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DÄMONENHASS

DÄMONENHASS

Titel: DÄMONENHASS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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den Rand eines Hockers und schloss die Augen. Und ganz, wie Maglore ihn angewiesen hatte, hielt der Eremit das goldene Zeichen, das sich in seiner Hand erwärmte, spürte seine sonderbaren Umrisse und sandte seine Gedanken hinaus, hinaus und immer weiter ...
    ... bis über die Berge nach Turgosheim ...
    In Vladisstadt – einer Ansammlung von vielleicht einhundertzwanzig aus Holz, Grassoden, Weidenruten und Häuten errichteten schäbigen Gebäuden, die weder so ausgeklügelt noch so groß war wie Mirlu-Stadt, Tireni-Hang oder Siedeldorf – wurde Nathan zu sechs anderen jungen Männern in einen Holzpferch gesperrt, der zum größten Teil nicht überdacht war. In dem Pferch schützten ein paar schmale Planen die Gefangenen vor der Sonne. Bei diesen handelte es sich nicht um Verbrecher, sondern um Tributanten, den ›legitimen Anteil‹ der Tributeintreiber der Vampire, die nach Sonnenuntergang aus Turgosheim kommen würden, um ihre elende Steuer aus Fleisch und Blut mitzunehmen. Da die männlichen und weiblichen Tributanten getrennt verwahrt wurden, gab es zwei Pferche dieser Art.
    Man hatte Nathan den Gürtel abgenommen und ihm dafür einen Strick gegeben. Wenn man ihn mit Silber am Leib an einen Offizier der Wamphyri übergeben hätte ... dann wären die Folgen undenkbar gewesen! Den Gürtel, die Schnalle und die Scheide würde er nie wiedersehen. Was den silbernen Anhänger und die Kette betraf, die Atwei ihm zum Abschied geschenkt hatte, hatte man sie unter seinem langen Haar und dem Lederhemd nicht bemerkt. Nach Einbruch der Dunkelheit und vor der Ankunft der Tributeintreiber wollte er sie in einer Innentasche verstecken.
    Nathan stand Todesängste aus, versuchte sie sich jedoch nicht anmerken zu lassen. Die anderen Männer, die mit ihm zusammen eingepfercht waren, hielten sich jedoch keinesfalls so zurück. Er lauschte ihrem Geflüster, und ihm wurde klar, dass sie jede Hoffnung aufgegeben hatten. Sie sahen sich als Futter für die Wamphyri, und selbst wenn ihre Lieben an den Zaun traten, um mit ihnen zu sprechen, war es ihnen nahezu gleichgültig. Schwere Niedergeschlagenheit legte sich drückend auf die Stätte, die mit dem sauren Gestank der Angst durchtränkt war. Ein verhängter Abort in einer Ecke des Pferchs trug nichts zur Verbesserung der Atmosphäre bei. Nathan hätte gerne die gedämpften Unterhaltungen überhört, um seinen eigenen Gedanken nachzuhängen, aber das gelang ihm nicht. Schließlich hörte er gleichgültig zu und verschaffte sich so wenigstens bruchstückhafte Informationen.
    Die Tributeintreiber trafen etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang ein, wenn das letzte weiche Dämmerlicht noch auf dem südlichen Horizont lag. Wenn alles seinen gewohnten Lauf ging, nahmen sie Dobrujs Fleischabgaben und flogen nach weniger als eine Stunde wieder ab; aber wenn etwas nicht wie vorgesehen ablief ... dann musste jemand dafür bezahlen. Dobruj war der Hetman des Ortes, und sein Rücken trug die Narben, die sich aus früheren gelegentlichen Versäumnissen ergaben, als die Quote nicht erfüllt worden war. Einen solchen Fehler wollte er sicher nicht erneut begehen. Doch hatten zwei Ausreißer die Kopfzahl verringert, und ihnen fehlten nun zwei – oder auch nur einer, da dieser herausgeputzte Fremdling einbezogen worden war –, und Dobruj musste noch einen Weiteren auftreiben, bis die Tributeintreiber eintrafen.
    Der Tag war nicht kürzer als jeder andere Tag der Sonnseite, aber dennoch schien die Zeit wie im Flug zu vergehen. Nathan dachte an Flucht, aber außerhalb des Pferches wachten die Wächter auch über ihr eigenes Leben; denn wenn ein Tributant entkam ... Wer würde dann seinen Platz einnehmen? Als man Wasser brachte, trank Nathan davon, aber das fade Essen ließ er stehen. Die anderen rissen es an sich, als hätten sie eine Woche lang nichts bekommen. Nun ja, so schlecht standen die Dinge noch nicht, aber auch nicht gut. Er lauschte weiter auf das, was sie sich zu erzählen hatten ...
    Seit nunmehr einem Jahr und neun Monaten hatten sich die Forderungen der Wamphyri stetig gesteigert. Die Tributvereinnahmungen waren häufiger geworden, die Ausplünderung der Ressourcen der Sonnseite hatte sich verschärft. Die Lords von Turgosheim ließen die Dörfer empfindlicher als je zuvor zur Ader. Sie schienen von nichts genug bekommen zu können; in ihnen raste ein solcher Durst, ein Hunger und Feuer, die sämtliche Gier vergangener Tage in den Schatten zu stellen drohte. Und keiner wusste, woran das lag

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