Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
Nora, die stets besorgt gewesen war.
»Überhaupt nicht«, sagte Ella und reichte Nora ihr Handy, damit sie die Nummer direkt eintippen konnte. »Ehrlich gesagt, habe ich sogar vor, in Sandfern heimisch zu werden. Ich übernehme die alte Villa von Tante Wilhelmine. Das heißt, wenn sie nicht über meinem Kopf zusammenbricht.«
»Na, wenn das mal kein Plan ist – aber du bist ja schon immer eine von der mutigen Sorte gewesen. Das Haus ist im Laufe der Jahre ganz schön heruntergekommen … Ich bin ein
paarmal dort gewesen und habe im Garten alten Erinnerungen nachgehangen.« Als habe sie zu viel verraten, schob Nora rasch nach: »Aber das ist schon lange her.« Dann rieb sie die Flasche zwischen ihren Händen, als könne sie sich nicht recht dazu durchringen, ob sie sich nun verabschieden oder sich weiterhin unterhalten sollte.
Eine ihrer Freundinnen nahm ihr die Entscheidung ab, indem sie ausgesprochen genervt rief: »Können wir jetzt weiter?«
»Ja doch!« Nora warf die Flasche kurzerhand über die Brüstung ins Meer. »Also, wenn dir danach zumute ist, meld dich einfach mal. Dann kannst du mir ja von deinem spannenden Bilderbuchleben im fernen Australien erzählen und ich dir von meiner bevorstehenden
Scheidung.«
Ella winkte Nora hinterher, obwohl diese sich bereits umgedreht hatte und zu ihrer Clique zurückkehrte.
Offensichtlich handelte es sich bei ihrer Freundschaft mit Nora ebenfalls um ein
Sanierungsprojekt, wobei ihr Instinkt ihr zuflüsterte, dass sie eher die Villa in Schuss setzte, als den Graben zwischen Nora und ihr zu überwinden. Ein undichtes Dach ließ sich als Problem recht schnell feststellen, aber der Grund, warum ihre Freundin ihr so fremd
geworden war, ließ sich nicht einfach benennen. Was habe ich nur falsch gemacht, dass sie so kühl ist?, fragte Ella sich.
Dann fiel ihr auf, dass sie auch diese Chance, einen Teil ihrer Rückkehr mit der Kamera einzufangen, verpasst hatte. Also lehnte sie sich über die Brüstung und knipste die dort dümpelnde Flasche, ehe sie im dunklen Wasser unterging.
Kapitel 3
Heilmittel
Seit wie vielen Stunden laufe ich jetzt schon durch dieses Labyrinth aus
schwarzen Gängen? Von meinem Ziel, weshalb ich so tief in dieses unübersichtliche Grenzgebiet eingedrungen bin, habe ich immer noch keine Spur entdeckt. Langsam kommt mir der Verdacht, an der falschen Stelle zu suchen. Hier schließt nur ein schwarzer Gang an den nächsten an, vielleicht laufe ich sogar im Kreis.
Es ist zum Verrücktwerden!
So oder so, es wird Zeit, dass ich mich zurückziehe. Erstes Sonnenlicht sickert ein, zerfrisst die Konturen der Gänge, und wenn ich nicht achtgebe, wird es das Gleiche mit mir tun.
Ich drehe mich um, weg vom Morgenlicht … und sehe sie vor mir stehen. Nicht mehr als ein Schemen, trotzdem weiß ich, dass es sich um eine Frau handelt. Nicht um irgendeine Frau. Nein. Für mich ist sie DIE Frau, auch wenn ich ihr wahres Aussehen niemals kennengelernt habe. In den Träumen, in denen sie mich besucht hat, ist ihr Aussehen jedes Mal ein anderes gewesen.
»Du hast dir den falschen Traum ausgesucht, mein Herz. Hier gibt es nichts zu holen«, weist sie mich zurecht. Ihre Stimme ist ein Echo, das durch die Unzahl der Gänge bis zu mir gelangt ist. Vollkommen verzerrt und so laut, dass ich befürchte, der Schall könnte mich zerreißen. Nichtsdestotrotz erkenne ich die Stimme wieder, würde sie jederzeit und überall erkennen. Noch immer höre ich ein Nachhallen der verführerischen Worte, mit denen sie mich in diese Welt gelockt hat.
»Dein Traum hat mir nichts zu bieten«, stimme ich ihr zu. Es fällt mir schwer, mich auf meine eigenen Worte zu konzentrieren. Das Tageslicht kommt näher, ich kann sein Zündeln an den Rändern des Traums wahrnehmen. Es riecht nach verbrannter Myrte. »Ich bin aus einem anderen Grund hier: Ich brauche deine Hilfe, weil ich sonst zerbreche.«
Der Schemen lacht, ein Geräusch wie zerberstendes Glas. »Du brauchst meine Hilfe nicht.
Hilf dir selbst, indem du deine Rechnung dafür begleichst, in Träumen wandeln zu können.«
»Ich weiß aber nicht, wie!«, brülle ich meine Verzweiflung heraus.
Zu spät.
Der Schemen weicht vor dem anbrechenden Tag zurück und verschmilzt mit der Wand, ehe ich ihn zu fassen bekomme. Sogleich fährt ein Ruck durch meine Glieder und kündigt das Zusammenbrechen des Labyrinths an. Die Grenze zwischen Traum und Realität beginnt sich aufzulösen.
Ich muss loslassen. Sofort!
Doch wer lässt schon
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