Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter
der Bernadette nur zu gern
darauf hingewiesen hätte, dass er ihretwegen in dieser Situation war. Weil sie ihm etwas verschwiegen hatte, das sie ihm jetzt nur gegen Lohn zu erzählen bereit war.
»Du weißt also, was ich will. Aber was willst du, Bernadette?«
»Natürlich einen angemessenen Preis für meine Unterstützung, schließlich ist mein Wissen hart erarbeitet. Ich erwarte, entsprechend entlohnt zu werden. Allerdings werden wir uns über das, was ich für dich tun kann, erst bei nächster Gelegenheit unterhalten. Heute möchte ich dich bloß ein wenig besser kennenlernen. Ich meine: den echten Gabriel. So, wie er jetzt vor mir steht.« Mit dem Zeigefinger, der ihm eben noch seine rasch ablaufende Lebenszeit gedeutet hatte, fuhr sie nun seinen Brustmuskel entlang, der sich unter dem T-Shirt
abzeichnete. »Und damit meine ich nicht deine hochfaszinierende Persönlichkeit.«
»Das habe ich mir fast schon gedacht«, erwiderte Gabriel. Die Träume, die sie beide früher miteinander verbunden hatten, waren ihm noch lebhaft in Erinnerung. Außerdem sah es ganz danach aus, als würde er umgehend für den dummen Witz über den spendierfreudigen
Daddy zahlen. Was soll’s, es gab Schlimmeres, als auf Bernadettes Forderungen
einzugehen. In tausend Scherben zu zerbrechen etwa.
Deshalb ließ er es auch geschehen, als sie ihn wie ihr Hündchen hinter sich herführte, wobei sie ihm immer wieder einen prüfenden Blick zuwarf, als warte sie nur darauf, dass sich ein Ausdruck von verletzter Würde in seine Augen stahl. Da konnte sie lange warten. Von seinen Bedenken würde er sich ganz bestimmt keinen Strich durch die Rechnung machen
lassen. Die konnte er spielend leicht ausblenden. Sonst hätte er es ja auch niemals bis nach Sandfern geschafft.
Kapitel 8
Wiederbelebungsversuch
Das Café, das Nora vorgeschlagen hatte, lag am Rand der Altstadt. Geradezu
versteckt, wie Ella feststellte, während sie von einer Brücke aus die schmale Gasse
betrachtete, die neben einem Wasserlauf entlangführte. Wenn einem auf diesem knapp zwei Meter breiten Weg jemand entgegenkam, wurde es vermutlich ganz schön eng – auf der
einen Seite das Wasser in seinem befestigten Bett, auf der anderen die schief
emporragenden Fachwerkhäuser. So hatte die Stadt also ausgesehen, bevor die
Städteplaner samt ihrer Vernunft ans Werk gegangen waren.
Mit der Hand beschirmte Ella die Augen und reckte den Hals in der Hoffnung, einen Blick auf den Treffpunkt zu werfen, aber der Bach machte auf seinem Weg zum Meereine Kurve, sodass zumindest von der Brücke aus nichts von einem Café zu sehen war. Kein Schild oder irgendein Hinweis deutete darauf hin, dass hier Milchkaffee undhausgemachter Kuchen
angeboten wurden. Aber Norahatte eindeutig das Café an der Bachgasse als Treffpunkt
genannt.
Ella setzte gerade den ersten Fuß auf die schmale Stiege, die auf den Weg hinabführte, als Nora mit dem Fahrrad über die Brücke geradelt kam. Sie trug eine riesige Sonnenbrille, und der Ausschnitt ihres Shirts rutschte über ihre Schulter. Zu gern hätte Ella ein Foto gemacht, aber sie befürchtete, dass Nora wenig begeistert davon wäre. Nicht, weil sie etwas gegen Fotos von sich einzuwenden hätte. Das bestimmt nicht. Sie würde es Ella jedoch übel
nehmen, dass sie ihre Leidenschaft fürs Fotografieren so offen an den Tag legte – und vor allem mit ihrer Profikamera. Der Vorwurf einer Profilneurose lag regelrecht in der Luft. So wie Nora sich bei ihrem letzten Treffen verhalten und die zurückhaltende, teils sogar brüske Art, mit der sie auf ihre Anrufe reagiert hatte, war es bestimmt klüger, sich zunächst etwas zurückzuhalten.
Dieses
Treffen
war
keines
mit
viel
Wiedersehensfreude,
Freundschaftsbekundungen und Umarmungen, auch
wenn Ella sich das noch so sehr
wünschte. Dass Nora überhaupt auftauchte, war ein Friedensangebot, das auf wackligen Füßen stand – warum auch immer.
»Hallo, schön, dich zu sehen«, begrüßte Ella ihre Freundin, obwohl Nora sie sicher nicht als Freundin bezeichnet hätte, bestenfalls als Spielkameradin aus Kindertagen. Vermutlich mussten sie sich erst einmal beschnuppern, um herauszufinden, ob sie einander überhaupt noch riechen konnten. Als Nora nur ein knappes »Hallo« hervorbrachte,plauderte Ella vor lauter Nervosität weiter. »Ich dachteschon, ich hätte mich in der Adresse geirrt. Die Bachgasse sieht schwer nach einem Geheimtipp aus.«
»Ist ja auch ein Geheimtipp«, sagte Nora, die ihr Fahrrad
Weitere Kostenlose Bücher