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Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition)

Titel: Dämon, Dämon an der Wand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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unter dem Zauberbann deiner Stiefschwestern stand.«
    »Hol Schnee!« Danielle ging, um ihrem Mann zu folgen.
    Bevor sie sich fortstahl, ließ Talia eine Roulade von der Tafel in der hohlen Hand verschwinden. Sie warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Febblekecks Aufmerksamkeit anderswo war. Da war noch eine letzte Sache, um die sie sich kümmern musste.
    Febblekeck kreischte, als ihn die Roulade am Kopf traf. In einer Wolke aus leuchtendem Staub fiel er von seinem Balken herunter und wäre fast auf dem Tisch aufgeprallt, ehe er sich so weit erholt hatte, dass er seine Flügel benutzen konnte. Er wirbelte herum und starrte die Menschen reihum wütend an. Talia lächelte und zog die Tür hinter sich zu.

*
    Schnee ging langsam an der nördlichen Begrenzung des Hofs entlang. Über ihr ragte das Dach heraus und beschirmte ihren Weg. Eiszapfen, dick wie ihr Arm, hingen von den kupfernen Regenrinnen. Die Abendluft war frostiger als sonst und die Sonne so tief gesunken, dass die Schlossmauern ihren Strahlen im Wege standen.
    Am Holzstoß ließ sie sich auf ein Knie nieder, um die Bruchstücke eines weiteren Spiegels einzusammeln. Sie ließ die Stücke in den Sack fallen, den sie seit gestern mit sich trug. Das Leder war so dick, dass sie sich nicht an den spitzen Ecken stechen konnte, allerdings konnte sie am Boden ein kleines Loch sehen, wo das Glas den Saum aufgeschnitten hatte.
    Sie setzte sich neben den Stapel und lehnte sich an einen der Eisenstäbe, die die Scheite an Ort und Stelle hielten. Alte Spinnennetze erstreckten sich von den unteren Holzstücken bis zum Fuß der Mauer, wenngleich die Weber dieser Netze nirgends zu sehen waren. Tief im Holzstoß konnte sie die Wärme einer Mäusefamilie spüren.
    Mit einer Berührung ihres Geistes rief sie eine der Mäuse in ihre Hand. Die Magie floss so leicht, verursachte ihr überhaupt keine Schmerzen. Die Maus zitterte auf ihrem Handteller, ein dreckiger, fetter Nager mit hervorquellenden schwarzen Augen und gelben Zähnen. Sie hätte ihn zwischen den Fingern zerquetschen können, und er hätte sich weder gewehrt noch wäre er geflohen, gebunden durch ihren Zauber.
    Waren Menschen so anders als Tiere? Die Mäuse kämpften um Essen und einen sicheren Platz zum Schlafen und bemühten sich nach Kräften, den Hunden und Eulen aus dem Weg zu gehen. Die Whiteshore-Familie redete von Frieden, während sie sich hinter Mauern aus Stein und Zauberei versteckte.
    Einen Unterschied gab es schon. Schnee hielt die Maus höher. »Tiere lügen nie, stimmt’s?«
    Danielle hatte alle getäuscht, als sie sich verkleidet hatte, um den Ball zu besuchen und Prinz Armand für sich zu gewinnen. Talia gab jeden Tag ihres Lebens vor, bloß eine Dienerin und nicht die rechtmäßige Herrscherin Aratheas zu sein. Sogar Beatrice hatte gelogen, als sie Schnee und Talia heimlich auf eine Mission nach der anderen geschickt hatte, um ihr Königreich zu manipulieren. König Theodore lebte in seliger Unwissenheit und erfuhr nie von den Plänen, die seine Frau im Dunkel unter dem Palast ausgeheckt hatte.
    Beatrices Lügen hatten sie umgebracht. Ihre geheime Einmischung in die Politik des Meervolks. Und was war Politik anderes als die Kunst, durch Täuschung zu lächeln? Was war Zivilisation anderes als die untereinander vereinbarte Aufrechterhaltung einer Fassade, die ständig kurz davorstand, zu bröckeln und die Hässlichkeit darunter preiszugeben?
    Königreiche und Verträge, Paläste und Grenzen – alles Lügen. Einst hatte Talias Familie über ganz Arathea geherrscht, bis ein Elfenfluch sie vernichtet hatte. König Theodore hielt sich für den Regenten Lorindars, aber wie viele Jahre blieben ihm noch, bis der Tod ihn seiner Krone beraubte? Es gab kein Königreich hier, nur einen alten Mann, der darum kämpfte, an der Macht zu bleiben und das Unvermeidliche hinauszuzögern.
    Ihre eigene Verbannung aus Allesandria – noch eine Lüge. Königin Curtana hatte einem Jäger befohlen, ihrer eigenen Tochter das Herz herauszuschneiden, doch als Schnee ihre Mutter getötet hatte, um sich zu verteidigen, war Schnee es gewesen, die wegen Mordes verurteilt worden war. Schnee, die aus ihrer Heimat verbannt wurde, sodass der Weg für andere frei war, die Macht zu ergreifen.
    Ihr halbes Leben lang hatte Schnee so getan, als spielte es keine Rolle. Ebenso wie sie an jenem Tag, da sie wegen der Ermordung ihrer Mutter festgenommen worden war, so getan hatte, als sei es ihr egal. Angeschlagen

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