Daemon von Karanda
genauen Winkel zu schwingen, der es ihnen ermöglichen würde, den ablandigen Wind zu fangen. Ganz plötzlich blähten sie sich auf und knallten. Das Schiff nahm Geschwindigkeit auf und pflügte am Ende des Piers vorbei ins offene Wasser.
»Pol«, rief Belgarath, »komm doch mal her und sieh, was du mit dem Mann machen kannst! Ich kriege ihn nicht wach, aber ich möchte ihn be-fragen.«
»Ist gut, Vater.« Sie ging zu ihm, kniete sich neben den Tätowierten und legte die Hände an seine Schläfen. Als sie sich konzentrierte, spürte Garion das Schwellen ihres Willens.
Der Grolim stöhnte.
»Sadi, habt Ihr etwas Nephara in Eurem Kästchen?« rief Polgara.
Der Eunuch nickte. »Ich wollte es soeben selbst vorschlagen, Lady Polgara.«
Belgarath blickte seine Tochter fragend an.
»Es ist ein Mittel, das zwingt, die Wahrheit zu sagen.«
»Warum machst du es nicht auf die übliche Weise?« wunderte er sich.
»Der Mann ist ein Grolim. Sein Geist ist wahrscheinlich sehr stark. Ich könnte ihn vermutlich bezwingen, doch das würde seine Zeit dauern und wäre sehr anstrengend. Nephara funktioniert ebensogut und ohne Mühe.«
Er zuckte die Schultern. »Tu, was du für richtig hältst, Pol.«
Sadi hatte ein Fläschchen mit dicker grüner Flüssigkeit aus seinem Le-derkasten gebracht. Er zog den Stöpsel heraus und hielt es dem Grolim unter die Nase. Der halbwache Mann war gezwungen, den Mund zu öffnen, um zu atmen. Da träufelte der Eunuch ihm drei Tropfen des grünen Sirups auf die Zunge. »Wartet noch eine kurze Weile, Lady Polgara«, riet er. Er blickte den Mann forschend an. »Gebt dem Mittel Zeit, seine Wirkung zu entfalten.« Er verkorkte das Fläschchen und stellte es in das Kästchen zurück.
»Kann ihm dieses Mittel auf irgendeine Weise schaden?« erkundigte sich Durnik.
Sadi schüttelte den Kopf. »Es entspannt lediglich seinen Willen«, beruhigte er ihn. »Er wird bei klarem Verstand, aber sehr fügsam sein.«
»Ebensowenig wird er ihn so zu konzentrieren vermögen, daß er imstand wäre, seine Willenskräfte^ einzusetzen«, fügte Polgara hinzu. »Wir brauchen also nicht zu befürchten, daß er sich nach dem Aufwachen anderswo hinversetzt.« Sie beobachtete aufmerksam das Gesicht des Grolims. Dann und wann hob sie eines seiner Lider, um festzustellen, wie weit die Wirkung des Mittels fortgeschritten war. »Ich glaube, es ist soweit«, sagte sie schließlich. Sie löste die Fesseln des Gefangenen, dann legte sie die Hände auf seine Schläfen und holte ihn sanft ins Bewußtsein zurück. »Wie geht es Euch?« erkundigte sie sich.
»Mein Kopf schmerzt«, klagte der Grolim.
»Das vergeht«, versicherte sie ihm. Sie erhob sich und blickte Belgarath an. »Sprich ruhig mit ihm, Vater«, riet sie, »und fang mit leichten Fragen an. Mit Nephara ist es das klügste, sich sanft zu den wichtigeren Dingen hochzutasten.«
Belgarath nickte. Er griff nach einem Holzkübel, drehte ihn um, stellte ihn aufs Deck neben dem Grolim und setzte sich darauf. »Guten Morgen, Freund«, sagte er höflich, »oder ist es vielleicht Nachmittag?« Er blinzelte zum Himmel hinauf.
»Ihr seid gar kein Karandeser?« fragte der Grolim. Seine Stimme klang verträumt. »Ich dachte, Ihr wärt einer ihrer Magier, doch nun, da ich Euch besser sehe, erkenne ich, daß ich mich geirrt habe.«
»Ihr seid scharfsichtig, Freund«, lobte Belgarath. »Wie heißt Ihr?«
»Arshag«, antwortete der Grolim.
»Und woher kommt Ihr?«
»Aus dem Tempel von Calida.«
»Das dachte ich mir fast. Kennt Ihr zufällig einen Chandim namens Harakan?«
»Er zieht es vor, jetzt Lord Mengha genannt zu werden.«
»Ah ja, das hörte ich bereits. Dieses Abbild von Nahaz, das Ihr heute morgen erstehen habt lassen, war sehr genau. Ihr müßt ihn mehrmals gesehen haben, um es so treffend zustandezubringen.«
»Ich war Nahaz mehrmals sehr nahe«, erklärte der Grolim. »Ich war es, der ihn zu Lord Mengha brachte.«
»Oh? Erzählt mir doch davon. Es ist bestimmt eine aufregende Geschichte, ich würde sie wirklich gern hören.
Nehmt Euch Zeit dazu, Arshag. Erzählt sie mir, und laßt keine Einzelheiten aus.«
Der Grolim lächelte fast glücklich. »Ich will sie schon lange jemandem erzählen!« gestand er. »Wollt Ihr sie denn auch wirklich hören?«
»Ich kann es kaum erwarten«, versicherte ihm Belgarath.
Wieder lächelte der Grolim. »Nun«, begann er, »eigentlich fing es schon vor Jahren an – bald nach dem Tod Toraks. Ich diente im Tempel von Calida.
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