Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
wenn das hier mein Traum ist, der allein von meinen Wünschen gesteuert wird, dann könnte ich mir doch eigentlich wünschen, dass er niemals aufhört‹, taste ich mich voran.
›Dann könnten wir zwei in alle Ewigkeit tun, wonach uns der Sinn steht.‹
Bernadettes Lächeln wird zunehmend voller. ›Das könntest du. Aber ich habe noch einen besseren Vorschlag: Wenn dir dieser Zustand so ausnehmend gut gefällt, warum fängst du nicht an, selbst durch Träume zu wandeln und dir anzuschauen, was andere zu bieten
haben? Du könntest dich an Dingen berauschen, auf die du selbst niemals gekommen wärst.
Warum sich mit dem eigenen begrenzten Universum begnügen, wenn dir ein Weltall
unzähliger Universen zur Verfügung stehen kann? Alles, was du dafür tun musst,ist, einen Preis zu zahlen: deinen Traum, den du gemeinsam mit mir doch schon längst bis zur Neige ausgekostet hast.‹
Ich wäge ab: Meinen Traum, der mich bislang nicht einmal ansatzweise befriedigt, sondern nur mehr Hunger schürt, gegen ein ganzes Füllhorn an Träumen eintauschen. Die
Entscheidung fällt mir nicht schwer. Ich stelle Bernadette nur eine einzige Frage: ›Wie stelle ich das an?‹
O ja, ihr Lächeln ist voll und breit, eine einzige Bestätigung.
›Nichts leichter als das. Lass dich vollkommen auf deinen Traum ein. Stör dich nicht daran, dass ich mich zurückziehe. Ich kann nicht hier sein, wenn er kommt.‹
›Wer ist er ?‹
Bernadette streichelt mir den Hals entlang, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Fast
vergesse ich meine Frage. ›Der Herr der Träume‹, wispert sie dennoch.
›Das ist nicht dein Ernst. Sie gehören ihm?‹
Die Art, wie sie zusammenzuckt, beunruhigt mich, obwohl ich nicht sagen kann, warum.
›So kann man das nicht sagen, denn dein Traum gehört ja dir. Es sei denn, du verschenkst ihn. Aber er kann durch die Träume wandeln. Und viel besser noch: Er hat die Gabe, auch dir den Weg zu zeigen. So wie er es für mich getan hat.‹
Das Kribbeln auf meiner Haut breitet sich immer weiter aus, und ich beginne mich zu
winden. ›Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer er ist‹, beharre ich. In diesem Moment ist es mir egal, ob ich Bernadette damit vor den Kopf stoße.
›Der Inkubus‹, erwidert sie und sieht mich prüfend an. Ich habe jedoch nicht die leiseste Ahnung, wovon sie spricht. Bernadette lehnt sich zurück und schüttelt den Kopf. ›So jung und so ahnungslos. Das finde ich ausgesprochen charmant an dir.‹ Das Kompliment klingt wie eine Beleidigung, vermutlich ist es auch genau so gemeint. Ein vollkommen neuer Zug an Bernadette, aber ich komme nicht dazu, darüber nachzudenken, weil sie den Faden bereits wieder aufnimmt. ›Der Inkubus wird zu dir kommen. Du brauchst ihn nur in Gedanken
einzuladen, damit er deinen Traum betreten kann. Scheu nicht zurück, wenn er vor dir steht, sondern streck die Hand nach ihm aus. Berühr ihn, lass dich auf ihn ein, damit er sich deinen Traum nehmen kann. Und wenn er ihn in den Händen hält, geborgen wie einen glitzernden Edelsteinen, und ganz in ihn versunken ist, dann schau dich nach der Pforte um, die dich fortan in die Träume führen wird.‹
›Aber was passiert dann mit meinem Traum?‹
Bernadette war mittlerweile nur noch ein Schemen. ›Mach dir doch keine Gedanken
darum, schließlich tauschst du nur einen Traum gegen unzählige andere. Außerdem hast du dich doch vor ihm gefürchtet, bis ich dir die Möglichkeit gegeben habe, ihn in etwas anderes zu verwandeln. Den wirst du also wohl kaum vermissen. Du kannst es natürlich auch lassen, dann ist das jetzt unser letztes Treffen und auch das letzte Mal, dass du die Welt der Träume in einem bewussten Zustand erlebst.‹
So gesehen, gibt es wirklich nicht viel nachzudenken. Denn was die Welt des Tages zu bieten hat, würde niemals aufwiegen, was ich dank Bernadette erlebte. Während Bernadettes Schemen sich verflüchtigt, sehe ich mich neugierig um und erschrecke halb zu Tode, als ich plötzlich mein Spiegelbild in der Wand vor mir entdecke. Nur ist dieWand gar keine Wand mehr, und die grauen, vor Schreckenweit aufgerissenen Augen gehören zwar meinem
Spiegelbild, allerdings zu dem Gabriel, der ich mit zwölf Jahren gewesen bin. Ich gehe auf mein verängstigtes Spiegelbild zu, strecke die Hand nach ihm aus, doch ich berühre ihn nicht. Stattdessen sinke ich durch die reflektierende Oberfläche, ohne Widerstand zu erfahren. Auf der anderen Seite spüre ich einen kalten Atem in meinem Nacken. Jemand
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