Dämonendämmerung - Die Auserwählte (German Edition)
schufen eine natürliche Barriere, gegen die er nur schwer ankam. Und trotz Zerbrechlichkeit, die sie ausstrahlte, war sie stark. Viel stärker als es ihr zartes Wesen nach außen hin vermuten ließ. Gelal war überzeugt, dass er nicht nur um sie , sondern für das Erreichen seines Ziels auch gegen sie kämpfen musste. Schon bald würde es einflussreiche Allianzen gegen ihn geben, die aus ihren eigenen, niedrigen Beweggründen heraus versuchen würden, sie vor ihm zu schützen.
Kapitel 6 - Vorahnungen
Das Wochenende hatte Doro zu Hause verbracht. Die Ruhe tat ihr gut. Mit einigen Tagen Abstand verblassten allmählich die Ereignisse im Moor und die Heimfahrt mit Heyder. Was Alexander Maar betraf, so dachte sie weiterhin oft an ihn. Doch mit jedem Tag, an dem sie ihm nicht begegnete, meinte sie mehr Distanz ihm gegenüber zu gewinnen. Je länger sie über ihn nachdachte, desto größer wurde ihre Einsicht, dass er einfach nicht der Richtige für sie war. Sie würde ihn nicht wieder aufsuchen und es würde auch sonst keine weiteren Treffen geben. Ihre Entscheidung schmerzte sie mehr, als sie befürchtet hatte, aber alles andere machte keinen Sinn. Sie wollte nicht noch länger einer Illusion hinterher jagen, dazu fehlte ihr schlichtweg die Kraft. Ganz gleich, wie begehrenswert ihr dieser Wunschtraum erscheinen mochte.
Der heutige Tag in der Redaktion war, wie üblich ereignislos gewesen. Eines fiel allerdings auf. Die Stimmung unter den Mitarbeitern schien wieder einmal besonders gedrückt. Es war ein offenes Geheimnis, dass es dem Kirchbronner Boten in finanzieller Hinsicht miserabel ging. Bereits vor Jahren hätte Sattmann in die Modernisierung des Betriebes investieren müssen. Jetzt hatte der Bote den Anschluss an die allgemeinen Trends verpasst. Der Anzeigenteil wurde kleiner und auch die Zahl der Abonnenten schrumpfte kontinuierlich. Rund zwanzig Prozent seiner Leser hatte der Bote allein in den letzten zwölf Monaten verloren. Und so, wie es der Lokalzeitung ging, erging es bei genauem Hinsehen dem gesamten Ort. Während sich in den Nachbartälern Urlauber und Tagestouristen tummelten, weil neue Wellnesshotels, Wanderwege im Sommer und Skilanglaufstrecken im Winter entstanden, blieb Kirchbronn von alldem verschont. Seit Jahrzehnten führte die Stadt einen Dornröschenschlaf, der sie in absehbarer Zeit ins wirtschaftliche Jenseits befördern würde. Wenn die Gerüchte stimmten, die über die Zeitung kursierten, war es nur eine Frage der Zeit, wann ein weiterer größerer Arbeitgeber des Ortes seine Pforten schloss. Die Papierfabrik hatte dieses Schicksal schon vor vier Jahren ereilt…
Lilles Kopf erschien im Türspalt. „Na, bist du fertig?“
„Ja“, antwortete Doro und machte sich daran, ihre Sachen zusammen zu packen. Für heute hatte sie vom angestaubten Büromief die Nase voll.
„Gehen wir zu Franco?“, wollte Lille wissen.
„Gern.“ Den ganzen Nachmittag über hatte Doro bereits einen Heißhunger auf Francos Spaghetti Marinara gehabt. Er bereitete die Nudeln mit Meeresfrüchten nach einem alten Familienrezept zu, das angeblich von dem berühmten Giacomo di Casanova persönlich stammen sollte. Wahrscheinlich war die Geschichte nur ein guter Verkaufsgag, aber die Pasta war ein Gedicht.
Eine Viertelstunde später saßen sie in der rustikal eingerichteten Pizzeria Da Franco , die nach deutschen Maßstäben nicht italienischer sein konnte. Der Duft von frisch gebackener Pizza durchzog den Raum, aus einem CD-Player trällerte Paolo Conte Gelato al limone und auf den dunkelbraun lackierten Tischen lagen rotweißkarierte, quadratische Mitteldecken, deren Stoff sich auch in den Stuhlkissen auffing. In der Tischmitte sorgte eine weiße Kerze in einem ebensolchen Porzellanständer für die nötige Romantik. Das Besteck ruhte auf knisternden dünnen, natürlich auch weißen Papierservietten und über den Köpfen der Gäste machte ein grobmaschiges Fischernetz mit Plastikhummer, übergroßen Muschelattrappen und jeder Menge angestaubter bunter Pappmachefische das mediterrane Flair perfekt.
Auch das Da Franco war über seine Glanzzeiten in den Siebzigern nicht hinausgekommen. Der Chef, Franco Savese, klein, beleibt und mit angegrauter Halbglatze, begrüßte Doro und Lille persönlich. Er führte sie an einen freien Tisch, nahm die Bestellung auf und brachte kurz darauf jeder der beiden, als Geste der Gastfreundschaft, ein Glas Prosecco.
„Auf was wollen wir eigentlich anstoßen?“,
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