DÄMONENHASS
wahrlich, das erste Wappenzeichen, das er aus seinem Beutel holte, war dasjenige Wrathas. Es zeigte einen knienden Mann mit gesenktem Kopf!«
»Ja, ja«, knurrte Maglore. »Ich kenne ihr Wappen.« Mit einem Mal kamen seine Worte zwar nicht in einem Wutausbruch, aber doch weit lebhafter als zuvor: »Korruption, Karz! Oder? Man hätte den Begriff nach ihr benennen können! Nicht Wratha die Aufgestiegene, sondern Wratha die Tiefgesunkene – tief in den Morast ihrer eigenen Korruption! Du weißt es, und die Lady weiß, dass du es weißt. Daher solltest du dich in Zukunft unter allen Umständen von ihr fernhalten. Denn ich schätze dich.«
»Ich halte mich von ihnen allen fern, Lord«, sagte Karz, ehe er sich dafür auf die Zunge biss.
Doch Maglore nickte nur und sagte: »Korruption, oh ja. Aber sollte es mich überraschen? Nein, denn wir alle – sämtliche Wamphyri – sind korrupt! Wir sind nicht unsere eigenen Herren, sondern werden von unseren Schmarotzern regiert, so wie wir über unsere Knechte herrschen. Aber während wir lediglich korrupt sind, ist Wratha bis ins Mark verderbt! «
Karz schwieg. Er wartete, und schließlich fuhr Maglore fort: »Habe ich dir jemals ihre Geschichte erzählt?«
Karz nickte. »Ja, Herr. Bis zu der Stelle, wo sie Radu Zackenknecht getötet hat.«
»Dann lass mich sie beenden.« Maglore ließ sich in seinen Sessel zurücksinken und legte die Fingerspitzen aneinander. »Denn die Menschen sollten diese Hexe und ihre Art kennenlernen, damit sie sich vor ihr hüten ...«
»Ein Jahr lang lebte Wratha mit Karl in Zackenspitze. Aber sie herrschte nicht über Zackenspitze, nur über Karl ... Und wir dürfen vermuten, dass dies sie ärgerte. Man kann ebenfalls vermuten, dass sie irgendwann sein Ei bekommen würde, aber ›irgendwann‹ kann lange dauern.
Nun war die Zackenspitze einer der höchsten Felsentürme. Bei Sonnauf verwandelten die zwischen den hohen Berggipfeln hindurchscheinenden Sonnenstrahlen die oberen Brüstungen in schieres Gold. Aus diesem Grund verhängte Karl die Fenster seiner Gemächer mit dicken Vorhängen aus gutem, schwarzem Fledermauspelz. Seine kleinen Kampfkreaturen im Horst und die Sonne draußen reichten ihm als Schutz für jene Stunden, in denen die Wamphyri ihre Betten bevorzugen, völlig aus.
In jener Jahreszeit, als die Sonne am heißesten brannte und die herberen Früchte der Sonnseite – wie Nüsse, Obst, Getreide und Wein – in vollem Saft standen, schlug Wratha zu. Sie trieb Karl im Bett bis zur Erschöpfung (an sich schon keine geringe Leistung!) und machte ihn mit gutem Wein betrunken. Als er tief und fest schlief, fesselte sie ihn mit Ketten ans Bett. Man sagt sogar, dass sie verbotenes Kneblaschöl im Zimmer versprühte, das für ihn giftiger war als für sie, denn sie war bloß eine Vampirin, während er Wamphyri war! Wohlgemerkt, für dieses letzte Gerücht kann ich mich nicht verbürgen, doch Wratha selbst brüstete sich mit dem Rest vor den anderen Ladys, als die Tat vollbracht war.
Sie behängte die Wände mit Bronzeschilden aus der guten, alten Zeit, als die Szgany sich noch gewehrt hatten – sie waren aus den Sälen der Zackenspitze entfernt und zu Spiegeln verarbeitet worden – und richtete sie alle auf Karl aus.
Dann riss sie die Vorhänge auf!
Karl erwachte auf der Stelle, und zwar schreiend. Aber er war erschöpft und betrunken. Angekettet wand er sich auf dem Bett, und seine Schreie klangen wie der Schlag geborstener Glocken, als seine Haut sich schälte und sein Blut kochte! Die Sonnenstrahlen waren auf seine Augen konzentriert, die sich in seinem Schädel in schwarze Krater verwandelten! Sein Haar ging in Rauch auf, während seine Glieder und Teile des Rumpfes aufplatzten und stinkend verdampften! Während all dies geschah, lachte Wratha wie eine Wahnsinnige in einem abgedunkelten Teil des Raumes, tanzte vor freudiger Erregung von einem Fuß auf den anderen und zerrte an einem Seil, das sie am Bett befestigt hatte, um Karl noch weiter ins Sonnenlicht zu ziehen.
Karls Körper warf Runzeln und schrumpfte zusammen. Er war erledigt. Sein Schmarotzer verließ ihn, wand sich zappelnd durch seinen Rumpf und durchbrach schließlich die Bauchdecke. Als Wratha dies sah, schloss sie die Vorhänge, lief zu Karls Bett und schlug ihm den verkohlten Kopf mit demselben Silberschwert ab, das sie für Radu Zackenknechts Hinrichtung verwendet hatte!
Dann wandte sie sich seinem Vampir zu, der ebenfalls tödliche Verbrennungen erlitten hatte
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