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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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entspannt; niemand achtete auf sie.
    Sie wusste nicht, ob sie mit Weller verabredet war und wo sie ihn treffen sollte. Es war kalt, lange wollte sie nicht mehr warten. Sie beobachtete das Eintreffen weiterer Gäste und eine nervöse Debütantin, die mit dem Linkswalzer wohl die gleichen Probleme wie Anna hatte, denn das Mädchen probierte im Schutz der Säulen ein letztes Mal die eingeübten Schritte. Entspann dich, Mädel, dachte Anna. Die Welt stürzt nicht zusammen, wenn du deinem Partner mal auf die Füße trittst.
    Mit Erstaunen stellte Anna fest, dass es ihr nicht das Geringste ausmachte, alleine unter all den Paaren zu sein. Früher hätte sie vor lauter Unsicherheit kehrtgemacht. Nun aber stand sie, ruhig und abwartend, etwas abseits des großen Getümmels und genoss es, Teil dieser Inszenierung zu sein, aber Gott sei Dank nicht im Mittelpunkt zu stehen.
    »Das ist Weller!«
    Der Schrei eines Fotografen ließ Anna zusammenfahren. Weller eilte, die Augen durch eine Sonnenbrille verdeckt, die Treppe mit dem roten Teppich hinauf, ohne nach links und rechts zu sehen.
    »Hierher!Herr Weller, bitte!«
    »Einen Augenblick!«
    Fernsehkameras folgten ihm, grelles Blitzlichtgewitter erleuchtete die Menge und die Fassade der Oper. Weller würdigte niemanden eines Blickes und verschwand im Haus.
    Anna straffte die Schultern. Arbeitsbeginn. Sie drückte sich um die Wartenden herum und schlüpfte, unbeachtet und unbemerkt, in das gewaltige Foyer.
    Der Ball des Zodiak, das wurde Anna schon am Eingang klar, war die Wiederauferstehung der alten Donaumonarchie für eine Nacht. So viel Putz, Tand und echte Juwelen hatte sie noch nie auf einmal gesehen. Die Luft war geschwängert von schwerem Parfüm und Puderduft. Kostüme wie aus dem Fundus einer Mozart-Produktion beherrschten das Bild. Annas Kleid, so elegant es auch war, wirkte fast ein wenig bescheiden inmitten all der prachtvollen Roben.
    Sie sah sich um. Weller war nirgends zu sehen. Alle strömten hinauf zum Ballsaal, wo wohl demnächst mit dem Einzug der Debütanten der Abend eröffnet wurde. Anna ließ sich von dem Strom mitziehen und befand sich wenig später am Rand der riesigen Tanzfläche, die freigehalten wurde für den Auftritt der jungen Paare und ihre ersten Schritte auf dem spiegelglatten Parkett der Gesellschaft. Sie nahm ein Glas Champagner, das ein aufmerksamer Kellner den Gästen anbot, und schlenderte durch das Haus. Als das Orchester einsetzte und die Gäste zu applaudieren begannen, bog sie ab in den Marmorsaal. Er war um diese Zeit fast leer. Anna ließ sich in einen der Sessel sinken, nippte an ihrem Glas und behielt den Eingang im Auge. Erfahrungsgemäß kamen alle Gäste im Laufe eines Abends überall wenigstens ein Mal vorbei. Sie musste also nur von ihrem Logenplatz aus den Eingang im Auge behalten, und Weller würde ihr direkt in die Arme laufen.
    Was der Himmel verhüten möge.
    Wieder zog sich ihr Herz zusammen. Jedes Mal, wenn sie an ihn dachte, reagierte ihr Körper anders als ihr Verstand. Der Kopfsagte: Lass die Finger von ihm. Er ist ein herzloser Egoist, dem nichts heilig ist. Ihr Körper sagte: Du willst ihn. Du brauchst ihn. Du hast noch nie einen Mann getroffen, der ein solches Verlangen in dir ausgelöst hat.
    Anna trank ihr Glas in einem Zug leer. Sie war trotzdem nicht bereit, sich und ihre Ideale zu verraten. Ihre Finger tasteten über die kleine Abendtasche. In ihr lag der Kieselstein. Sofort wurde sie wieder ruhig. Ihr würde nichts geschehen, solange sie ihn bei sich trug. Alles Gute war in ihm verborgen und strahlte Wärme ab, wann immer sie sie brauchte. Sie dachte an ihren Vater und wie stolz er gewesen wäre, wenn sie an diesem Abend an seinem Arm durch die Räume schreiten könnte.
    Ich kämpfe für dich, dachte sie. Du wirst dein Haus nicht verlieren, an dem all unsere schönen Erinnerungen hängen. Ich werde Weller zur Rede stellen. Ich werde ihn zwingen, sein Bauvorhaben aufzugeben.
    Ein anderer Kellner tauschte ihr leeres gegen ein volles Glas aus. Anna bedankte sich mit einem Kopfnicken. Sie hatte keine Ahnung, womit sie Weller zu so einem Schritt zwingen könnte. Ihre Zuversicht wuchs mit dem nächsten Schluck.
    Auf dich, Weller.
    Eiskalt und perlend rann der Champagner durch ihre Kehle und belebte sie. Sie musste auf sich aufpassen. Noch ein Glas, und sie würde den Kellner zum Tanzen auffordern.
    »Auf uns.«
    Anna fuhr herum. Hinter ihrem Sessel stand Weller. Er trug ebenfalls ein Glas in der Hand, das er ihr

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