Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
Vom Netzwerk:
Straße vor uns voll frischer Reifenspuren, was bedeutete, dass andere Fahrzeuge hier entlanggekommen waren und aller Wahrscheinlichkeit nach keine Minen die Straße blockierten.
    Vincent stellte sich auf den Sitz und lehnte sich gegen die Überrollbügel des Humvee. Er zielte spielerisch auf die zerstörten Gehöfte, die wir passierten, in dem Versuch, das verbliebene Glas in den größtenteils leeren Fenstern zu zerschießen. Das
M-16 bäumte sich bei jedem Schuss auf, und Vincent stieß einen Jubelruf aus, wenn das Klirren von Glas ertönte.
    »Verdammt«, sagte er nach ein paar Schüssen und senkte sein M-16. »Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich von diesem Einsatz mit einem Orden zurückkehre.«
    »Ja«, sagte J. C. »Ich auch.«
    »Was soll ich den Leuten zu Hause bloß erzählen?«
    Vincent hob das Gewehr und feuerte frustriert noch ein paar Schüsse ab.
    »He«, sagte Brogan. »Hör mal für einen Augenblick auf damit, ja?«
    Er deutete nach vorn. Vincent drehte sich um und sah, dass ihnen ein Scheinwerferpaar entgegenkam. Er glitt zurück in seinen Sitz und setzte sich den Kevlar-Helm wieder auf, ohne das M-16 loszulassen.
    »Was glaubst du, wer das ist?«, fragte J. C. leise, als wir uns dem entgegenkommenden Fahrzeug näherten.
    »Keine Ahnung«, sagte Brogan. »Könnten Serben sein, aber auch Moslems.«
    Das unbekannte Fahrzeug war inzwischen weit genug heran, dass wir den Motor hören konnten. J. C. verlangsamte die Fahrt und lenkte den Humvee ein wenig nach rechts.
    »Vorsicht«, sagte Brogan. »Bleib in der Straßenmitte. Am Rand könnten Minen liegen.«
    J. C. nickte und lenkte zur Straßenmitte zurück.
    Ich konnte sehen, dass es ein Transporter war. Die Ladefläche war offen, die Plane um das Gerüst fehlte. Zwei Reihen von Männern saßen schwankend auf den Bänken und wurden auf der unebenen Fahrbahn durchgerüttelt. Trotz der Dunkelheit sah ich, dass alle mit Gewehren bewaffnet waren.
    »Scheiße«, fluchte J. C. »Soldaten!«
    Er lehnte sich zurück und nahm den Blick von der Straße. »Los, gebt mir mein Gewehr. Es liegt irgendwo hinten.«
    Brogan reichte die Waffe nach vorn und legte sie zwischen die Sitze, wo J. C. sie sofort greifen konnte. »Ganz ruhig, Bruder«, sagte er leise. »Jeder hier weiß, dass wir Amerikaner sind. Keiner ist so dumm, sich mit uns anzulegen.«
    »Sag das mal Wise«, erinnerte ich an den ermordeten amerikanischen GI.
    Der Armeetransporter kam immer näher, und in meinem Magen breitete sich nervöses Unbehagen aus. Meine Handflächen wurden feucht, und ich rieb sie an den Hosenbeinen ab und zog die Kevlar-Weste fester um den Leib.
    Dann war der Truck heran, und wir drehten uns um und starrten auf die vorbeifahrenden Männer. Sie trugen Kampfmonturen, rote Baretts und schwarze Stiefel. Sie begegneten unseren Blicken gleichmütig, ohne die Waffen zu heben. Ich sah in ihre Gesichter: Sie waren hager und stoppelbärtig.
    Mein Herzschlag stockte für einen Moment, als mein Blick dem eines Soldaten begegnete. Er starrte mich an, und während ich hinsah, verzog er das Gesicht zu einem hässlichen, hochmütigen Grinsen. Der Bursche lachte mich aus. Dann war der Armeetransporter an uns vorbei und setzte seinen Weg die Straße hinunter fort. Doch der Bursche starrte mir noch immer in die Augen. Als der Truck bereits ein Stück entfernt war, stand der seltsame Kerl von seinem Sitz auf, griff sich an den Hals und hielt etwas hoch. Mit der anderen Hand knipste er eine Taschenlampe an, damit ich sehen konnte, was es war.
    Zwei amerikanische Erkennungsmarken.
    In diesem Augenblick wusste ich, dass die Männer auf dem Lastwagen diejenigen waren, die unseren Kameraden Wise ermordet hatten. Vincent wusste es ebenfalls, denn er stand auf und starrte dem Laster hinterher, der sich immer weiter entfernte. Ich sah, wie seine Knöchel weiß wurden, so fest umklammerte er sein M-16. Brogan bemerkte es ebenfalls und schüttelte den Kopf.
    »Keiner von uns will heute Nacht sterben. Ich weiß, was du am liebsten tun würdest, Vincent, aber denk gar nicht erst daran.«
    Der Mann auf dem Laster grinste immer noch höhnisch, dann schlug er einem seiner Kameraden auf die Schulter. Er wandte sich wieder zu uns, zuckte die Schultern und ließ die beiden Erkennungsmarken zwischen den Fingern baumeln. Dann erlosch die Taschenlampe, und alles verschwand in Dunkelheit. Wir entfernten uns immer weiter von dem Laster, bis auch die Rückleuchten nicht mehr zu sehen waren.
    Vincent setzte sich wieder.

Weitere Kostenlose Bücher