Dämon
schon, der Doktor könnte einen Herzanfall erleiden. Besser, wenn du es ihm nicht noch schwerer machst, dachte er.
Er zog sein Handy aus der Tasche und drückte die Wahlwiederholung, während er mit der anderen Hand eine Bewegung machte, die Wu zum Schweigen aufforderte. Wu starrte weiterhin unverwandt auf die Pistole. Das Telefon begann zu läuten. Jefferson hörte das elektronische Läuten im Lautsprecher seines Handys, dann das Läuten mehrerer Telefone in Wus Haus. Eines davon stand direkt neben dem Bett auf einem kleinen Nachttisch. Was immer vorhin im Haus gewesen war – es war ans Telefon gegangen. Jefferson wollte herausfinden, ob es sich noch immer in Wus Haus herumtrieb.
Die Telefone im Haus läuteten erneut, eine halbe Sekunde nach dem elektronischen Signal im Hörer von Jeffersons Handy. Drängend. Schrill.
Komm schon, nimm ab, wer auch immer du bist.
Niemand schien zu Hause zu sein. Jefferson wollte bereits auf die Abbrechen-Taste drücken.
Dann verstummte das Läuten, und ein Klicken drang aus dem kleinen Hörer.
Jemand hatte abgenommen.
Mein Gott. Wir sind nicht allein. Jemand ist immer noch bei uns.
Jefferson drückte das Handy ans Ohr und lauschte angestrengt, hörte aber nur leises Atmen, das Geräusch von Luft, die durch eine enge Röhre gepresst wird.
»Hallo?«, fragte er.
Eine Pause, dann: »Ja?«
»Wer ist da?«
»Mein Name spielt keine Rolle.« Es war die kälteste Stimme, die Jefferson je gehört hatte.
Er schwieg, hielt sich den Hörer ans Ohr, während er das Schlafzimmer durchquerte. Wo stehen die anderen Telefone in diesem Haus?
»Möchten Sie mit Michael Wu sprechen?«, fragte die Stimme in dem Augenblick, als Jefferson die Tür erreichte.
»Ich spreche mit Ihnen.«
Unten im Erdgeschoss erklang ein tappendes Geräusch.
»Dr. Wu ist im Bett«, sagte die Stimme. »Ich gehe nach oben und hole ihn.«
Die Verbindung brach ab.
Jefferson nahm den Hörer vom Ohr und starrte wie benommen darauf. Aus dem Lautsprecher drang leises statisches Rauschen. Jemand war auf dem Weg nach oben, auf dem Weg zum Schlafzimmer. Irgendetwas, mit dem nicht zu spaßen war. Das gleiche Ding, das am Abend zuvor das gesamte SWAT -Team ausgelöscht hatte.
Gütiger Himmel, was habe ich angerichtet?
Er hörte Geräusche von unten. Aus dem Erdgeschoss. Schritte auf dem Hartholzboden. Jemand kam. Jefferson wich von der offenen Schlafzimmertür zurück und ging zum Bett, wo Dr. Wu noch immer halb unter der Decke lag. Ihnen blieb nicht viel Zeit.
»Stehen Sie auf«, sagte Jefferson. »Schnell. Gehen Sie ins Bad und versperren Sie die Tür.«
Binnen eines Augenblicks war Wu aus dem Bett und auf dem Weg ins Badezimmer. Er schloss die Tür hinter sich. Jefferson schob das Bett von der Wand weg und duckte sich dahinter. Irgendetwas war zwischen ihm und der offenen Schlafzimmertür. Noch immer erklang von unten das Geräusch von Schritten. Es veränderte sich, wurde dumpfer, als die Schritte die Treppe erreichten. Das Ding kam nach oben. Jefferson wartete hinter dem Bett, die Beretta im Anschlag, zwei volle Magazine neben sich auf dem Laken.
Einige Sekunden herrschte Stille, durchbrochen lediglich vom Ticken einer Uhr und dem Motorengeräusch eines auf der Straße vorbeifahrenden Wagens. Ein Hund bellte. Keine Schritte mehr. Sekunden vergingen, dann knarrte die erste Stufe der Treppe. Das Geräusch klang durchs ganze Haus. Dann die zweite Stufe, die dritte.
Jetzt kommt es.
Jefferson richtete die Beretta auf die Tür. Das Knarren der Stufen wurde lauter und näherte sich dem oberen Treppenabsatz. Dann war das Ding draußen im Korridor. Es bewegte sich in Richtung Schlafzimmer. Unmittelbar vor der Tür blieb es stehen. Es stand jetzt draußen vor der Tür und rührte sich nicht. Während Jefferson sich bereitmachte, dieses Etwas anzugreifen, vernahm er ein schabendes, kratzendes Geräusch. Wie ein Stück Kreide auf einer Schiefertafel. Noch immer war nichts zu sehen.
Schließlich knarrten die Stufen erneut. Was immer nach oben gekommen war, kehrte nach unten zurück. Jefferson lauschte den Schritten, bis sie unten im Foyer angelangt waren. Eine Tür wurde zugeschlagen. Dann Stille. Allein.
Die Badezimmertür war noch immer abgesperrt. Jefferson erhob sich hinter dem Bett und ging zur Schlafzimmertür. Er blieb stehen, atmete tief durch und steckte den Kopf um die Ecke.
Der Korridor lag leer vor ihm, genau wie die Treppe. Auch unten im Erdgeschoss regte sich nichts.
Das kratzende Geräusch kam ihm in
Weitere Kostenlose Bücher