Dämon
fallen, wo sie laut scheppernd landete. Vorsichtig, um seinen Anzug nicht schmutzig zu machen, drückte er den Deckel mit den Innenflächen der Hände ganz nach oben. Eine Staubspur blieb auf seinen Händen zurück.
Das Innere der Kiste war mit zusammengeknüllten Zeitungen aufgefüllt, die eine provisorische Polsterung bildeten. Jefferson bückte sich, nahm die Zeitungen heraus und warf sie neben sich zu Boden. Trotz seiner Zweifel bewegte er sich rasch und zielstrebig, angetrieben von einer unbeschreiblichen Erregung.
Wenige Augenblicke später waren die Zeitungen entfernt. Jefferson trat zurück und stellte sich neben Ugriumov und McKenna, die schweigend auf den Inhalt der Kiste blickten.
Die Knochen schienen irgendwie noch miteinander verbunden zu sein. Das Skelett war über zwei Meter groß. Es lag auf der Seite. Die Beine waren an den Knien gebogen, die Arme über der Brust verschränkt. Die Kreatur sah aus, als würde sie schlafen. Jeffersons Blick haftete an den dreizehigen Klauenfüßen, bevor er nach oben glitt. Er betrachtete die dicken Rippenknochen, die Klauen an den Fingern und das leicht gekrümmte Rückgrat. Der Nacken war nach hinten gebogen, die Wirbel gebrochen; auf dem Nacken ruhte der Schädel.
Irgendetwas rührte sich in Jefferson, als er das Skelett betrachtete. Ein kalter Finger schien sich in ihn zu bohren, ihn aufzuwühlen, und jagte Schauer über seinen Leib. Panik? Wut? Angst? Der Finger rührte weiter, und in Jefferson regte sich Übelkeit. Ein brennendes Gefühl im Hals, der widerlich süße Geschmack von Erbrochenem, das aus dem Magen durch die Speiseröhre nach oben stieg. Dieses Wesen war wirklich, und es war lebendig. Jefferson konnte es spüren. Und es war böse. Das Wesen in der Kiste war unendlich böse.
Plötzlich umfing ihn der Geruch nach verrottender Vegetation, als kaue er auf toten Blättern und Moos, das ihm jemand in den Rachen stopfte, bis er würgen musste.
»Alles in Ordnung?«, fragte McKenna, und ihre Stimme klang merkwürdig fern.
Jefferson drehte sich zu ihr um, fast besinnungslos vor Wut. Er ballte die Fäuste, wollte sie schlagen, wollte das Gefühl seiner Knöchel in ihrem Gesicht spüren, um sich als Nächstes gegen Ugriumov zu wenden, ihm die Nase zu brechen, den Unterkiefer zu zerschmettern und auf ihn einzuprügeln, bis sein Blut über den Boden spritzte.
Irgendetwas berührte ihn am Arm, etwas Warmes, und er blickte überrascht nach unten. Es war McKenna. Ihre Finger streichelten über seinen Unterarm, tasteten nach seiner Hand, umschlossen sie. Ihre Haut fühlte sich kühl und belebend an. Jefferson spürte, wie die unerklärliche Erregung allmählich verebbte. Der Geschmack in seinem Mund kondensierte in einem Speicheltropfen. Er drehte den Kopf zur Seite, spie aus, und die Empfindung von Fäulnis und Übelkeit verließ seinen Körper.
»Geht es dir nicht gut?«, fragte McKenna besorgt.
Jefferson schüttelte den Kopf. Er wollte ihr nicht sagen, was genau er eben gefühlt hatte. »Ich weiß nicht. Es war so eigenartig eben … für einen Augenblick.«
»Und jetzt ist es wieder besser?«
Jefferson nickte. Er war wieder in Ordnung, auch wenn ein leichtes Pochen hinter seinen Schläfen geblieben war, ein langsames Pochen, im Takt mit seinem Puls, als hätte man ihm ein Gift injiziert, das mit jedem Herzschlag durch seinen Körper gepumpt wurde. Ugriumov beobachtete ihn aufmerksam. Er hatte die Brechstange erhoben und hielt sie fest gepackt. Jefferson war nicht sicher, ob zur Verteidigung oder zum Angriff.
»Sehen Sie mich an«, befahl Ugriumov mit fester Stimme.
»Was?«
»Ich sagte, Sie sollen mich ansehen!«
Jefferson wandte sich um und blickte Ugriumov in die Augen. Der kleine Mann schaute ihn einen Moment lang prüfend an. Dann lockerte er scheinbar erleichtert seinen Griff um die Brechstange.
»Sie sehen aus, als wollten Sie damit jemanden umhauen«, stellte Jefferson fest.
Ugriumov zuckte die Schultern. »Man kann nie wissen. Manchmal sind die Menschen nicht Herr über sich selbst.«
Das ist wahr. Jefferson hatte keine Ahnung, was diese merkwürdige Aufwallung von Hass zu bedeuten hatte. Doch die Gefühle verebbten immer mehr, wie die letzten Überreste eines Traums nach dem Aufwachen. Jefferson drehte sich nach dem Skelett um, und alle drei starrten in die Kiste.
»Und das ist es?«, fragte McKenna.
»Ja. Das Skelett von Qinghai.«
McKenna trat ans Ende der Kiste, ging in die Hocke und betrachtete die bleichen Knochen der Füße.
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