Daemonen des Lichts
Ich hielt meine Hand unter den Anhänger und sah zu, wie sich das Licht darin fing. Vorsichtig öffnete ich den Verschluss und legte mir die Kette um den Hals; sie war fast nicht zu spüren. Ich guckte nach unten, berührte den Anhänger und schaute mir an, wie er auf meiner Haut funkelte. Ich wusste, dass ich sie nie mehr abnehmen würde.
Ich fühlte mich fast ein wenig schüchtern, als ich ihn ansah. Dann räusperte ich mich. »Und du … wann hast du Geburtstag?«
Auf einmal grinste er. »Gestern.«
Ich starrte ihn an. »Was – ernsthaft?«
»Ja, am dreiundzwanzigsten Oktober. Ich bin achtzehn geworden.«
»Warum hast du nichts gesagt?«
»Wozu? Ich habe doch schon alles, was ich will.« Er streckte die Hand aus und spielte mit dem Kettenanhänger. Ich spürte die Bewegung auf meiner Haut. »Hör mal, Willow«, sagte er langsam. »Wir haben nicht viel darüber gesprochen, was auf uns zukommen könnte. Aber du weißt, dass ich immer mit dir zusammen sein will, oder? Ich meine – ganz egal, was passiert.«
Ich hatte es gewusst; hatte es jedes Mal gefühlt, wenn er mich im Arm gehalten hatte – aber es zu hören, traf mich mitten ins Herz. Ich nickte heftig. »Das will ich auch, Alex«, sagte ich. »Für immer.«
Der Ausdruck in seinen Augen ließ mich dahinschmelzen. Er nahm mein Gesicht in beide Hände und küsste mich. Warm lagen seine Lippen auf meinen. Als wir uns voneinander lösten, legte er eine Hand an meine Wange und ich schmiegte mich hinein. »Okay«, sagte er sanft und fuhr mit dem Daumen über meinen Mundwinkel.
»Okay«, echote ich.
Einen Moment lang saßen wir da und lächelten uns an. Dann nahm Alex meine Haarbürste. »Lass mich das machen.«
»Bist du sicher?«
»Ja, dreh dich um.«
Ich gab ihm schnell einen Kuss, bevor ich ihm den Rücken zuwandte, und einen Moment später zog er behutsam die Bürste durch meine nassen Haare und entwirrte die zotteligen Strähnen. Ich berührte den Kettenanhänger, der auf meiner Haut glitzerte. Und ich wusste, dass ich Alex noch nie so sehr geliebt hatte wie in diesem Augenblick.
In jener Nacht lag ich lange wach. Ich hatte mich an Alex’ Brust gekuschelt und er hatte im Schlaf locker die Arme um mich gelegt. Die Blockhütte um uns herum war dunkel und still, lediglich ein blasses Rechteck aus Mondlicht fiel durch die Ritzen zwischen Tür und Türrahmen. Ich griff nach meinem Anhänger und strich mit dem Finger über seine glatten Facetten.
Zum allerersten Mal dachte ich über meinen Engel nach -dachte wirklich über sie nach, anstatt die Vorstellung umgehend auszusperren, sobald sie mir in den Kopf kam. Ich erinnerte mich an das Gefühl zu fliegen, daran, wie die Wüste sich unter mir geneigt und um mich herumgewirbelt war, als ich durch die Luft segelte. Alex hatte mir erzählt, dass reinblütige Engel sich nicht gleichzeitig als Mensch und als Engel manifestieren können, ich allerdings schien dazu in der Lage zu sein – mein menschliches Ich hatte sich nicht aufgelöst, als mein Engel sich in die Lüfte erhoben und mein Bewusstsein mit sich genommen hatte. Sie trat in Erscheinung und schwebte über mir, wenn ich schlief. Und einmal hatte sie mir durch etwas, das ich für einen Traum gehalten hatte, eine Warnung zukommen lassen. Auch wenn Engel in der Nähe waren, war sie erschienen, falls ich sie brauchte.
Und sonst, wo war sie sonst? Irgendwo in meinem Inneren?
In mir erwachte eine gewisse Neugier. Ich dachte daran, dass Alex mir vorgeschlagen hatte, mit ihr in Kontakt zu treten. Konnte ich das? Wollte ich das überhaupt?
Vielleicht, dachte ich zögernd.
In der Hütte war es immer noch sehr still. Alex’ Atem ging ruhig, gleichmäßig; seine Brust unter meinem angewinkelten Arm war warm und glatt. Ich schloss die Augen. Ohne recht zu wissen, wie ich es anstellen sollte, holte ich tief Luft, um mich zu entspannen. Ich fing an, mich treiben zu lassen, und begab mich auf die Suche.
Hallo?, dachte ich. Bist du da?
Ganz schwach spürte ich tief in meinem Inneren ein Fünkchen Energie aufflackern: ein kleines kristallenes Feuer, das im Takt eines eigenen Herzschlages pulsierte. Im Geist bewegte ich mich langsam darauf zu. Das Licht funkelte wie ein Diamant auf schwarzem Samt. Ich spürte einen kleinen Energiewirbel auf mich zugleiten und mich erforschen, genauso wie ich ihn erforschte.
Jähes Wiedererkennen durchzuckte mich und ich lächelte verwundert. Die Energie war meiner sehr ähnlich, aber dennoch anders. Sie war dynamischer,
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