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Dämon

Dämon

Titel: Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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bin ich hierher gekommen? Eric hob mühsam den Kopf und sah zwischen den Bäumen hindurch den weißen Streifen des Strandes hinter dem Dschungel. Sie rannten darauf zu. Ringsum sah Eric nun andere Marines laufen, mit eingezogenen Schultern und Köpfen, tief am Boden, alle in wilder Flucht zum Strand.
    Eric kannte keinen der anderen Soldaten. Er betastete seinen Leib, die drei großen blutigen Stellen unmittelbar unter dem Brustkorb, die mit weißem Mull verbunden waren. Schusswunden.
    Wann bist du verwundet worden? Erics Verstand arbeitete träge und langsam, doch allmählich kehrte die Erinnerung wieder. Einzelne Ereignisse reihten sich zu einer Kette. Die vergangenen beiden Tage … alle Kameraden tot … Irgendetwas hatte ihnen im Dschungel aufgelauert. Irgendetwas hatte auf sie gewartet.
    Eric griff in die breite, große Tasche am Bein seiner Uniformhose. Die kleine Holzschatulle, die er gefunden hatte, war noch immer dort. Die Schatulle, die so unendlich wichtig war.
    Die anderen waren tot – Jersey, Alabama, Seals, Keaveney, alle. Eric hoffte zumindest, dass sie tot waren, denn manche Dinge sind schlimmer als der Tod.
    In der Ferne, jenseits des weißen Strands, erkannte er das Transportschiff Galla auf dem smaragdgrünen Meer. Hinter ihm donnerte weiteres schweres Feuer von den japanischen Stellungen und deckte die flüchtenden Marines ein, um sie am Entkommen von der Insel zu hindern. Hätten die Japaner gewusst, was auf der Insel lauerte, hätten sie auch nur die geringste Ahnung gehabt – sie wären ebenfalls geflüchtet. Einige Japaner hatten es herausgefunden, doch auch sie waren tot. Von allen Überlebenden auf beiden Seiten wusste allein Eric, was auf der Insel lauerte.
    Manche Dinge sind viel schlimmer als der Tod, schlimmer als der Krieg.
    Wach. Wo? Ein Raum. Ein Krankenzimmer. Er lag auf einer Pritsche. Die Augen geschlossen. Er nahm den strengen Geruch von Metall, alter Kleidung und den süßlichen Gestank von brennendem Öl wahr. Er lauschte, vernahm jedoch nichts außer einem Quietschen wie von einer Hängematte, die zwischen zwei Bäumen schaukelt, während er im Rücken etwas Weiches spürte und darunter ein tiefes, rumpelndes Vibrieren.
    Vorsichtig öffnete er die Augen. Ein kleiner Raum mit grünen Metallwänden. Er schien auf dem Transportschiff zu sein, das er vom Strand aus gesehen hatte, der Galla. Ringsum sah Eric eine Reihe von Pritschen. Sie schienen ausnahmslos leer zu sein. Eine der Pritschen klapperte leise und bewegte sich im sanften Schaukeln des Schiffes. Sie verursachte das quietschende Geräusch, das ihn geweckt hatte.
    An der Wand hing ein Vargas-Kalender mit dem Pin-up des Monats in marineblauer Kleidung. Unter dem Kalender befand sich ein langer Tresen. Eric sah Rollen mit Mullbinden und Holzstäbchen sowie ein Stethoskop, das ordentlich aufgerollt in einer Ecke ruhte.
    Er stemmte sich hoch und spürte, dass sein Hirn schmerzhaft gegen die Seiten seines Schädels drückte wie ein weich gekochtes Ei. Es fühlte sich an wie der schlimmste Kater, den er je gehabt hatte. Eric verzog das Gesicht, als er etwas Klebriges um seinen Hals bemerkte. Er hob die Hand und ertastete einen Verband, der um seinen Kehlkopf gewickelt war. Auch sein Kopf war verbunden und schmerzte bei jeder Berührung. Weitere Verbände bedeckten seinen Unterleib.
    Er ließ den Blick durch den Raum schweifen und bemerkte nun doch etwas auf einer der anderen Pritschen. Ein weiterer Mann lag ihm gegenüber, das Gesicht der Wand zugedreht, offensichtlich schlafend. Eric bemühte sich vergeblich, im Halbdunkel das Gesicht des Mannes zu erkennen.
    Langsam drehte sich der Türgriff. Eric hörte Stimmen und Lachen, als die Tür einen Spalt weit geöffnet wurde. Er sah einen Krankenpfleger in weißer Hose und weißem Hemd, der im Eingang stehen blieb und den Gang entlangsah, während er mit jemandem redete. Eric ließ den Kopf wieder zurück aufs Kissen sinken, als ihn Erschöpfung überkam.
    Der Krankenpfleger war jung und roch nach Desinfektionsmitteln. Er lächelte Eric freundlich zu, als er das Zimmer betrat. Auf seinem Namensschild stand »Lyerman«.
    »Geht es Ihnen besser?«
    Eric öffnete den Mund zu einer Antwort, brachte aber nur ein undeutliches Krächzen hervor. Der Krankenpfleger bemerkte es und nickte.
    »Ihre Stimmbänder wurden draußen im Dschungel verletzt«, sagte er. »Sie werden eine Weile nicht sprechen können.« Lyerman summte vor sich hin, während er Verbände in ein großes Glas auf dem

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