Dämonenfalle Rom
zittrige Stimme. Ein Mann sprach zu mir, er redete in einer Sprache, die ich leider nicht verstand, doch einige Worte kamen mir bekannt vor. In der Schule hatte ich so etwas gelernt. Da wußte ich Bescheid.
Das war nicht Italienisch, sondern Latein!
Ich horchte jetzt genauer hin, während ich meine Hand in der Tasche verschwinden ließ, um die Bleistiftleuchte hervorzuholen. »Wer bist du?«
Ich schaltete die Lampe ein und führte den Strahl in die Richtung des Sprechers.
Ein uraltes Gesicht schaute mich an. Der Mann kniff die Augen zusammen, weil er geblendet worden war. Ich sah seinen langen Bart, der ebenso weiß schillerte wie das Haar, das mit seinen verfransten Spitzen die Schultern berührte.
Der Mann hatte ein faltiges Gesicht, der Mund war kaum zu erkennen, dennoch blickten seine Augen klar.
Ich suchte die folgenden Worte zusammen, aktivierte dabei meine Erinnerung und fragte: »Wer bist du?«
»Stephanus.«
»Der heilige…« Dabei schüttelte ich den Kopf. Stephanus war gesteinigt und später erst heiliggesprochen worden. Davon konnte der alte Mann nichts wissen.
»Ich heiße wie derjenige, der für seinen Glauben gestorben ist«, erklärte der Alte. »Und auch ich werde bald sterben, denn sie lassen keinen von uns am Leben, den sie einmal gefangen haben. Glaube es mir, Fremder aus einer anderen Zeit.«
»Woher weißt du, daß ich aus einer anderen Zeit komme?« erkundigte ich mich.
»Das sehe ich, denn du bist anders, Fremder. Du gehörst nicht zu uns, deshalb mußt du aus einer anderen Zeit oder einer anderen Welt stammen.«
»Das ist richtig.«
»Und die Frau an deiner Seite auch?«
»Ja.«
»Wie seid ihr hierhergekommen?«
Ich lachte leise, was den Alten verwunderte. »Es ist schwer, dies zu erklären«, meinte ich. »Nimm es einfach hin, denn wir wollen versuchen, wieder in unsere Zeit zu gelangen.«
»Was sehr schwer sein wird.«
»Das stimmt allerdings.« Ich horchte auf, denn ich hatte erst jetzt den Sinn seiner Worte begriffen. »Es wird schwer sein, sagst du. Aber nicht unmöglich, oder?«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Und wie könnte ich das schaffen?«
»Du mußt aus diesem Kerker fliehen. Es ist eine Katakombe, ein Kerker der lebenden Toten…«
»Wieso?«
»Wir befinden uns hier in der Tiefe der Erde. Und man will uns einen besonderen Tod geben. Es gibt das Volk der Ägypter. Sie haben ihre Feinde eingemauert für alle Zeiten. Lebendig eingemauert, und das passiert auch mit uns. Wir sind Christen, aber die Römer setzen gegen uns eine schreckliche Magie ein, einen geheimnisvollen Zauber. Dieser Ort ist ein Tummelplatz böser Geister. Und gar nicht weit von hier gibt es eine Kultstätte, wo sich die schwarze Magie gesammelt hat. Dort hat einmal ein mächtiger Dämon seine Spuren hinterlassen. Ein Dämon, den man eigentlich nicht sehen kann, denn er besteht aus schwarzen Wolken.«
»Ich kenne den Spuk!«
»Ja, vielleicht heißt er so…«
Ich begann zu überlegen. Diese Kultstätte, von der mir berichtet worden war, konnte noch eine große Bedeutung bekommen, und sie mußte ich auf jeden Fall finden.
»Wo genau befindet sie sich?« fragte ich den Alten.
»Es ist ein Schacht, der tief in die Erde geht. Wenn du hineinschaust, siehst du das Auge des Bösen. Da mußt du hineinspringen, und dann werden dich die Zeiten verschlingen.«
»Wer haust in dem Schacht?«
»Die Schatten.«
»Der Spuk?«
»Ja, vielleicht. Aber Scorpio bewacht ihn. Er ist der Hüter, und er wird keinen an diesen Schacht heranlassen, das weiß ich genau, das hat er gesagt. Selbst die Römer lassen von dieser Stätte, denn ihre Götter besitzen einfach nicht mehr die Kraft, dieser fremden Magie zu widerstehen.«
»Vielleicht kann ich es.«
»Was macht dich so sicher, Fremder?«
»Das hier.« Ich griff unter mein Hemd und holte das Kreuz hervor. Gleichzeitig drehte ich die kleine Lampe so, daß ihr Schein auf das Kruzifix fiel.
Der alte Mann stöhnte auf. Nicht nur er war geschockt und interessiert, denn ich sah am Rand des Lichtscheins schemenhafte Gesichter erscheinen, ein Beweis dafür, daß sich auch die anderen gefangenen Christen für das Kreuz interessierten. »Woher hast du es?« fragte mich der Alte.
»Es ist eine lange Geschichte, aber das Kreuz ist…«
»Es ist das Kreuz des Hesekiel«, flüsterte der Mann voller Ehrfurcht. »Ich erkenne es.«
Ich war wie elektrisiert. Parallelen fielen mir ein. Schon einmal war ich in die Zeit der alten Römer geschleudert worden. Damals
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