Dämon
er von der Schrift aus menschlichem Körperfett berichtete, die sie an der Wand gefunden hatten. Vier kamen von der Galla …
Mitten im Raum stand ein Schreibtisch mit einer altmodischen Schreibunterlage, einer mechanischen Schreibmaschine und zwei gerahmten Bildern. Jedes der Bilder zeigte die gleiche, nichts sagende Frau, deren Foto Older in seiner Geldbörse mit sich getragen hatte. Jefferson fragte sich, ob die Frau inzwischen wusste, dass ihr Ehemann tot in Sinatras Haus lag.
Oberflächlich inspizierte er die Schubladen des Schreibtisches, fand aber nichts außer Stiften, Papier und einem Stapel alter Ausgaben des National Geographic Magazine. In einer Ecke auf der Schreibtischplatte stand ein Telefon. Jefferson nahm den Hörer ab und lauschte auf das Freizeichen. Dann griff er in die Tasche und zog sein Notizbuch hervor. Er schlug die Seite auf, wo er die Telefonnummer und die drei Buchstaben notiert hatte.
Er wählte die Nummer. Die Leitung war für eine Sekunde tot, dann ertönte ein Klicken, und schließlich hörte Jefferson ein Telefon klingeln. Er sah aus dem Fenster auf die Straße hinunter. Zwei Kinder spielten Frisbee und warfen sich gegenseitig die rote Scheibe zu, während ein Deutscher Schäferhund unter dem fliegenden Plastik umhertollte und verspielt danach schnappte. Sein Bellen hallte über die ansonsten stille Straße.
Das Läuten endete abrupt – jemand auf der anderen Seite hatte den Hörer abgenommen.
Jefferson wandte sich von den Frisbee spielenden Kindern ab, drückte den Hörer ans Ohr und lauschte angestrengt.
Auf der anderen Seite der Leitung atmete jemand schwer, als kostete es ihn viel Anstrengung, den Anruf entgegenzunehmen. Im ersten Augenblick meinte Jefferson, dass diese Person Gefahr lief, einen Herzanfall zu erleiden. Dann fragte eine Stimme: »Hallo?«
»Entschuldigung«, antwortete Jefferson, »mit wem spreche ich?«
Schweigen, nur das schwere Atmen war zu vernehmen.
Dann erklang die Stimme erneut, dünn und kratzig. Sie erinnerte Jefferson an die Geräusche, die von elektronischen Stimmverstärkern erzeugt wurden, wie Menschen mit Kehlkopfkrebs sie benutzten.
»Wer ist da?«, fragte die Stimme.
»Entschuldigen Sie, ich habe mich wahrscheinlich verwählt. Mit wem spreche ich, bitte?«, fragte Jefferson.
Das schwere Atmen hielt noch einen Moment an. Dann war ein Kichern zu vernehmen, und Jefferson lauschte verdutzt, als die Stimme schließlich sagte: »Detective Jefferson … ich weiß nicht, wie Sie an diese Nummer geraten sind, aber ich würde vorschlagen, dass Sie nie wieder hier anrufen. Sie haben keine Ahnung, in was Sie da hineingeraten.«
Jefferson spürte, wie ihm kalt wurde. Als würden Insekten über sein Gesicht kriechen oder Fingernägel über eine Tafel kratzen.
Es machte Klick, und die Leitung war tot.
»Hallo?«, rief Jefferson in den Hörer. »Mit wem spreche ich? Hallo?«
Er nahm den Hörer vom Ohr und starrte stirnrunzelnd darauf. Er drückte die Gabel mehrere Male nieder, doch außer einem Freizeichen kam nichts mehr. Schließlich legte er den Hörer auf, dann nahm er ihn rasch wieder ab und wählte die Nummer erneut.
Ein Klicken, dann das Besetztzeichen. Wer immer am anderen Ende saß, hatte das Telefon ausgehängt. Verwirrt legte Jefferson den Hörer zurück. Er nahm sich vor, die Nummer zu überprüfen, sobald er wieder im Büro war. Er kannte diese Stimme irgendwoher, doch wie bei einem alten Song, bei dem man sich nicht recht an den Text erinnert, wollte ihm der Name des Besitzers partout nicht einfallen.
Gedankenversunken schlenderte er durch Olders Büro und starrte auf ein großes Gemälde an einer Wand: Demon’s Gate von DeRanier. Teufel mit spitzen Zähnen und stechenden Augen waren auf die Erde herabgefahren und zerrissen die Leiber der Menschen. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Rahmen, ein massives, reich verziertes, goldenes Ding. Older schien ein Faible für Dämonen zu haben. Nun, jedem sein Hobby.
In jeder der vier Ecken des Rahmens war der geschnitzte Kopf eines Cherubs oder Engels, die pausbäckig auf das Bild selbst zu pusten schienen. Und dann entdeckte er es. Ein glänzender, glatter Fleck in der rechten unteren Ecke des Rahmens. Mit schief gelegtem Kopf starrte er auf die Stelle. Sie war klein, vielleicht zweieinhalb Zentimeter lang und oval. Neugierig geworden beugte er sich vor, hob die Hand und drückte den Daumen auf die Stelle. Er passte perfekt.
Er drückte fester und spürte, wie seine anderen Finger
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