Dämonen-Reihe 16 - Ein Dämon muss die Schulbank drücken
Verwunderung in dem klahdähnlichen Gesicht versuchte der Mantikor, seine Vorderpfote zu befreien. Sie wollte sich nicht lösen. Ebenso wenig wie die andere. Er zerrte an einem Hinterbein. Dann an dem anderen. Ohne Erfolg. Mit einem Furcht erregenden Knurren schwang er den Schwanz zu einem tödlichen Stich herum. Der Stachel bohrte sich in die Rinde – und blieb stecken. Das Knurren wich einem fassungslosen Wimmern.
»Es hat funktioniert!«, rief Melvine. »Wow. Das hast du gut hingekriegt, Lehrer.«
»Danke«, sagte ich trocken.
Die Perfekte schwebte immer noch über dem Baum und gab ihre Version angemessener Schmähungen zum Besten. »Du bist hässlich! Und Mutter liebt dich nicht! Und ich kann es nicht leiden, wenn du meine Schminksachen wegblinzelst, wenn ich sie gerade benutzen will …«
»Polonia«, rief ich. »Du kannst jetzt aufhören.«
»Oh«, machte sie hörbar enttäuscht. »Dabei bin ich gerade erst in Schwung gekommen. Bist du sicher, dass ich ihn nicht noch ein bisschen länger beschimpfen soll?«
»Bin ich«, sagte ich. »Komm runter. Ich will mit ihm reden.«
Kapitel Zwölf
»Ich glaube, wir haben
etwas vergessen.«
Jahrestagskomitee
der Schlacht von Alamo
Der Mantikor kämpfte verzweifelt, versuchte, jedes einzelne Körperglied von dem Baum zu befreien. Aber das brachte ihn nicht weiter. Der klebrige Gummisaft hatte sich mit seinem Fell verbunden und einen dicken Filz hervorgebracht, den man als Dachpappe hätte verwenden können. Er konnte keine Blitze auf uns abschießen, nicht einmal, wenn er gewollt hätte. Der Skorpionschwanz hatte sich halb um den Baumstamm gewickelt. Der Mantikor sah wahrhaftig ziemlich bedauernswert aus. Dort, wo die Dornen seine Haut durchstochen hatten, rann Blut durch das lange Fell. Seine Augen verdrehten sich vor Furcht, als wir uns näherten. Gliep drückte sich mit dem Bauch flach an den Boden und knurrte. Der Mantikor schauderte noch stärker.
»Bringen wir ihn jetzt um?«, fragte Melvine und ging mit einem blutrünstigen Funkeln in den Augen auf die Kreatur zu.
»Nein«, sagte ich und hielt den Cupy ein paar Meter von unserem Gefangenen entfernt am ausgestreckten Arm fest. »Wir reden mit ihm.«
»Was? Das macht doch keinen Spaß!«
Ich drehte mich zu den Perfekten um. »Könnt ihr Mantikor sprechen?«
»Na ja«, sagte Frostia und reckte einen Zeigefinger hoch. »Ich habe einen Kurs in vergleichender Sprache gemacht. Aber bisher hat er noch nichts gesagt, womit ich irgendwas vergleichen könnte!«
»Schauen wir mal, ob wir ihn dazu bewegen können, etwas zu sagen.«
Ich hatte nicht umsonst mehrere Jahre auf dem Bazar von Tauf zugebracht. Die meisten Täufler beherrschten mehrere Sprachen, um die Kundschaft aus den unzähligen Dimensionen besser betrügen – ich meine, beraten – zu können, und keiner von ihnen würde sich je aus irgendeinem Grund ein Geschäft entgehen lassen. Was normalerweise bedeutete, dass sie sich Fremden mit Hilfe eines Übersetzungszaubers oder -amuletts verständlich machten. Ich tastete nach der Kraftlinie. Sie war schon recht prall. Also wühlte ich in meinem Gedächtnis nach einem Zauber, den ich von einem freundlichen Händler namens Bellma gelernt hatte – gegen entsprechendes Entgelt, versteht sich. Auf dem Bazar gab es nichts umsonst, aber so manches war seinen Preis wert.
Die magische Energie floss wieder kräftig genug, dass ich den Zauber auf mich und all meine Schüler ausdehnen konnte. Er manifestierte sich nicht auf physische Weise, aber ich hatte das Gefühl, als wären wir alle durch Rohre verbunden, die von unseren Mündern zu den Ohren aller anderen führten.
»Wer bist du?«, fragte ich den Mantikor.
Die Bestie zuckte zurück – soweit sie, bedeckt von der klebrigen Masse, dazu imstande war – und starrte mich an. »Du sprichst meine Sprache?«
»Ah, sozusagen. Ich bin Skeeve. Das sind meine Schüler.«
»Ich bin Evad, Fähnrich der Königlich Mantikorischen Marine. Du musst ein mächtiger General sein, wenn du mich gefangennehmen konntest«, sagte der Mantikor. »Ich verbeuge mich vor dir.« Das konnte er natürlich auch nicht, aber ich wusste die Geste zu schätzen.
»Eigentlich bin ich Magiker«, sagte ich. »Warum hast du diese Stadt auseinandergenommen? Du hast beinahe alles zerstört.«
Der Mantikor zeigte seine Fangzähne. »Die waren nicht intelligent. Ich habe sie gefragt, wo ich bin, und sie konnten es mir nicht sagen! Ich habe versucht, sie dazu zu bringen, einen
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