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Dämonenherz

Dämonenherz

Titel: Dämonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Talbot
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Karajan ein Stück Sachertorte zu verspeisen.
    Zu ihrer größten Freude bekam Anna einen Schlüssel für ihr Zimmer. Wenigstens an diesem Haus war die allgegenwärtige Chipkartenmanie vorübergegangen. Ein livrierter Page begleitete sie bis in den dritten Stock, zeigte ihr die Räume und ließ sie dann, nachdem sie ihm einen Geldschein in die Hand gedrückt hatte, allein.
    Aufatmend sah Anna sich um. Es war ein hübsches Zimmer mit gestreiften Tapeten und einem kleinen Baldachin aus roter Seide über dem Bett. Ein Lüster aus Muranoglas verbreitete schmeichelndes Licht. Sie warf ihre Reisetasche ins Bad und beschloss, später auszupacken. Aus einem Lautsprecher über den Spiegeln klang, wie sollte es anders sein, Walzermusik.
    Anna hob die Arme und tanzte durchs Zimmer.
    »Links zwo drei, rechts zwo drei …«
    Mitten aus der Drehung heraus ließ sie sich aufs Bett fallen und starrte an die Zimmerdecke. Die Walzerseligkeit verebbte. Sie war immer noch zu verletzt, um sich an der Stadt und ihren Möglichkeiten zu erfreuen.
    Nichts da! Anna schleuderte ihre Schuhe von den Füßen, sprang auf und lief über den weichen Teppich zu einem zierlichen Schreibtisch aus Mahagoni. In dickes Leder gebunden fand sie die Karte des Room Service sowie eine Liste aller weiteren Annehmlichkeiten, die das Hotel bot.
    »Fiakerfahrt zum Prater«, murmelte sie, während sie die Angebote überflog. »Ausflug in ein Heurigenlokal. Theaterkarten. Lipizzaner. Porzellan-Manufaktur. Schloss Schönbrunn.«
    Sie klappte die Mappe zu. Als sie die Hand zum Telefon ausstreckte, fiel ihr die Obstschale auf, die eine liebevolle Hand arrangiert hatte. Zwischen einem Pfirsich und einer Aprikose steckte ein weißes Kuvert. Anna öffnete es und zog eine Karte heraus.
    »Sehrgeehrte Frau Sternberg, wir begrüßen Sie in unserem Hause. Der Limousinenshuttle zum Ball des Zodiak wartet um 18 Uhr. Wir wünschen Ihnen einen beschwingten Aufenthalt!«
    Anna runzelte die Stirn und betrachtete die Karte von allen Seiten. Mehr als diese dürftigen Angaben waren ihr nicht zu entlocken. Offenbar hielt man sie für einen Ballgast. Sie rief die Rezeption an, um diesen Irrtum aufzuklären.
    »Aber ja, gnä’ Frau«, antwortete der gute Geist am anderen Ende der Leitung. »Die Karte ist auf Ihren Namen hinterlegt.«
    »Aber …« Anna sah an sich hinunter, doch Jeans und Sweatshirt, die sie für den Flug gewählt hatte, verwandelten sich nicht in ein Abendkleid.
    Das wäre ja jetzt auch ein bisschen viel verlangt, dachte sie. »Gibt es sonst noch Nachrichten für mich?«
    »Einen Moment bitte.«
    Die schöne blaue Donau dudelte aus der Warteschleife. Offenbar konnte in Wien niemand dem Dreivierteltakt entkommen.
    »Herr Weller erwartet Sie um siebzehn Uhr dreißig.«
    »Herr Weller? Er ist hier?«
    Damit hatte Anna nicht gerechnet. Ihr Chef hatte kein Wort davon gesagt, dass er ebenfalls nach Wien kommen wollte.
    »In der Präsidentensuite«, kam die Antwort aus dem Hörer.
    Nur Präsident, nicht gleich der Kaiser?, wollte Anna erwidern, doch sie verkniff sich diese kleine Lästerei. Die Hotelangestellten konnten es sich schließlich nicht aussuchen, wer in ihren Zimmern übernachtete.
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
    »Bitte? Ähm … Entschuldigung, ja.« Anna nahm die Karte des Room Service. »Den geräucherten Zander mit Bachkrebsen, Avocado und … Paradeiser?«
    »Tomaten, gnädige Frau.«
    »Oh ja, danke. Dann der Tafelspitz mit … Apfelkren?«
    »Meerrettich.«
    »Dillfisolen und Erdäpfel-Vogerlsalat?«
    »Bohnenund Kartoffel-Feldsalat.«
    Meine Güte, warum schrieben sie das dann nicht auch so in die Karte? Anna fragte sich, wie Gäste ohne Sprachkenntnisse in Österreich überleben konnten.
    »Und eine Sachertorte, die kleine«, beendete Anna die Bestellung.
    »Etwas zu trinken, gnädige Frau?«
    »Ja. Champagner. Den besten, den Sie haben.«
    Sie legte auf. Aber die Hochstimmung, in die sie diese Bestellung versetzt hatte, hielt nicht lange an. Sie ging ins Bad und unterzog zunächst sich selbst und danach den Inhalt ihrer Reisetasche einer kritischen Prüfung. Keines von beidem würde der Einlasskontrolle des Ball des Zodiak gerecht werden. Sie sah auf ihre Uhr. Ob sie Weller an diesem Abend sehen würde? Wieder beschleunigte sich ihr Herzschlag.
    Das kommt nur davon, dass du dich freust, ihm die Verliebte vorzuspielen, dachte sie. Doch ein Blick in den Spiegel bestätigte ihr, dass Vorfreude anders aussah. Ihre Augen waren umschattet von

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