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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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sehr krank sein. Sein schmächtiger Körper verschwand fast in dem weiten Seidenmantel, den er sich übergeworfen hatte. Auf dem Kopf trug er eine winzige Kappe, unter der einige schüttere Haarsträhnen hervorlugten. Er war blass, eine fast pergamentartige Haut spannte über den Wangenknochen. Sein schütterer Schnurrbart reichte bis zu den Mundwinkeln. Die Lippen waren dünn und blutleer.
    Keiner rührte sich, keiner sagte ein Wort.
    »Guten Tag.« Anna räusperte sich. »Ich überbringe die gewünschten Dokumente im Auftrag von Carl Weller.«
    Der Mandarin blinzelte sie aus trüben Augen an. Anna stellte die Aktentasche vor sich auf den Tisch und öffnete sie. Erst als sie die Ledermappe herausgeholt hatte und der Mandarin das Skorpionzeichenerkannte, schien etwas Leben in ihn zurückzukehren. Er streckte seinen Arm aus. Mit zitterndem Zeigefinger deutete er auf die Dokumente. Anna übersetzte das als Aufforderung, sie ihm zu bringen.
    »Bitte sehr.«
    Sie legte die Mappe vor ihm ab. Damit war sie am Ende ihres Lateins. Sollte sie jetzt gehen? Der Mann, der am Nächsten stand, trat vor, öffnete die Mappe und reichte dem Mandarin einen Füllfederhalter. Anna versuchte diskret, einen Blick auf das Schriftstück zu erhaschen, aber wieder konnte sie keinen einzigen der Buchstaben entziffern.
    Der Mandarin unterschrieb. Das schien ihn die letzten Kräfte zu kosten. Mit einem Aufseufzen sank er in seinem Stuhl zurück. Der junge Chinese nahm den Füller wieder an sich, schloss die Mappe und reichte sie Anna.
    »Wir bedanken uns«, sagte er. »Doch größer wäre unsere Freude, wenn wir beim nächsten Mal nicht so lange warten müssten.«
    »Das tut mir leid. Ich dachte, ich wäre pünktlich gewesen.«
    Der Mandarin hob die Hand. Augenblicklich verschloss sich die Miene des jungen Mannes. Er trat wieder zurück in die Reihe.
    »Beleidige nie den Boten.«
    Es waren die ersten Worte, die Anna aus dem Mund des alten Mannes hörte. Sie war erstaunt, wie kräftig und laut sie klangen. Überhaupt richtete der Mann sich nun auf und sah bei Weitem nicht mehr so hinfällig aus wie noch vor ein paar Minuten. Der Blick, mit dem er Anna musterte, schien klarer.
    »Wir haben lange um die Aufnahme in die Bruderschaft gebeten. Seit heute gehören wir dazu. Das ist nicht die Zeit, von Vergangenem zu reden. Jetzt beginnt die Zukunft.«
    Anna war erstaunt, diesen eben noch Todkranken von Zukunft reden zu hören. Doch im selben Moment kam er ihr auf wundersame Weise verjüngt und gekräftigt vor. Sie nahm die Mappe wieder an sich.
    »Ichwerde das Dokument dann also Herrn Weller zurückbringen?«
    Der Mandarin nickte und stand auf. Er reichte Anna kaum bis zur Schulter. Er verbeugte sich. Anna tat es ihm gleich.
    »May Ling wird Sie hinausbegleiten. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen.«
    May Ling wartete bereits hinter der Tür auf sie. Ihre Augen strahlten, sie lächelte über das ganze Gesicht und trat mit Anna hinaus auf die Limmatgasse.
    »Wann sehen Sie den ehrenwerten Herrn Weller wieder?«, fragte sie.
    Anna grinste, weil der Begriff »ehrenwert« so ziemlich der letzte war, der ihr im Zusammenhang mit Weller in den Sinn gekommen wäre.
    »Morgen früh, nehme ich an. Ich werde heute Abend wohl keine Maschine nach Frankfurt mehr bekommen.«
    »Herr Weller ist zurzeit in Deutschland?«
    May Lings Mandelaugen wurden noch eine Spur schmaler. Ein verträumter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Sagen Sie ihm doch bitte, wir alle würden uns sehr über einen Besuch freuen. Sofern er die Gelegenheit dazu findet.«
    Vor allem du, dachte Anna. »Sie kennen ihn persönlich?«
    »Oh ja.«
    May Lings Lächeln vertiefte sich. »Wir sind uns schon einmal begegnet.«
    Sie dehnte das letzte Wort absichtlich in die Länge. Anna sollte wohl eine Vorstellung davon bekommen, wie diese Begegnung abgelaufen war.
    »Dann wissen Sie ja, dass er wenig Zeit hat.«
    »Für seine Freunde hat er immer Zeit.«
    Freunde. Auch dieses Wort bekam aus May Lings Mund einen zweideutigen Unterton. Anna konnte sich nicht vorstellen, dass Weller das Wort Freunde überhaupt buchstabieren konnte. May Ling schien sich nun aus den zweifellos schönen Erinnerungen an Weller zu lösen. Sie ging die Stufe hinab und stellte sich ne benAnna auf die Straße, die still an diesem frühherbstlichen Abend dalag.
    »Seit wann sind Sie schon seine A… äh … angestellte Assistentin?«
    »Noch nicht sehr lange. Das ist mein erster Auftrag.«
    »Oh.«
    Alles in May Lings Gesicht

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