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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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mehr als dreißig Meter ungedecktes Gelände zu überwinden.
    »Ich hätte nie geglaubt, dass ich mal Seite an Seite mit einem Japs kämpfe«, brummte Brogan.
    »Ja, ich weiß, was du meinst«, erwiderte ich. »Und? Glaubst du den ganzen Scheiß?«
    »Verdammt, ich weiß es nicht«, sagte Brogan langsam. »Irgendwas Seltsames geht hier auf der Insel vor, so viel ist sicher. Ihr habt ja gesehen, dass die Fliegen die Leichen in dem Steinhaus nicht angerührt haben. Und dass es keine Tiere gegeben hat hinter der Mauer. Und dieses Gefühl, als wir durch das Tor gegangen sind. Als hätten wir einen Ort des Grauens betreten.«
    »Aber unsere eigenen Männer sollen aufeinander losgegangen sein? Böse Winde sollen die Geister von toten Kriegern herbeigeweht haben?«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    »Das ist Schwachsinn. Ich hab so was noch nie gehört.«
    »Mein Vater war im Ersten Weltkrieg. Er erzählte, dass er damals einen Schatten übers Schlachtfeld kriechen sah, den Schatten des Todes, der gekommen war, um seine Beute einzusammeln. Ich glaube, böse Dinge sind mit bösem Tun verknüpft – mit Kriegen beispielsweise. Sie ernähren sich vom Hass und von den Toten.«
    Ich nahm einen der Bambusstäbe vom Boden und begann geistesabwesend, die Spitze zu schärfen.
    »Ich weiß nicht, was schlimmer ist«, sagte ich leise. »Gegen die Japse zu kämpfen oder gegen diese … was immer sie sind.«
    Ich hörte ein Geräusch und verstummte, um zu lauschen.
    »Was ist?«, fragte Vincent.
    »Habt ihr das gehört?«
    Vincent lauschte angestrengt. Der Himmel über uns wurde jetzt schnell dunkel. Die Wolken leuchteten rot von der untergehenden Sonne. Zwischen den Baumwipfeln schossen die ersten Fledermäuse durch die Luft. Irgendwo in der Ferne, aus der Richtung des Gebirgszuges, ertönte ein lang gezogener, dröhnender Laut.
    »Was ist das?«, fragte Vincent.
    Der Ton hielt noch einen Augenblick an, dann stieg er in der Höhe, als würde jemand in eine große Muschel blasen. Ich lauschte dem Echo und spürte, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Angst überfiel mich. Der Captain kam vom Flussufer herbeigerannt, dicht gefolgt von dreien seiner Männer. Am Rand der Lichtung blieb er stehen und blickte zwischen den Bäumen hindurch über das Tal.
    »Sie kommen«, sagte er leise. »Los, alle in den Bunker!«
    »Der Kuro«, murmelte einer der japanischen Soldaten. »Der Kuro weht zu uns.«
    Ich sprang vom Baumstamm auf, packte den angespitzten Bambusstab und rammte ihn vor dem Eingang des Bunkers in die Erde. Vincent war hinter mir und starrte nervös in die Richtung, aus der das anschwellende Geräusch kam. Es verstummte kurz, dann erklang es von neuem, zuerst dunkel und dröhnend, dann immer heller. In der Ferne flatterten Vogelschwärme aus den Baumwipfeln auf und ergriffen die Flucht. Wieder spürte ich Angst in mir aufsteigen, die mich in den Bunker drängte. Seals stapfte am Rand der Lichtung entlang und zündete Fackeln an – dicke, mit Moos umwickelte Äste. Die Fackeln standen in Abständen von zehn Metern und bildeten einen Ring um den Bunker. Seals ging von Fackel zu Fackel, bis alle brannten.
    Ich drehte mich um und lief zum Eingang des Bunkers. Die Tür bestand aus dicken Kokosstämmen mit angespitzten Bambusstäben, die im rechten Winkel nach außen ragten. Das Innere des Bunkers war geräumig, fast zwanzig Meter im Durchmesser, mit einer hohen, gewölbten Decke. In den Spalten zwischen den Stämmen steckten weitere Fackeln, und die Männer beeilten sich nun, sie anzuzünden. Funken stoben und fielen in brennenden Kaskaden auf den Boden darunter.
    Durch die Scharten in den Wänden sah ich, wie Seals die letzte Fackel ansteckte und sich dann langsam in Richtung Bunkereingang zurückzog. Die vier Japse (oder vielleicht sollte ich nun lieber Japaner sagen, nachdem wir uns mit ihnen verbündet hatten) knieten draußen vor dem Eingang und hatten die Köpfe zum Gebet gesenkt. Einer von ihnen richtete den Oberkörper auf und band sich ein weißes Tuch mit japanischen Schriftzeichen um die Stirn.
    Die Tür knarrte, und Seals kam herein, gefolgt von den Japanern. Sie drehten sich um und keilten einen massiven Stamm vors Holz. Der Eingang war verschlossen. Die Fackeln an den Wänden brannten, und der Rauch zog durch ein kleines Loch in der Decke ab.
    »Jeder an eine Scharte«, befahl der Captain. »Durchladen und Augen aufhalten.«
    Ich stellte mich hinter eine der Schießscharten. Vincent bezog neben mir Stellung, und Brogan

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