Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
betrachten.«
    Ethloi tat, worum Nathan ihn gebeten hatte, und ließ seine Berechnungen über den geistigen Schirm des Jungen abrollen. Dezimalstellen, Brüche, ein wenig grundlegende Algebra und Trigonometrie, Berechnungen für die Größe der Welt, die Entfernung zum Mond, zur Sonne und den Sternen. Es war beeindruckend, aber nicht erschreckend. Nathan verstand es vielleicht nicht, aber er erkannte, dass diese Dinge im Vergleich zu einigem, was er gesehen hatte, doch recht einfach gestrickt waren.
    Dennoch übte das Schauspiel eine gewisse Wirkung auf ihn aus. Als wäre er durch diese niederen Übungen heraufbeschworen worden, brodelte der Mahlstrom der Zahlen in seinem Geist wie eine unglaubliche Windhose, die nur darauf wartete, die eindringenden Berechnungen in kleinste Teilchen zu zerreiben. Ethloi spürte davon nichts, aber er bemerkte die unverhüllten Gedanken des Necroscopen, die auf dessen Desinteresse für das Spektakel hinwiesen. Sofort erstarben die Bilder, die er auf den Schirm von Nathans Geist warf.
    Also gut, knurrte Ethloi, wollen wir doch mal sehen, welche Zahlen du zusammenträumst.
    »Meistens kommen sie im Schlaf zu mir«, eröffnete ihm Nathan. »Aber mir wird allmählich die Zeit knapp. Und als du mir deine Zahlen vorführtest, spürte ich ... spürte ich die meinigen in mir, als warteten sie auf einen Weckruf.« Er schloss die Augen. »Vielleicht kann ich sie herbeirufen.«
    Was dann folgte, geschah ... gedankenschnell! Der Mahlstrom der Zahlen brodelte vor Kraft; er sog transformierende Gleichungen so rasch in seinen Kern, wie sie sich an seinem Rand bildeten. Aus der sich rasend schnell drehenden Hohlwand schossen unglaubliche metaphysische Gleichungen in salvenähnlichen Ausbrüchen wie Sternschnuppen aus einem Meteoritenschauer hervor!
    Hör auf!, stöhnte Ethloi schließlich.
    Nathan tat wie geheißen, schlug die Augen auf und sagte: »Das ist es, wovon ich träume.« Er war nicht stolz darauf. Er wollte es nur unbedingt verstehen – und Ethloi las auch dieses Sehnen in seinem Geist.
    Aber wie kannst du so etwas hervorrufen, ohne es zu verstehen? Die Frage erklang wie ein ehrfürchtiger Hauch.
    »So, wie ich Gefühle in meinem Herzen und meinem Kopf habe«, gab Nathan zur Antwort, »die ich auch nicht verstehe.«
    Ethloi vermittelte ein geistiges Nicken und sagte: Aye, und vielleicht hast du damit deine eigene Frage beantwortet. Denn so, wie die Telepathie den Thyre zu eigen ist – durch das Blut von Gutawei dem Seher, dem Ersten in unserer Erinnerung, auf uns gekommen und durch seine Kinder und die ihrigen unter den Thyre verbreitet –, so ist dir dieser Zahlenwirbel zu eigen. Er ist offenbar so sehr ein Teil von dir wie deine blonden Haare und deine blauen Augen. Und auf die gleiche Weise kam er, hervorgebracht von einem gewaltigen Vorfahren, auch auf dich!
    »Ich habe ihn geerbt?« Rogei hatte etwas ganz Ähnliches gesagt. »Aber von wem? Nicht von meinem Vater, denn er war ein ganz gewöhnlicher Mann.«
    Dann von ebenjenem Vorfahren, der dir deine Totensprache schenkte, antwortete Ethloi.
    »Aber meine Totensprache ist ein Talent, und das hier ... ist ein Fluch!« Nathan schüttelte den Kopf. »Es quält mich! Ich kann es nicht begreifen!«
    Ethloi musste ihm darin beipflichten. Wohl wahr: Nicht alles Ererbte ist zum guten Nutzen. Bei mir war es das schlechte Gehör meines Vaters, das mich zum Ende hin ertauben ließ, gerade so, wie es ihm auch ergangen war. Es focht mich nicht weiter an: Ich verfügte immer noch über meine Telepathie.
    »Der Zahlenwirbel stellt also auch dich vor ein Rätsel?« Nathan war enttäuscht. »Du weißt nicht, was er bewirkt?«
    Was er bewirkt? Zahlen existieren, Nathan. Sie bewirken nicht unbedingt etwas. Und dennoch ... spürte ich etwas dahinter, ja. Ich kann nicht sagen, was es war. Vielleicht ist der Mahlstrom ein Schlüssel.
    »Ein Schlüssel? Wozu?«
    Zu einer Tür, oder zu vielen Türen. Ich spürte sie in deinem Bewusstsein. Türen zu weit entfernten Orten – sogar zu weit entfernten Zeiten! Die allesamt im Strudel des Mahlstroms liegen.
    »Aber zuerst muss ich die Zahlen verstehen?«
    Und sie beherrschen!, stimmte Ethloi ihm zu. Wenn du sie wie einen Jagdhund zu dir rufen kannst – sie geordnet auf dem inneren Schirm deines Geistes zeigen kannst, so wie ich dir meine bescheidenen Zahlen zeigte –, dann wird der Schlüssel dein sein.
    Nathan schwieg lange. Alles, was Ethloi gesagt hatte, entsprach dem, was er bereits seit Langem vermutet

Weitere Kostenlose Bücher