Dämon
aus der Brusttasche. Er nahm ein großes Stück und schob es sich zwischen Wange und Zähne.
»Was ist dieses andere Zeugs?«, fragte Jefferson. »Sieht aus wie Erde.«
»Ja, aber ich bin nicht sicher«, antwortete Brogan. Er stand auf und winkte einen der Techniker herbei. »Bringen Sie einen Staubsauger mit, ja?«
Unter dem Geländer lag irgendetwas auf dem Boden. Es war klein und dunkel und in Stoff gehüllt. Jefferson bückte sich und hob es mit seinen Latex-Handschuhen auf.
Es war eine Puppe.
Der Kopf der Puppe war relativ groß und fiel auf dem dünnen Stoffhals von einer Seite auf die andere. Das Gesicht war aus Porzellan, mit großen Augen und kleinem Schmollmund, unter dem ein langer schwarzer Bart prangte. Die Puppe war in einen roten und weißen Umhang gehüllt, mit feinen, grün und golden gewirkten Umrissen von Drachen, die quer über den Stoff verliefen.
Dünne Fäden führten von den Händen, Füßen und dem Kopf zu einem Holzkreuz. Brogan nahm das Holzkreuz in die Hand und hob die daran befestigte Puppe hoch, sodass sie in der Luft baumelte.
»Was ist das?«, fragte er.
»Sieht aus wie eine Marionette.«
Brogan nickte und schwenkte das Holzkreuz über den Handlauf des Geländers, bis die kleinen Füße das Metall gerade eben berührten. Als er die Fäden bewegte, begann die kleine Puppe einen eigenartigen, ruckhaften Tanz. Ihr Leib zuckte hin und her, und der Kopf mit dem verdrießlichen Gesicht hüpfte auf und ab.
»Unheimlicher kleiner Bursche, was?«, fragte Jefferson, während er den Tanz beobachtete.
»Kann man wohl sagen. Wie eine Mischung aus Howdy Doody und dem Exorzist .« Brogan trug die Marionette vorsichtig zu der Stelle, wo die Indizien gesammelt wurden. Er steckte die Puppe in einen großen Plastikbeutel, verschloss ihn und legte ihn auf den Wagen.
»Wir reden mit Lyerman und fragen ihn, ob er mehr über dieses Ding weiß«, sagte Brogan, ohne den Blick von der Marionette zu nehmen, die nun reglos in dem Plastikbeutel lag.
Er richtete sich wieder auf. »Weißt du eigentlich, dass McKenna hier ist?«
»Nein«, erwiderte Jefferson und blickte sich suchend um. »Wo denn?«
Brogan nickte in Richtung der beiden Toten.
»Ich hätte nicht geglaubt, dass sie im Regen hier oben bleibt.«
»Sie ist aber hier. Coole Lady. Eine echte Klassebraut.«
»Klassebraut? Wer bist du? Frank Sinatra?«
Coole Lady. Klassebraut. Aus Brogans Mund waren das seltene Komplimente. Jefferson folgte seinem Blick über das Dach zu den Leichen. Eine Frau stand über das männliche Opfer gebeugt und betastete den Kopf des Toten mit behandschuhten Fingern. Sie wandte Jefferson den Rücken zu, und er sah, dass sie die braunen Haare zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Langsam arbeitete sie sich am Rücken des Toten entlang nach unten. Schließlich streifte sie seine Badehose herunter und entblößte seinen Hintern, um das Rektalthermometer einzuführen.
»Ah, der Geruch von Romanze und Rektalthermometer liegt in der Luft!«, sagte Brogan und schlang die Arme um Jefferson. »Nun, wollen wir unsere liebliche neue Technikerin kennen lernen? Mann, ich würde sie zu gern mal meine Rektaltemperatur messen lassen.«
»Lass mich los!«
»Ich schätze, sie hat ein Auge auf dich geworfen, Bruder.«
»Sicher.«
Als Jefferson in Florida gewesen war, hatte Brogan bei zwei Fällen mit McKenna zusammengearbeitet. Einen Fall mit Brogan zu überleben war so, wie die Titanic lebend zu verlassen. Und gleich zwei Fälle, das war wie die Hindenburg.
»He, McKenna, nehmen Sie die Hand aus der Hose des Mannes!«, rief Brogan, als sie sich näherten.
Sie hatte ihnen den Rücken zugewandt und erhob sich beim Klang von Brogans Stimme, um sich langsam umzudrehen. Sie war groß gewachsen, bestimmt eins fünfundsiebzig oder sogar eins achtzig. Ihr Haar glänzte so glatt und seidig, dass man unwillkürlich die Hand ausstrecken und darüber streichen wollte. Sie sah die beiden Männer an und lächelte. Es war ein offenes, aufrichtiges Lächeln, nichts Aufgesetztes oder Gespieltes, sondern warm und herzlich. Irgendwie kam sie Jefferson in diesem Augenblick bekannt vor. Ganz plötzlich. Ohne dass er sich hätte erinnern können, wieso oder woher. Als würde er die Einzelheiten ihrer Gesichtszüge, den Schwung ihrer Lippen, die Farbe ihrer Augen genau kennen, ohne dass er die Einzelheiten zu einem Ganzen zusammenfügen konnte.
Sie schob sich mit dem Handrücken eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte
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