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Dämonen zum Frühstück

Dämonen zum Frühstück

Titel: Dämonen zum Frühstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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erzählten uns von unseren Eskapaden oder wiederholten die Geschichten älterer, erfahrenerer Jäger. So wie Allie das inzwischen bei ihren Pyjama-Partys tat, blieben auch wir bis in die frühen Morgenstunden wach und redeten miteinander. Aber das geschah nicht aus Spaß. Es war Arbeit. Es ging ums Überleben, denn schließlich bedeutet Wissen Macht.
»Deine Kindheit klingt furchtbar«, sagte Laura.
»War sie auch.« Aber obwohl das stimmte, so wusste ich doch insgeheim: Hätte ich noch einmal die Wahl, ich hätte kein anderes Leben führen wollen.
»Jetzt verstehe ich auch, warum du dich so früh aus dem Berufsleben zurückgezogen hast«, meinte meine Freundin. »Wahrscheinlich ist deine Lebenserwartung dadurch um mehrere Jahrzehnte gestiegen.«
Ich antwortete nicht. Ich musste an Eric denken. Der Rückzug aus dem Beruf hatte ihm nicht das Leben gerettet. Der Tod hatte ihn bereits auf seine Liste gesetzt und ihn nicht gestrichen. Trotz der kämpferischen Fähigkeiten, die Eric stets bewiesen hatte, war es ihm nicht gelungen, seinen letzten Kampf um Leben und Tod zu gewinnen.
»Alles in Ordnung?«
Ich schüttelte mich, um meinen Kopf wieder klar zu bekommen. »Was?«
»Ich habe dich gefragt, ob alles in Ordnung ist.«
»Ja, danke«, erwiderte ich. Ich trat an den Tisch und nahm meine Handtasche. »Ich habe einige weitere Informationen, die du googeln kannst«, sagte ich. »Hast du übrigens Lust, jetzt mit mir Eddie Lohmann zu besuchen? Ich erkläre dir dann alles Weitere auf dem Weg.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Mit dir mitkommen? Du meinst als dein Watson? Nichts lieber als das.«
»Gewöhne dich besser nicht daran«, entgegnete ich mit einem strengen Blick. Ich war mir allerdings ziemlich sicher, dass mein Lächeln die Wirkung zerstörte.
Sobald wir uns auf dem Weg zum Altenheim befanden, erzählte ich ihr von meiner Unterhaltung mit Larson und nannte ihr die Suchbegriffe, auf die sie sich in nächster Zeit konzentrieren sollte. Ich berichtete vor allem von Bruder Michael und erklärte auch, was Larson über Eddies Zustand gesagt hatte.
»Das ist traurig«, sagte sie. »Ich hatte gehofft, dass du etwas Hilfe bekommen könntest.«
»Ich habe doch dich«, gab ich zu bedenken.
»Ich dachte eigentlich eher an eine Hilfe, die nicht wie ein Mädchen kreischt und in die entgegengesetzte Richtung läuft, sobald sie eine Spinne sieht – von einem Dämon ganz zu schweigen.« Ihr Lächeln zeigte jedoch, dass meine Bemerkung sie gefreut hatte. »Wo ist die Abzweigung?«
Wir verbrachten die nächsten zehn Minuten damit, die schlecht ausgeschilderte Straße zum Altenheim und Eddie Lohmann zu finden. Ich versuchte, nicht mehr an Laura, die Kathedrale und Lazarus zu denken, sondern mich ganz und gar auf mein neues Ziel zu konzentrieren: mich um einen geriatrischen Jäger zu kümmern.
»Was wollen wir hier eigentlich?«, fragte Laura, als ich auf einem der zahlreichen leeren Parkplätze den Wagen abstellte. Ich hatte das Gefühl, dass die Bewohner von Coastal Mists nicht gerade von Besuchern überrannt wurden.
»Ich bin mir nicht sicher.« Falls er noch alle Tassen im Schrank hatte, wollte ich Eddie die Situation schildern und seine Meinung dazu hören. Aber von Goramesh einmal abgesehen, war ich auch daran interessiert, diesen alten Jäger zu treffen. Obwohl wir uns bisher nicht kannten, hatte ich doch schon das Gefühl, eine Verbindung würde zwischen uns bestehen. Wahrscheinlich nur aus Melancholie und Nostalgie. In meinem Leben gab es keine anderen Jäger mehr. Eddie aber war ein Jäger. Ergo – ich sprang auf ihn an.
Ziemlich platte Populärpsychologie, ich weiß, aber manchmal enthält die offensichtlichste Antwort die größte Wahrheit.
Vor dem Gebäude war ein hübscher Garten angelegt worden. Pflanzen in großen Kübeln säumten den Weg, der auf den Eingang zuführte, und verliehen dem Ort den Anschein eines exquisiten Hotels. Doch sobald man das Gebäude betrat, löste sich diese Illusion schnöde in Luft auf. Dort roch es antiseptisch und nach Krankenhaus, als ob die Verwaltung zu sehr darum bemüht wäre, die Tatsache zu verschleiern, dass man in dieses Haus kam, um zu sterben.
Plötzlich bemerkte ich, dass ich im Foyer stehen geblieben war und die Arme in einer Geste der Verzweiflung um mich schlang. Laura, die neben mir stand, wirkte im Gegensatz zu mir überhaupt nicht verstört. Ich rügte mich innerlich für mein Verhalten. Schließlich hatte ich schon alle möglichen Arten des Sterbens erlebt und viele

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