Daemonenbraut
verdrängt, doch jetzt, wo ich mich entscheiden musste, verspürte ich absolute Gewissheit. Julius hatte mich angezogen, weil er mir ein Ausweg vor meiner Furcht geboten hatte, aber in Wirklichkeit gab es keinen Ausweg. Ich hatte mich bei unserem ersten Treffen in Samuel verliebt, und dieses Gefühl hatte mich nie wirklich verlassen.
Julius wollte sich aus meinem Griff befreien, also stand ich auf. »Nein, Julius! Ich glaube, du wirst der anständigste Vampir, den es je gegeben hat. Aber ich kann nicht bei dir sein, weil ich dich nicht liebe. Der Vampir in dir ist ein Teil dessen, was dich ausmacht. Nach der Verwandlung wirst du immer noch Julius sein.«
»Nein, ich werde blutrünstig sein«, widersprach er mir erstickt.
»Du wirst Durst haben«, stimmte ich ihm zu. »Aber du bist stark. Wenn jemand sich gegen die Impertinenz der Vampire auflehnen kann, dann du!«
Er sah mich mit diesen blauen Augen an, die mehr von mir verlangten, als ich geben konnte.
»Ich lasse dich nicht kalt, Sophie. Das weiß ich.« Wie zum Beweis streichelte er mit dem Daumen über meinen Handballen. »Aus diesem Gefühl kann mehr werden.«
Vielleicht hätte er recht gehabt, wenn ich nicht in Samuel verliebt gewesen wäre. Ich wusste nicht, wie ich es ihm sagen sollte, ohne ihn noch mehr zu verletzen.
»Sophie.« Nun hob er die Hand und legte sie auf meine Wange. »Lass mich dich küssen.«
Kopfschüttelnd trat ich einen Schritt zurück. »Ich liebe Samuel.«
Ihm weiterhin etwas vorzumachen, wäre genauso verletzend. »Eigentlich habe ich nie wirklich aufgehört, ihn zu lieben. Als du so verführerisch um mich geworben hast, konnte ich vor diesen Gefühlen davonlaufen und mich weiterhin selbst belügen. Du hast sehr viel mit Samuel gemeinsam. Aber letztendlich kann es keinen anderen geben. Deswegen kann ich nicht bei dir bleiben. Nicht wegen des Vampirs, Julius.«
Die entstandene Stille war drückend. Julius gab nichts von seinen Gedanken und Gefühlen preis. Ich fühlte mich mies, weil ich ihn abgewiesen hatte, auch wenn ich weiß, dass es richtig gewesen war.
»Julius ...«
»Sag jetzt nicht, dass wir Freunde bleiben«, flüsterte er matt. »Das kann ich im Moment nicht ertragen.«
»Es tut mir leid«, antwortete ich stattdessen, »dass ich dich ausgerechnet jetzt im Stich lasse, wo du mich am meisten brauchst.«
»Das ist eine der Eigenschaften, die ich an dir so bewundert habe. Du hast nie jemandem etwas vorgemacht. Wahrscheinlich ist es besser so, aber jetzt wünschte ich mir, du würdest mich belügen.«
Als ich stumm blieb, lächelte er humorlos. »Du bleibst dir treu, Sophie. Das ist gut so.«
Ich sah ihm hinterher, als er sich umdrehte, um den Raum zu verlassen, und bekam Angst.
»Julius, geht es dir gut?«, rief ich ihm hinterher.
»Es ist okay, Sophie. Wie du gesagt hast, die Vampire werden mich nicht kleinkriegen.«
Als er weg war, fühlte ich mich eigenartig frei. Klar, da lauerten Schuldgefühle, aber ich hatte eine Entscheidung getroffen, und sie fühlte sich richtig an.
Noch einige Minuten wartete ich in dem Raum, doch je mehr Zeit verstrich, umso drängender wurde ein anderes Verlangen. Meine Beine setzten sich wie von selbst in Bewegung. Ich verließ Bloomfields Apartment und ließ die Vampire und Julius hinter mir.
8
Ich saß schon seit einigen Minuten vor dem großen Anwesen, hatte bisher aber noch nicht den Mut gefunden, mein Vorhaben tatsächlich in die Tat umzusetzen. Dabei war ich vor nicht mal einer halben Stunde so entschlossen gewesen.
»Verdammt«, fluchte ich leise und schloss die Augen, dann öffnete ich sie wieder, stieg aus dem Wagen und lief über die Straße. Mein Herz donnerte förmlich gegen die Rippen, ich verspürte Angst, gepaart mit Vorfreude. Es war schon spät, dennoch rief ich an.
Er meldete sich schon nach dem ersten Klingeln. Ich mochte den Klang seiner Stimme, den leichten, kaum wahrnehmbaren britischen Akzent.
»Samuel...«Ich sah zu seinem Haus hoch.
»Sophie, was ist los? Kleines, du machst mir heute Sorgen.«
»Willst du mich immer noch?«, fragte ich heiser.
Ich hörte, wie er nach Luft rang. »Gott im Himmel, ja. Natürlich!«
»Das ist gut, denn ich ... ich will dich auch.«
Er atmete schwer. »Wo bist du?«
»Vor deinem Tor.« Ich hörte ihn gehen und immer schneller laufen. Offenbar war es ihm trotzdem nicht schnell genug, denn plötzlich materialisierte er sich genau vor mir. Seine Augen glitten über mein Gesicht, gefolgt von seinen Fingern. »Was ist
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