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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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Wütend schlug er mit der flachen Hand von außen gegen die Tür des Humvee. Wir näherten uns dem Stadtrand, doch unsere Stimmung war dahin, und wir waren nicht mehr scharf auf Frauen und Sex, Tanzen und Trinken. Ich hatte das Gefühl, als wären wir soeben von einer Beerdigung gekommen. J. C. hatte das Radio ausgeschaltet, als der Laster uns entgegengekommen war, und nun fuhren wir schweigend weiter.
    Zvornik bestand aus einer Ansammlung trister Mietskasernen. Die Straße war übersät mit ausgebrannten Autowracks ohne Scheiben und Sitze. Eines der Häuser war von einer Mörsergranate getroffen worden. Ein riesiges Loch klaffte in der Außenwand, und Betonbrocken und Trümmer lagen über die Straße verstreut. Ich starrte durch das Loch und sah die Reste eines Wohnzimmers, einen zerfetzten Fernseher, der auf dem Kopf auf dem Fußboden lag, ein gerahmtes Familienporträt mit zersplittertem Glas und ein Paar Schuhe. Die Straße lag still und verlassen, und in der Ferne erklang das Stakkato von Maschinengewehrfeuer. Abfall wirbelte um uns herum auf, leere Plastiktüten segelten durch die Luft wie kleine weiße Luftballons.
    Vincent hatte erneut das Gewehr gehoben und feuerte auf die vorüberfliegenden Tüten. Wenn er traf, zerriss es sie in Stücke.
    »Mann, Vincent!«, rief Brogan. »Wir sind mitten in einer Stadt! Du knallst noch jemanden ab, wenn du nicht aufhörst.«
    J. C. wich einem zerschmetterten Porzellan-WC aus, das mitten auf der Straße lag.
    »Ist doch niemand unterwegs!«, entgegnete Vincent. »Der ganze Stadtteil ist zerstört, und die Bewohner sind geflüchtet.«
    »Ja, sieht ziemlich verlassen aus«, gab ich ihm Recht. Mein Helm wurde mir allmählich schwer, und ich schwitzte darunter.
    »Vielleicht haben wir die Party ja versäumt«, meinte J. C.
    Ich war fast bereit, den Abend zu beenden und in die Sicherheit des Camps zurückzufahren. Irgendetwas an dieser Geisterstadt machte mich nervös. Die leeren, glaslosen Fenster, das verlassene Gemeindehaus, die Parks … alles war völlig verlassen.
    Aus einem der Fenster zuckte irgendetwas Weißes, wahrscheinlich eine Plastiktüte, die vom Wind durch die Straßen geweht worden war. Vincent hob sein M-16 und feuerte.
    Volltreffer.
    Ein plötzlicher Schrei fuhr uns allen durch die Glieder. Es war ein kurzer, abgehackter Schmerzensschrei, eine helle Stimme, die Stimme eines kleinen Mädchens.
    »Mein Gott, Vincent!«, entfuhr es Brogan. »Ich glaube, du hast jemand getroffen!«
    Vincent erblasste und schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht, Mann! Das war nur ein Stück Abfall. Das war ganz bestimmt kein Mensch!«
    »Und was war das für ein Schrei?«
    »Keine Ahnung! Woher soll ich das wissen?« Vincent schüttelte heftig den Kopf und kaute auf der Unterlippe.
    J. C. hatte den Schrei ebenfalls gehört und angehalten. Wir saßen im Wagen und starrten in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.
    »Fahren wir zurück und sehen nach?«, fragte J. C.
    »Das müssen wir«, sagte Brogan.
    »Nein, lasst uns weiterfahren«, drängte Vincent. »Lasst uns umkehren und ins Camp zurück. Ich hab keine Lust mehr auf einen Ausflug in die Stadt.«
    Brogan starrte ihn an. »Wir müssen aber hin und nachsehen. Wir können nicht einfach weiterfahren.«
    J. C. war offensichtlich der gleichen Meinung wie Brogan, denn er wendete den Humvee. Die Vorderräder holperten auf den Bordstein, und unter uns ertönte das Geräusch von zersplitterndem Glas.
    Ich drehte mich um und starrte in die Seitenstraße, aus der der Schrei gekommen war, doch wir waren zu weit entfernt. Ich konnte nichts sehen. In der Zwischenzeit hatte J. C. den Humvee ganz gewendet, und wir fuhren langsam zurück. Vincent saß zusammengesunken im Beifahrersitz und starrte auf seine Stiefel. Erwartungsvoll blickte er auf, als wir von der Hauptstraße in die schmale Seitengasse einbogen. J. C. fuhr im Schritttempo weiter, und die Scheinwerfer des Humvee erhellten das gesprungene Pflaster.
    »O Gott!«, flüsterte J. C. fast unhörbar.
    Eine winzige Gestalt lag auf der Straße. Ein kleines Mädchen, vielleicht acht Jahre alt, in einem verwaschenen Kleid und kleinen schwarzen Lederschuhen. Brogan war bereits aufgesprungen und aus dem Humvee gestiegen. Er rannte nach vorn, ließ sein Gewehr neben dem Mädchen fallen und kniete neben ihm nieder. Ich folgte ihm. Der Helm rutschte mir über die Augen, als ich aus dem Wagen kletterte.
    Das Mädchen lebte noch. Es hatte die Augen weit aufgerissen, starrte Brogan an,

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