher, dass wegen dieses blöden Fehlers jetzt ein Netzwerk-Admin irgendwo auf dem Grund des Hafens von Manila lag.
    Aber wie zum Teufel hatten sie den Hack zu ihm zurückverfolgt? Gragg hatte den Exploit über einen Zombie-Rechner irgendwo in Malaysia und eine gehijackte WiFi-Verbindung in einer Trabantensiedlung von Houston durchgeführt. Selbst wenn sie den Datei-Transfer zur Ziel-I P-Adresse getract hatten, wie waren sie von da aus auf ihn gekommen? Der arme Vorstadttrottel mit dem gehijackten WiFi-Zugangspunkt hatte ihnen doch nichts sagen können, egal, ob sie ihm die Scheiße aus dem Leib geprügelt hatten. Trotzdem brachte Gragg ein paar schlaflose Nächte damit zu, darauf zu warten, dass seine Haustür eingetreten wurde, während er über diese Fragen nachgrübelte. Er kam einfach nicht drauf. Was hatte er übersehen?
    Dann erst ging ihm auf, dass er womöglich der einzige Geschäftspartner der Filipinos in Houston gewesen war. Den Angriff von einer Houstoner Domain aus zu führen war ein beschissen dämlicher Fehler gewesen. Natürlich war da der Carder Loki aus Houston der Verdächtige Nummer eins.
    Doch als die Tage ins Land gingen, zeichnete sich ab, dass die Gang entweder überzeugt war, Loki getötet zu haben, oder aber seine wahre Identität nicht kannte. Bis er sich ganz sicher war, verbrachte Gragg seine wachen Stunden damit, inder Fabriketage, die ihm als Wohnung diente, endlos
OTR
zu spielen. Und
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war schließlich eine ganz schöne Herausforderung.
    Gragg entschied sich gewöhnlich für die Seite der Nazis, und seine bevorzugte Waffe war das Scharfschützengewehr, mit dem er aus einem Versteck in einem Kirchturm oder auf einem Dachboden Newbies abzuknallen pflegte. Das verband er mit einer Salve verbaler Beleidigungen, indem er über die Hotkeys die ins Spiel eingebauten Taunts losließ:
Ich habe schon französische Schulmädchen besser schießen sehen!
    Seine Kabel-Internetverbindung lieferte ihm gewöhnlich einen Ping von 20 bis 50   Millisekunden, was gegenüber Lahmärschen mit Pings von über 150 ein Riesenvorteil war. Während deren Avatare noch zögerten, hatte Gragg sie schon erledigt. Er wurde es nie müde, draußen vor seinem Versteck Leichen anzuhäufen.
    Das Deathmatch
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war ein verteiltes Netzwerkspiel – einer der Spieler hostete die Game-Map auf seinem Computer und stellte sie übers Internet anderen Spielern zur Verfügung. Es gab Deathmatch-Clients, die alle offenen Matches nach Regionen sortiert anzeigten – weil die jeweiligen Host-Computer eine Botschaft versandten, dass sie verfügbar waren. Die Teilnehmerzahlen gingen in die Tausende.
    Da Gragg schon vor einem halben Jahr – lange vor dem Filipino-Problem – angefangen hatte,
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zu spielen, war er mit jeder einzelnen Game-Map aufs engste vertraut. Er wusste, wenn er eine Kartoffelstampfergranate vom einen Ende

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