DÄMONENHASS
Aber es hat sich einiges geändert!
Wir haben uns hier in Siedeldorf eine Heimat aufgebaut, und wir wandern nicht mehr. Der Ort gehört uns! Wir haben ihn mit der Kraft unserer Hände erbaut – und damit werden wir ihn auch verteidigen! Und unsere Hände sind wahrlich stark, sogar gegen die Wamphyri! Letzte Nacht ... wurden wir überrascht. Beim nächsten Mal ist es anders, wenn wir diese Kreaturen bezahlen lassen – und zwar teuer! Denn wie ich schon deutlich gemacht habe, ist es meine Absicht, mich ihnen zu widersetzen. Meine Absicht, oh ja ...
Ihr habt allerdings die Wahl. Ich will nicht drum herum reden, die Gefahren sind groß, und ich werde niemanden bitten, zu bleiben, der sich ihnen nicht stellen will. Seid euch einer Sache gewiss: Ganz sicher werden Menschen sterben – aber ebenso gewiss auch Wamphyri! Die Wahl ist also ganz einfach!
Zieht auf eigene Faust los und werdet wieder zu Wanderern, wenn ihr darin eure Zukunft seht, und ich werde keine Einwände erheben. Lebt, so gut ihr könnt, wie wir einst gelebt haben, ohne zu wissen, was der nächste Sonnunter für euch bereithält. Auf dem Land, das durch meine Zeichen begrenzt ist, könnt ihr ungehindert umherziehen. Doch eines sage ich euch: Wenn ihr euch bei Sonnunter in der Gegend von Siedeldorf aufhaltet, kommt nicht hierher, um Hilfe zu erbitten. Jene, die dafür kämpfen wollen, sind willkommen, aber wer mich im Stich lässt, mag für immer fortbleiben.
Nun, ich sehe, dass einige bereits aufgebrochen sind. Wohlan, ich wünsche ihnen Glück. Aber wer von euch ebenfalls gehen will, sollte es jetzt tun. Es bringt mir nichts, zu Leuten zu sprechen, die sowieso nicht auf mich hören wollen ...« Danach hatte Lardis kurz gewartet, aber niemand hatte sich geregt. Wer gehen wollte, war bereits gegangen. Schließlich fuhr Lardis fort: »Nun gut. Ich erwarte Folgendes von Euch:
Ihr Männer nehmt eure Anweisungen von mir entgegen. Ihr Frauen ebenso. Wenn ihr letzte Nacht Mann oder Frau verloren habt, trauert nicht, sondern sucht euch jemand anderen. Wenn ihr einen Sohn oder eine Tochter verloren habt, trauert nicht, sondern hasst! Und aus eurem Hass müsst ihr Kraft schöpfen!
Ihr Alten und Kranken, die ihr nicht arbeiten oder helfen könnt ... Ihr könnt arbeiten, ihr könnt helfen! Nicht durch wütende Kämpfe oder schwere Arbeit, sondern in den Bereichen, in denen eure Hilfe am dringendsten benötigt wird: beim Hegen der Feuerstellen, beim Ernten der Waldfrüchte, bei der Pflege der Tiere. Ihr seid diejenigen, die die Bauarbeiter und Kämpfer verpflegen müssen, und wenn sie Zeit haben, sich auszuruhen, geht sicher, dass sie es dabei behaglich haben, so behaglich es eben geht. Denn wir haben alle unseren Teil zu leisten. Nun zu den Aufgaben ...«
Nathan war dabei gewesen. Er hatte alles gehört, was der alte Lidesci sagte, und er hatte ihn dafür bewundert.
Lardis wusste, was er wollte. Er vergaß nichts, und binnen der nächsten knappen halben Stunde war Siedeldorf in eine Emsigkeit verfallen, die es seit vierzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Und die Menschen taten genau das Gleiche wie damals: Sie rüsteten sich zum Krieg! Nathan kam sich vor wie ein Deserteur, denn er wusste, dass er bald gehen würde.
Er hatte es Lardis gesagt. Dieser hatte erwidert: »Sohn, du hast mir deine Gründe hinreichend erklärt. Ich bleibe dabei: Komm eines Tages hierher zurück. Hier wird es immer einen Platz für dich geben! Doch bevor du gehst ...« Er hatte nach Ion Romani gerufen, der eine endgültige Liste der Opfer der vorigen Nacht zusammengestellt hatte.
Auf ein Rindenstück waren die Zeichen derjenigen gekritzelt, die gesehen wurden, wie die Wamphyri sie verschleppten, die Namenszeichen derjenigen, die man abgeschlachtet oder verwandelt aufgefunden hatte, und auch derjenigen, die einfach vermisst wurden. Von den Letztgenannten waren einige wenige mittlerweile zu Vampirknechten geworden, die sich vor der Sonne in den Wäldern oder in tiefen Berghöhlen verbargen und dort auf die Nacht warteten, um den Weg zur Sternseite anzutreten.
Natürlich standen auch die Namen von Nana Kiklu und Misha Zanesti auf der Liste. Sie wurden, ebenso wie Nestor, als vermisst geführt. Nathan war klar, dass Lardis es nicht über sich gebracht hatte, die drei dorthin zu schreiben, wo sie seiner Überzeugung nach stehen müssten, nämlich unter tot und für immer verloren. Nein, denn seine Frau und sein Sohn waren an der gleichen Stelle aufgeführt.
Dann hatten Lardis und
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