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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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öffnete, kreuzte sich sein Blick im Spiegel mit dem einer mageren blonden Frau, die bereits seit fast einer halben Stunde auf dem Laufband arbeitete. Er taxierte sie im Bruchteil einer Sekunde und ließ sie dann links liegen. Nicht sein Typ. Zu verbissen. Er mochte Frauen, die sich auch wie Frauen anfühlten. Die weich, warm und anschmiegsam waren und den reizvollen Kontrast zu seinem harten Körper milderten.
    Er stand auf und spürte, dass sie ihn weiterhin ansah. Es war warm in dem Raum. Ein schwacher Duft von Chlor und Schweiß lag in der Luft. Er ging zu den Duschen, und wenig später stand er, von Kopf bis Fuß eingeseift, unter dem harten, kalten Strahl. Als er das Wasser abstellte, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Es war ihm erfolgreich gelungen, den Gedanken an den morgigen Tag zu verdrängen. Doch als er in den weißen Bademantel schlüpfte und den Gürtel um die Taille verknotete, verdüsterte sich seine Stirn.
    Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er diesen übereifrigen Fotografen mit der linken Hand zerquetscht. Dann aber hatte sich dieses merkwürdige Mädchen eingemischt und ihn daran erinnert, was ein genüsslich zelebrierter Mord in einem Kurpark-Café an unerwünschten Begleiterscheinungen nach sich ziehen würde. Anna Sternberg. Ein Leichtgewicht. Unscheinbar. Niemals hätte er sie wahrgenommen, wenn sie nicht plötzlich vor ihm gestanden und von ihm verlangt hätte, sich zu entschuldigen. Wofür eigentlich? Dieser Fotograf war eine der vielenlästigen Begleiterscheinungen, denen man ab einem gewissen Macht- und Einflusslevel ausgesetzt war. Dennoch musste er ihr dankbar sein. Sie hatte bemerkt, dass Fotos von ihm existierten, die er nicht autorisiert hatte. Das konnte gefährlich werden. Er musste über alles, was seine Person betraf, die Kontrolle behalten.
    Die Uhr an der Wand zeigte zehn vor neun. Er hoffte, sie würde pünktlich sein. Er würde ihr schnell einen Scheck ausstellen – drei Minuten, ein wenig mit ihr plaudern – vier Minuten, ihr etwas zu trinken anbieten, das sie hoffentlich ablehnen würde – eine Minute, und sie dann charmant zur Tür begleiten. Zwanzig Sekunden. Um zehn nach neun wäre er sie los.
    Ich brauche dich.
    Er hatte ihren Gedanken so deutlich gelesen, als hätte sie ihn auf eine der Papierservietten geschrieben, die auf den Tischen herumgelegen hatten. Es wäre ein leichtes Spiel, sie ins Bett zu bekommen. Fünfzehn Minuten. Inklusive Vor- und Nachspiel.
    Er fuhr sich mit den Fingern durch die feuchten Haare. Sie würde ihn langweilen. Und wenn die Zeit auch schon seit langem eine andere Wertigkeit für ihn hatte, für Langeweile waren ihm auch fünfzehn Minuten zu viel.
    Der Aufzug glitt die sieben Stockwerke hoch, und Anna betrat einen mit dicken Teppichen ausgelegten Flur. Indirektes Licht verlieh den seidenbespannten Wänden einen diskreten Schimmer. Nach links, hatte man ihr an der Rezeption gesagt und sie mit einem rätselhaften Blick gemustert. Damen, die um diese Uhrzeit die Casino-Suite aufsuchten, sahen in den Augen erfahrener Portiers wohl anders aus.
    Am Ende des Flurs gab es nur eine Tür. Entschlossen ging sie darauf zu, hob die Hand und klopfte an. Niemand öffnete. In einer Sekunde aufflackernder Panik sah sie auf ihre Armbanduhr. Hatte sie sich verspätet? Sie hasste es, zu spät zu kommen. Noch mehr aber hasste sie es, wenn andere sich verspäteten. Aufatmend registrierte sie, dass sie absolut in der Zeit lag. Sie klopftenoch einmal. Ganz langsam züngelte in ihr ein böser Verdacht. Ob Weller sie etwa versetzt hatte? Anna lehnte für einen Moment die Stirn an die Tür, um die gesamte Wucht dieses Gedankens wenigstens ein bisschen abzufedern. Das erste Mal war ihr das beim Abschlussball der Tanzstunde passiert. Versetzt zu werden war eine Erfahrung, die nicht weniger schmerzhaft wurde, je öfter man sie erlebte.
    Die Tür öffnete sich, Anna verlor das Gleichgewicht und landete in den stärksten Armen, die sie jemals im Leben gespürt hatte. Der Mann trug einen bis zur Taille offenen Bademantel, und die nackte Brust, an die Anna ungewollt taumelte, war glatt wie die einer Marmorstatue und ungefähr ähnlich proportioniert. Sofort kniff sie die Augen zusammen und befreite sich aus dem Griff.
    »Ent… Entschuldigung«, stammelte sie.
    Sie tastete nach der Wand und drehte sich hastig um. »Tut mir leid. Ich falle sonst nicht mit der Tür ins Haus.«
    Die plötzliche Berührung hatte sie völlig aus dem Konzept gebracht. Sie versuchte

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