Dämonenfalle Rom
duckte sich, drehte sich um und schritt in den Gang hinein.
Schon nach wenigen Schritten drang keine Frischluft mehr zu ihnen. Sie entfernten sich zu sehr von der offenen Luke, und sie befanden sich in einer anderen Welt.
Wirklich in der Unterwelt, wobei Suko glaubte, den Hauch der Geschichte zu spüren, der durch diesen düsteren unheimlichen Gang wehte. Hinter sich hörte er Lady Sarah flüstern: »Die anderen Katakomben sind wesentlich besser ausgearbeitet.«
»Wieso?«
»Da findest du breitere Gänge.«
»Und die Gräber?«
»Hat man auch touristenmäßig ausgebaut. Da kann man die stehenden und liegenden Skelette bequem besichtigen.«
»Aber was ist mit diesem?«
»Das werdet ihr noch erleben«, erwiderte Carra dumpf und begann zu lachen.
Noch sahen sie nichts. Der Gang war nur sehr schmal. Das flackernde Fackellicht zuckte über nackte Wände. Nur das Atmen der Menschen war zu hören und ihre Schritte.
Einen großen Bogen schlug der Gang und sie erreichten eine Kreuzung. Rechts und links führte ein noch schmalerer Tunnel weiter. So tief, daß ein Mensch kriechen mußte. Ein wenig Fackellicht leuchtete in den Tunnel. Suko und die Horror-Oma erkannten die ersten Grabstätten. Der Inspektor wurde an die Schuhjacher eines Leichenschauhauses erinnert. So ähnlich waren die Toten auch hier aufgebahrt worden Als er mit der Lampe nachleuchtete, traf der Strahl auf einen bleichen Totenschädel, der aus einem Fach lugte. Und das graue Netz einer Spinne glitzerte, als es vom hellen Licht gehoffen wurde. Suko schüttelte sich. Es war kein angenehmes Bild, das er da zu sehen bekam.
Dafür kicherte Carra.
»Was ist los?« fragte Suko.
Der Römer deutete nach vorn. Sein Arm zeichnete einen Schatten an die Wand, und als er den Finger bewegte, wurde das Ende des Schattens zu einem gespenstischen Vogel. »Wir brauchen nicht mehr weit zu laufen«, flüsterte er. »Gleich da drüben ist unser Ziel. Da geht es nämlich nicht mehr weiter.«
»Dann los!«
»Ja, ja, schon gut!« Er rieb sich die Hände, was ein schabendes Geräusch verursachte.
Sie überquerten die unterirdische Kreuzung. Jetzt sahen Suko und Lady Sarah Goldwyn auch die größeren Gräber, die sich rechts und links in das alte Mauerwerk hineinschoben.
Suko rechnete damit, Skelette zu sehen, doch er täuschte sich. Etwas anderes bekam er zu Gesicht.
Zombieartige Wesen, halb skelettiert, behangen mit Kleiderfetzen. Gestalten in engen Röhren liegend, die die Schritte und die Besucher gehört hatten und plötzlich ihre Augen öffneten, um die Menschen anzustarren.
Erschreckt blieb Suko stehen. Am zitternden Fackelschein erkannte er, daß es Lady Sarah auch nicht wohl war und sie erkannt hatte, was sich hier unten abspielte.
Nur Ennio Carra befand sich in seinem Element. »Weshalb geht ihr nicht weiter?« flüsterte er, wobei der höhnische Unterton seiner Summe nicht zu überhören war.
»Was soll das bedeuten?« fragte Suko scharf. »Leben diese hier Begrabenen?«
»Ja, mein Lieber, sie leben. Die Magie hat dafür gesorgt!« hauchte er.
»Die Magie… Ihr wolltet es ja nicht anders. Ich kann euch sagen, wo wir sind. Wir befinden uns hier in der Katakombe der lebenden Leichen…«
***
Ich hörte die Schreie.
Furchtbar und schrecklich. Obwohl dicke Mauern sie dämpften, konnten die Menschen, die geschrien hatten, ihre Todesangst nicht verleugnen. Als sie verstummten, war die Stille fast noch schlimmer. Erst Sekunden später wurde sie durch heftiges Atmen und Schluchzen unterbrochen. Jemand murmelte Worte, die ich nicht verstand. Es hörte sich wie ein Gebet an, und andere Stimmen fielen mit ein.
Es war grauenhaft, denn die Wachen hatten Glenda und mich in den Kerker der Todgeweihten geschleppt. Wie Vieh waren wir vorangetrieben und in das große Verlies hineingestoßen worden. Jetzt lagen wir hier auf feuchtem Boden und atmeten den Gestank ein. Eine Mischung aus menschlichen Ausdünstungen sowie Urin und Kot. Im Kerker der Christen waren wir gelandet. Hier schleifte man die schwachen Menschen hinein, die nicht mehr in der Lage waren, sich gegen die Raubtiere zu behaupten und auf andere Art und Weise grauenvoll getötet wurden.
Ich wußte nicht, wie lange ich hier gelegen hatte. Zeit spielte sowieso keine Rolle mehr, mir war nur klar, daß ich so schnell wie möglich rausmußte, und die Chancen standen nicht einmal schlecht, denn man hatte mir meine Waffen gelassen.
Wer alles um mich herumlag und wie viele Personen es genau waren, wußte ich
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