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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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Reporterteams sah, die sich draußen auf dem Bürgersteig versammelt hatten. Sie bemerkte einen silbernen Camry, der unweit vom Übertragungswagen an den Straßenrand fuhr. Zwei Polizeibeamte winkten den Wagen vorwärts. Ein männlicher Asiate mittleren Alters in Jeans und Golfhemd stieg aus. Jefferson erkannte ihn trotz der Entfernung.
    »Das wird doch nicht Dr. Wu sein?«, sagte Brogan. »Oder?«
    »Sieht ganz danach aus«, pflichtete Jefferson ihm bei. Dr. Wu war der amtliche Leichenbeschauer des Gerichtsbezirks und nahm die Autopsien sämtlicher größerer Mordfälle der Stadt vor. Die Spurenarbeit vor Ort hingegen überließ er meist seinen Untergebenen.
    »Dr. Wu!«, rief Brogan dem Mann entgegen, als der sich näherte und vorsichtig sämtlichen Pfützen auf dem Kiesweg auswich. »Was für eine Überraschung, Sie hier zu sehen!«
    Wu nickte und schüttelte ringsum Hände. »Reine Neugier. Glauben Sie mir. Ich war seit mehr als zehn Jahren an keinem Verbrechensschauplatz mehr, nicht seit ich Techniker und gerade mit der Ausbildung fertig gewesen bin. Der Chief hat mich gebeten, hierher zu kommen. Er möchte sicherstellen, dass es keine Pannen gibt. Das erste Mal, dass ich so was aus seinem Mund gehört habe. Offen gestanden, ich halte es für Zeitverschwendung. Ich habe volles Vertrauen in meine Leute. Sonst wären sie nicht meine Leute.«
    »Wir wollten gerade reingehen, Doc. Möchten Sie uns Gesellschaft leisten?«
    »Aber nur als Beobachter, wie schon gesagt«, erwiderte Wu und nickte. »Ich bleibe im Hintergrund.«
    Brogan schob die Tür auf, und sie betraten das Mausoleum.
    Im Innern war es dunkel und beengt, und die Luft roch muffig. Die Decke war höchstens zweieinhalb Meter hoch. Die Nacht zuvor war es wahrscheinlich das erste Mal seit hundert Jahren der Fall gewesen, dass jemand das Mausoleum geöffnet hatte.
    Brogan wedelte mit der Hand vor der Nase. »Meine Güte, das riecht hier drin ja schlimmer als drei Wochen altes chinesisches Essen«, sagte er und warf einen erschrockenen Seitenblick zu Dr. Wu. »Verzeihung, Doc. Sollte keine Beleidigung sein.«
    Wu zuckte die Schultern und winkte ab. Selbst der Doktor schien angesichts des Gestanks Mühe mit dem Atmen zu haben.
    Jefferson wartete, bis seine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten. In der Mitte des Raumes stand ein großer rechteckiger Sarg auf einem Sockel. Der Deckel war mit einer dicken Staubschicht bedeckt, doch man konnte noch erkennen, dass ein liegender Mann in den Steindeckel gemeißelt war. Die Gestalt hatte die Arme auf der Brust verschränkt und schien mit geschlossenen Augen friedlich zu schlafen. Jefferson näherte sich dem Sarkophag, um einen Blick auf das Gesicht des Mannes zu werfen, als er etwas von der Decke hängen sah, ein kleines Stück neben dem Sarg.
    Er spürte, wie augenblicklich eine Woge der Übelkeit in ihm aufstieg.
    An der Decke baumelte ein menschlicher Körper. Reggie Tate. In seine Hände waren große Nägel getrieben, die ihn an der Granitdecke des Bauwerks festhielten. Seine Beine hingen frei in der Luft, ein Stück über dem Boden. Ein Fuß war nackt, der andere steckte in einem blutigen Turnschuh. Unter dem Leichnam hatte sich eine große Blutlache gebildet, die mit dem Dreck und Staub zu einer schwarzen Masse festgebacken war. Auch das Gesicht der schlafenden Gestalt auf dem Sarkophag war blutverschmiert. Die Bauchhöhle des Toten war geöffnet, der Brustkorb aufgeschlitzt. Die Luft im Innern des Mausoleums stank widerlich nach Blut.
    Was von Reggies Hemd übrig war, hing in Fetzen herab. Jefferson erkannte ein stilisiertes »B« mit einem Dolch darin, das in die weiche Haut der Brust eingebrannt worden war, das Symbol für das Blade-Gefängnis. Tate hatte also dort eine Strafe abgesessen.
    »Du lieber Himmel …«, flüsterte Jefferson.
    »Der Himmel hat mit dieser Schweinerei nichts zu tun«, murmelte Brogan.
    Hinter ihnen erklangen Schritte, und ein junger Polizeibeamter betrat das Mausoleum.
    »Die Presse ist noch draußen«, sagte er. »Sie will wissen … o Gott, was ist denn das?« Der junge Officer wankte zurück, schlug die Hand vor den Mund und starrte voller Entsetzen auf den verstümmelten Toten. Er stolperte rückwärts bis zum Eingang und fiel aufs Gras vor dem Mausoleum. Jefferson wandte sich wieder dem Toten zu und hörte, wie der junge Officer sich draußen würgend übergab.
    »Lassen Sie bloß keine Reporter hier rein!«, rief Brogan nach draußen.
    Jefferson rieb sich den Magen und

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