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Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter

Titel: Dämonen-Reihe Bd. 4 Traumsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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grau zu werden. Du bist unterwegs, lernst die unterschiedlichsten Leute kennen, kannst kreativ sein. Das ist mal wieder typisch: Bei dir ist alles Action, und ich setze unterdessen Patina an. Dabei bin ich auch noch selber schuld, weil ich … ach, vergiss es.«
    Während Ella mit dem Strohhalm die Kohlensäure aus ihrer Johannisbeerschorle rührte, dachte sie angestrengt darüber nach, wie sie erklären sollte, dass ein toller Job zwar eine schöne Sache, aber eben nicht alles war. Dass zu einem Leben, das einen ausfüllt, deutlich mehr gehörte. Himmel, sie hätte den Kuchen eindeutig nicht so gierig in sich reinstopfen sollen. Nun bekam sie einen Schluckauf, allerdings nicht nur deshalb. Obwohl sie einen Umweg eingeschlagen hatte, näherte sie sich allmählich dem Kern ihrer Geschichte, den sie zuvor noch niemandem erzählt hatte. Es war ja auch zu verrückt.
    Wie Nora so dasaß und gedankenverloren auf das glitzernde Wasser blickte, wirkte sie nicht wie die ideale Kandidatin für einen ersten Vorstoß. Nur … wenn nicht Nora, wer dann?
    Sicher war an ihren Einwänden schon etwas dran, denn nüchtern betrachtet war ja auch alles wunderbar gelaufen, ein richtig bilderbuchmäßiger Start ins Leben mit ein paar kleinen Hindernissen. Weshalb es auf den ersten Blick umso unbegreiflicher war, warum sie
    VinesGrey verlassen hatte, um in Sandfern von vorn anzufangen. Sie konnte Nora von den Augen ablesen, dass sie genau das dachte: Nur eine ziemlich naive oder – schlimmer noch
    – undankbare Person, der immer alles in den Schoß fiel, würde ein solches Risiko eingehen.
    Ja, jetzt kam sie zu dem Punkt, mit dem sich die meisten Menschen schwertaten. Selbst Ellas Eltern hatten ihre Beweggründe nicht verstanden, obwohl sie ihre Entscheidung
    akzeptiert hatten.
    »Eigentlich hast du ja recht, Nora. Es gab nichts zu nörgeln, denn VinesGrey ist vielleicht dröge, aber es lässt sich dort ganz gut aushalten. Und auch der Job war okay. Es ist nur …
    ich bin nie wirklich in Australien angekommen. Am Anfang dachte ich, es sei die
    Sprachbarriere und das fremde Land. Aber selbst als ich in der Schule nicht mehr die Neue war, bin ich lediglich lockere Freundschaften eingegangen, weil mir ständig durch den Hinterkopf spukte, dass ich ja bloß vorübergehend da bin. Ich bin in Australien nie heimisch geworden, stattdessen habe ich stets Sehnsucht nach Sandfern verspürt, bis zu dem Punkt, an dem ich mir gesagt habe: Das, was ich mache, kann ich auch in Sandfern machen. Außer meinen Eltern habe ich gefühlsmäßig nichts zurückgelassen, da war sonst niemand. Und ich bin mir sicher, dass dort auch niemand für mich aufgetaucht wäre. Ich war ja selbst nicht richtig da.«
    Nora zog ihre Augenbrauen ungläubig in die Höhe. »Du hast dort ernsthaft keine
    Freundschaften geschlossen? Wenn du etwas draufhast, dann doch wohl das. Ich kann mich noch ziemlich gut daran erinnern, dass sich selbst der schreckliche Köter unseres Nachbarn bei deinem Anblick in ein Schoßhündchen verwandelt hat, obwohl nicht einmal sein Herrchen mit ihm zurechtkam und sich vor ihm fürchtete.«
    »Der alte Hassan? Der hatte nur gelegentlich mal schlechte Laune, aber eigentlich war der lieb.«
    »Ja, zu dir. Alle anderen hätte er nur zu gern mit seinen Reißzähnen zerfetzt. Das Gleiche galt übrigens auch für
    deine Tante Wilhelmine, die vermutlich selbst noch nach dem
    Jüngsten Tag in der Hölle schmoren wird, weil sie so ein gemeines Biest war. Die hat außer dir jeden wie eine Kakerlake behandelt. Kein Wunder, dass die Handwerker lieber auf einen Auftrag verzichtet haben, als ihr unter die Augen zu treten.«
    Das ging nun aber wirklich zu weit. »Tante Wilhelmine war eigen, das gebe ich zu. Aber andererseits durftest du so oft und so lange in ihrem Haus herumtollen, wie du wolltest.«
    »Stimmt, ich durfte ihr Haus betreten, wann ich wollte«, sagte Nora mit einem Grinsen, das eine Spur unheimlich geriet. Gerade so, als würde ihr bei der Erinnerung ein kalter Schauer über den Rücken laufen. »Aber dafür hat sie mir bei jeder Gelegenheit den spitzen Finger in die Rippen gebohrt und mir zugeraunt, dass sie ein Auge auf mich hat. ›Das Silber ist abgezählt‹, war eine der freundlicheren Anspielungen.«
    Diese Geschichte musste Ella erst einmal verdauen. Zugegeben, Tante Wilhelmine war
    ganz gewiss kein Sonnenschein gewesen, sondern eine große, hagere Gestalt miteinem,
    nun ja, strengen Auftreten. Eine Kapitänswitwe eben und uralt

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