Dämonenherz
angeborene Flügel.«
Das Lächeln sollte beruhigend sein, aber aus irgendeinem Grund regte sich Wellers Misstrauen. Trotzdem nahm er auf dem Sessel Platz und öffnete sein Hemd. Summers schloss einige Elektroden an und zog dann eine kleine Bedientafel zu sich, die hinter der Lehne verborgen gewesen war. Mit erstaunlicher Fingerfertigkeit tippte er darauf herum.
»So!«
Freudestrahlend berührte er die Tafel ein letztes Mal mit dem Zeigefinger. Ein glühender Schmerz schoss durch Weller. Er fühlte sich, als habe ihn ein Pfeil durchbohrt. In seinen Ohren dröhnte es, durch seine Adern floss glühende Lava. Das Dröhnen schwoll an, rauschte über sein Bewusstsein wie eine schwarze Klangwelle, die ihn gleichzeitig ersticken und ertränken wollte. Als die Empfindung nicht mehr zu ertragen war, brach sie ab. Weller rang nach Luft. Er hatte das Gefühl, kurz vor der Bewusstlosigkeit zu stehen. Nur mit größter Anstrengung konnte er die Augen öffnen und sah in das besorgte Gesicht des másters .
»Was war das?«
Seine Stimme klang heiser. Die Kehle tat ihm weh, als hätte ein Dolch sie durchbohrt. Summers wich seinem Blick aus und schob bedächtig die Tafel wieder hinter die Lehne des Sessels.
»Das war dein Herzschlag.«
»Was?«
»Dein Herzschlag. Dein Herz. Es schlägt. Das kann vorkommen.«
Summers stand auf und ging vorbei zu dem Seziertisch. Dahinter befand sich ein Schrank mit einer Hängeregistratur. Summers zog ein Fach auf und legte Wellers Akte darauf. Dann drehte er sich mit einem bedauernden Heben der Schultern zu Weller um.
»Wir vergessen vor lauter ewigem Leben, dass wir eigentlich tot sind. Und dann kommt so ein Herzschlag, bummbumm, bummbumm – und stellt alles auf den Kopf.«
»EinHerzschlag?«
»Ja. Wann ist dir das zum ersten Mal aufgefallen?«
Summers holte einen Bleistift aus der Tasche seines Kittels und schlug die Akte auf. Dann sah er abwartend zu Weller, der sich sichtlich benommen erhob.
»Ich weiß es nicht. Vor ein paar Wochen.«
»Gab es einen bestimmten Anlass? Eine Begegnung? Etwas, das dich vielleicht entgegen aller Erwartung berührt hat?«
Weller dachte nach. »Nichts Besonderes. Ich habe mit einer Frau geschlafen.«
Summers notierte die Aussage, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Und dann? Haben sich die Beschwerden wiederholt? Wann? Und wobei?«
»Wenig später. Ich hatte eine Besprechung.«
»Mit wem?«
»Mit dieser Frau.«
Summers hob die rötlichen Augenbrauen, blieb aber neutral.
»Gab es weitere Vorfälle?«
»Ja. Als ich mich entschloss, diese Frau zu meiner Amazone zu machen.«
Summers ließ den Bleistift sinken. Nachdenklich starrte er auf seine Notizen.
»Wer ist sie?«
»Eine Deutsche. Sie arbeitet für mich.«
»Als was?«
»Sie überbringt die Verträge an die Rekruten.«
»Weiß sie, was sie tut und wer du bist?«
»Nein. Noch nicht. Sie hatte eine Begegnung, aber ich habe ihre Erinnerung daran zu einem Traum gemacht.«
Summers klappte die Akte zu. Dann hängte er sie an die richtige Stelle und schob die Registratur zu. Einen Moment blieb er, die Hände in den Taschen seines Kittels, davor stehen.
»Liebt sie dich schon?«
»Ich denke ja.«
»Und du?«
Wellerwar gerade dabei, sein Hemd zuzuknöpfen. Mitten in der Bewegung hielt er inne.
»Wie meinst du das?«
»Was empfindest du für sie?«
Weller beendete sein Werk und griff zu seinem Jackett. »Ich betrachte sie als mein Werkzeug.«
»Nicht anziehen. Wir sind noch nicht fertig.«
Die Tür am Ende des Raumes wurde geöffnet. Tammy erschien mit einem Servierwagen, den sie vorsichtig in Richtung der beiden Männer schob. Auf ihm befanden sich eine silberne Teekanne, Sahne, Zucker sowie zwei Tassen mit Untertassen. Auf einer Etagere lagen Scones, das traditionelle englische Buttergebäck, dazu zwei kleine Schalen mit clotted cream und Marmelade. Das Arrangement klirrte leise, als sie den Wagen neben dem OP-Tisch stoppte und die Rollen feststellte.
»Der Tee.«
Summers lächelte. »Danke, meine Liebe. Ich fürchte, unsere kleine Pause wird noch etwas warten müssen. Ich habe bei unserem werten Besuch eine Psychostimulation mit positivem Befund durchgeführt.«
Wenn diese Information eine Reaktion in Tammy auslöste, so ließ sie sich nicht das Mindeste anmerken. Ohne auf Summers’ Einwand zu achten, nahm sie die Kanne und schenkte ein.
»Dann wird Mister Weller ja eine kleine Stärkung zu schätzen wissen. Und du auch.«
Mit einer Geste, die keinen Widerspruch duldete, drückte
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