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Daemonen kuesst man nicht

Daemonen kuesst man nicht

Titel: Daemonen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Fox
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Glasscherben knirschten unter meinem Bronzeschild am Hintern, als ich mich so weit vorbeugte, wie ich konnte. Da war ich in der sechsten Klasse, als ich bei einem naturwissenschaftlichen Wettbewerb mein Puppenhaus mit Hilfe einer Kartoffel unter Strom gesetzt hatte. Und war das Ding in dem Glaskasten auf dem Bücherregal etwa meine alte Zahnspange? Alles hätte ich erwartet, nur das nicht.
    Ich stützte mich mit den Händen auf das Kissen und konzentrierte mich darauf, tief und gleichmäßig zu atmen. Es musste eine logische Erklärung dafür geben.
    Ja, natürlich.
    Ich hatte Onkel Phil, der streng genommen mein Großonkel war, noch nie zuvor gesehen. Er gehörte zu dem Gesamtpaket, das ich bekommen hatte, als ich meine echte Familie kennengelernt hatte. Und das war erst vor wenigen Wochen gewesen.
    Mit zitternden Beinen kletterte ich von der Couch und betrachtete ein Foto von Parate, das aufgenommen worden war, nachdem ich ihn aus dem Tierheim Paws for Love abgeholt hatte. Phil war dort gewesen.
    Großmutter hatte mich erst finden können, als ich alt genug war, um meine Kräfte zu entwickeln. Man sollte meinen, Phil hätte ihr dabei helfen oder, zum Teufel, sich mir zumindest vorstellen können. Mir war unbehaglich zumute, und ich wusste nicht, ob ich bei dem Gedanken, dass er mich all die Jahre verfolgt hatte, ausflippen sollte oder ob ich mich freuen sollte, dass irgendjemand  – außer der Haushälterin meiner Eltern  – tatsächlich an einigen der für mich wichtigsten Ereignisse meines Lebens teilgenommen hatte. Meine Adoptiveltern waren anscheinend immer bereits zu einer Party, einer Wohltätigkeitsveranstaltung oder einem Tennismatch eingeladen gewesen. Außer wenn es sich um ein gesellschaftliches Ereignis gehandelt hatte, bei dem es um Sehen und Gesehenwerden
ging. Dann hatten sie sich unentwegt mit anderen Leuten unterhalten.
    So wie es aussah, war Phil immer da gewesen. Und er hatte offensichtlich eine Menge Filme verknipst. Aber warum hatte er mich nie angesprochen?
    In den zwei Bücherregalen, die neben der Küchentür standen, entdeckte ich weitere Fotoalben. Ich ging hinüber, um sie mir näher anzuschauen, und  – heiliger Strohsack  – er hatte sogar meine Tagebücher. Jedes Buch, in das ich gekritzelt hatte, seit ich schreiben konnte. Ich zog eines davon aus dem Regal.
    Seite über Seite mit schlechten Zeichnungen von Pferden  – von mir entworfen  – aus der Zeit, in der ich Jockey hatte werden wollen. Das war, bevor meine Hüften sich entwickelt hatten. Und mein Hintern.
    Ich schlug das Buch zu.
    »Was, zur Hölle, ist los?« Großmutter steckte hinter mir den Kopf durch das Fenster. Ihr langes graues Haar hing ihr wirr über die Schultern. »Warum dauert es so lange, bis du die Tür aufmachst?«
    Ich drehte mich mit dem Tagebuch in der Hand zu ihr herum. »Das wirst du nicht glauben.«
    »Lass es auf einen Versuch ankommen.«
    Ich schloss Phils Haustür auf und riss sie auf. »Onkel Phil ist ein verrückter, gestörter Stalker.«
    Großmutter schien davon nicht überzeugt zu sein. »Nee, er ist nur dein Patenonkel von der anderen Seite.«
    »Mein was? Von der anderen Seite?« Ich konnte kaum glauben, was ich gehört hatte.
    »Nicht von dieser anderen Seite.«
    »Wie bitte?« Das ergab keinen Sinn.
    »Muss ich es dir aufzeichnen? Onkel Phil ist dein Märchenpate. Einer dieser Beschützertypen, ein Gutmensch, all dieser Märchenquatsch eben.«
    Ich öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
    Dann stieg ein Gefühl der Wärme in mir auf. Ich hatte immer geglaubt, allein zu sein. All die Jahre hatte es nur mich gegeben. Dann mich und Parate. Ich hatte nicht gewusst, dass es noch jemanden gab, der sich tatsächlich etwas aus mir machte.
    »Ich habe einen Märchenpaten«, sagte ich und ließ das auf mich wirken. Dabei hatte ich so gar keine Ähnlichkeit mit Aschenputtel.
    Ein schwarz-silberner Gedächtnislöscher zischte an Großmutters Ohr vorbei und bombardierte mich im Sturzflug. Ich wich ihm aus und schleuderte ihn in den Vorgarten zurück. »Raus mit dir!« Diese Dinger sollten meinen Hund lieber in Ruhe lassen. Parate jagte Zauber, als wären sie Glühwürmchen.
    Plötzlich lief mir ein Schauder über den Rücken. »Wo ist Parate?«
    Großmutter schnaubte. »Er spielt Rettungshund.«
    Ich starrte sie ungläubig an. »Hast du etwa einen Gedächtnislöscher auf meinen Hund losgelassen?«
    Großmutter schaute mich beleidigt an.

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