Dämonen-Spiele
dem Kleid, das die Sirene ihr gegeben hatte, tatsächlich sehr hübsch aussah; und wäre sie eine Einheimische Xanths gewesen, hätte eine derartige Verbi n dung als völlig schicklich und passend gegolten. Sicher, Cyrus war schon achtundzwanzig; aber er sah immer noch gut aus. Ein stat t licher Mann, der gewiß schon wohlerfahren war und für ein Mä d chen von sechzehn nur gut sein könnte. Viele Mädchen in Xanth hätten diese Gelegenheit nur zu gern wahrgenommen.
»Dann müssen wir es auch in angemessener Form tun«, en t schied Morris. »Denn aus dieser Geschichte ist ein Theaterstück geworden, weshalb wir sie zu wichtigen Gelegenheiten gern vo r führen.«
Jenny und Kim tauschten zweifelnde Blicke aus. Wichtige Gel e genheiten? Doch was blieb ihnen anderes übrig, als zuzustimmen und darauf zu hoffen, daß es ihnen auf irgendeine diplomatische Art und Weise gelingen würde, den Kopf aus der Schlinge zu zi e hen?
»Wir müssen dazu Rollen übernehmen«, sagte Cyrus. »Denn in dieser Erzählung geht es um die Fluchungeheuer, und die befassen sich hauptsächlich mit Schauspielerei. Ehrlich gesagt, haben wir sogar durch eine ihrer Wanderbühnen davon erfahren. Natürlich wäre es vermessen zu erwarten, daß wir es genauso gut können wie sie, andererseits bereitet es sehr viel mehr Vergnügen, es selbst aufzuführen.«
Kim fand endlich ihre Stimme wieder. »Ein Theaterstück? Ich hatte selbst mal Interesse an der Schauspielerei, aber…« Mit b e sorgter Miene brach sie ab.
»Ach, wirklich?« fragte die Sirene freundlich bemüht. »Was hat dich denn daran gehindert?«
»Ich… ich glaube, ich war für die Rolle nicht so recht geeignet«, erwiderte Kim zögernd.
»Die Rolle?« fragte Cyrus. »Konntest du dir denn keine eigene aussuchen?«
Kim lachte. »Wohl kaum! Bei uns müssen die Leute erst vorspr e chen, und nur ganz wenige Bewerber bekommen die guten Rollen. Ich wollte nicht als Statist in der Menge untergehen, deshalb habe ich mich um das Heimchen bemüht. Wie dumm von mir! Nach dieser Katastrophe habe ich die Finger von der Schauspielerei g e lassen.«
»Heimchen?« fragte die Sirene.
»Die Rolle des hübschen, stillen, unschuldigen Mädchens.«
»Aber die war dir doch förmlich auf den Leib geschnitten!« rief Cyrus.
»Es war eine paßformgenaue Katastrophe. Ich bin nämlich ein geschwätziges, herrisches, häßliches Mädchen.«
»Das stimmt ja nun wirklich nicht«, widersprach Morris. »Bisher bist du mir eher etwas zaghaft vorgekommen.«
Jenny wußte auch, warum: wegen seines peinlichen Heiratsa n trags. Aber sie wagte nicht, die Sache klarzustellen.
»Und frech wirkst du nun überhaupt nicht«, wandte die Sirene ein. »Bisher hast du dich, wenn ich das mal so sagen darf, außero r dentlich wohlerzogen benommen.«
»Und schön bist du auch«, ergänzte Cyrus. »Selbst als du völlig zerzaust warst, habe ich die Schönheitsmale in deinem Gesicht bemerkt.«
»Schönheitsmale!« rief Kim aus. »Das sind doch Pickel!«
Cyrus runzelte die Stirn. »Dienen die denn in Mundania nicht demselben Zweck? So wie Jenny Elfes Sommersprossen ihr G e sicht aufhellen?«
Jenny fuhr zusammen. Sie hatte tatsächlich Sommersprossen, genau wie Electra, die inzwischen Prinzessin war. Bisher aber hatte sie darin noch nie ein Schönheitsmerkmal gesehen. Jetzt sah sie, wie Kim versuchte, ihr Erröten zu unterdrücken. Das Thema war ihr offensichtlich sehr peinlich. Vielleicht glaubte sie ja, daß die Meerleute sie nur aufzogen. Doch selbst wenn es nicht der Fall war, wäre das auch kein Trost, denn es bedeutete, daß die Meerle u te sie für heiratsfähig hielten. Irgendwie wurde alles immer nur noch schlimmer, je netter die Meerleute wurden.
»Es ist nicht zu verkennen, daß die Mundanier wenig von Ch a rakter oder Schönheit verstehen«, meinte Morris. »Aber zufällige r weise handelt es sich hier um eine sehr gewalttätige Erzählung, in der keine weiblichen Hauptrollen vorkommen. Würdest du es vo r ziehen, die Rolle eines dominanten Mannes zu spielen?«
Kim war verblüfft. »Ach, das könnte ich doch gar nicht!«
Jenny dagegen erkannte darin einen möglichen Ausweg. Eine unweibliche Rolle könnte gerade das Richtige sein, um das Heirat s thema aus der Welt zu schaffen. »Du solltest es versuchen, Kim«, sagte sie. »Es könnte helfen.«
Kim sah sie an und begriff langsam, worauf sie hinauswollte. »Ein herrischer Mann…«, sagte sie nachdenklich. »Ja, das wäre vielleicht gut.« Dann musterte sie die
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