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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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Genau. Lagerfeuer. Baumharz und sprühende Funken, rotglühende Baumstämme unter weißer Asche. Warum gaukelte ihre Phantasie ihr ständig Bilder vor, wenn sie zu nahe bei ihm stand? Sie wich einen Schritt zurück, kam mit den Kniekehlen an den Couchtisch und taumelte. Bevor sie erneut das Gleichgewicht verlor, fing er sie auf.
    Es war ein anderer Griff als noch vor wenigen Minuten an der Tür. Er hielt ihre Arme fest wie ein Schraubstock, und die Kraft, mit der er das tat, schien ein rotglühender Strom Lava zu sein, der direkt in ihre Adern schoss. Die Vision eines Magma speienden Vulkans flackerte in ihr auf. Plötzlich stand die Erde still. Nur in ihren Ohren dröhnte es, als könnte sie das Universum hören. Sie sah in seine Augen, und in diesem Moment verengten sich seine Pupillen zu winzigen Punkten.
    In schlechten Filmen küsst man sich jetzt.
    »Ach ja?«
    Weller beugte sich herab. Seine Lippen kamen näher. Anna war immer noch gefangen in diesem Griff, der nicht annähernd eine Umarmung war. Sie versuchte, an ein Eisentor zu denken. Ein großes Eisentor, das sich langsam zwischen sie und ihn schob. Es gelang ihr nicht. Seine Lippen, schmal und geschwungen wie die einer römischen Statue, berührten sie fast. Ein Garagentor, dachte sie, mit Rollmechanismus. Und Fernbedienung. Das man vom Auto aus öffnen und schließen kann. Schließen, vor allen Dingen … Eine unglaubliche Hitze ging von seinen Lippen aus, ein glühender Schwindel erfasste sie. Eine Gartentür. Vielleicht, bitte, eine Gartentür mit einem rostigen Vorhängeschloss, zu dem der Schlüssel schon vor Generationen verloren ging …
    Langsam, mit einem Ausdruck größten Erstaunens, löste er seinenGriff. Er stand mit erhobenen Handflächen vor ihr, als ob sie eine Waffe trüge und er sich ergeben müsste. Ungläubig blickte er von einer Hand auf die andere. Anna vergaß zu atmen. Das wäre im Moment sowieso nicht möglich gewesen, denn ihr Hals war wie zugeschnürt. Was dann geschah, überstieg bei Weitem alles, was sie im Zusammenhang mit Weller gehofft und befürchtet hatte.
    Er trat wieder zu ihr, nahm sie in die Arme und küsste sie.
    Nicht zärtlich und romantisch, auch nicht linkisch und zurückhaltend, sondern fordernd, ohne dass sie auch nur an Widerstand denken konnte. Er war eine Naturgewalt, die ihr den Atem raubte und ihren Verstand in zuckenden kleinen Blitzen untergehen ließ. Seite rechte Hand löste sich von ihrer Schulter, glitt hoch in ihren Nacken und verweilte einen Moment, während sein Daumen die zarte Linie ihres Halses entlangfuhr bis an ihr Kinn. Ein ziehender, unendlich wohliger Schmerz schüttete sich in ihr aus, rann mit einer glühenden Feuerspur durch ihren Leib, um sich zwischen ihren Beinen zu sammeln. Sie fühlte sich getragen und gefangen gleichzeitig. Seine Zunge spielte mit ihr, lockte sie, glitt in sie hinein wie ein heimtückisches, elegantes Tier, seine Zähne gruben sich in ihre Unterlippe. Ihr Mund war feucht und nass, und schlagartig wurde ihr klar, dass es wohl nicht allein ihr Mund war. Weller hatte etwas gefunden und zum Sprudeln gebracht, von dem sie glaubte, dass es schon lange versiegt wäre.
    Aufhören!
    Der Schrei raste wie eine Guillotine durch ihren Kopf. Ein silbernes Fallbeil, das abrupt alle niederen Instinkte, denen sie so plötzlich ausgeliefert war, kappte. Weller taumelte einen Schritt zurück, als hätte sie ihn geschlagen. Ohne sie noch einmal anzusehen, drehte er sich um und verließ den Raum.
    Anna fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Der Kuss war so hart und fordernd gewesen, dass sie sich taub anfühlten. Sie war unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Ihre Knie zitterten, ihr Körper war plötzlich wie ausge laugt. Sie spähte in die Richtung, in der Weller verschwunden war. Eindeutig das Schlafzimmer. Was erwartete er jetzt von ihr? Dass sie ihm folgte wie ein Hund? Verletzter Stolz, Wut und Panik wechselten sich ab. Hastig sah sie sich um und schlich zur Tür. Gerade als sie die Hand nach dem Knauf ausstreckte, hörte sie hinter ihrem Rücken seine Stimme.
    »Wasmachst du mit mir?«
    Sie ließ die Hand sinken. Verwunderung und ungläubiges Staunen lagen in diesen Worten. Und eine gerade noch in Schach gehaltene Wut.
    »Was zum Teufel soll das?«
    Anna wusste nicht, ob sie sich ärgern oder fürchten sollte. Blitzschnell drehte sie sich um, eine geharnischte Antwort auf den Lippen, die sie im selben Moment schon vergessen hatte.
    Er stand im Türrahmen.

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