Daemonenherz
schwierig. Ich erzählte dir doch, wer Lilith ist?»
Ich nickte. «Sie war Adams erste Frau.»
«Ja. Wir wissen bis heute nicht, ob sie Lucifel so treu ergeben ist, weil sie ihm so unendlich dankbar ist, oder ob sie ihn liebt. Was wir allerdings wissen ist, dass sie eine Sonderstellung genießt. Nicht nur bei ihm. Bei allen hier. Ich denke, Lilith ist das reinste Wesen, das du jemals hier finden wirst.»
Ich senkte den Blick. Ich hätte eifersüchtig sein sollen, war es aber nicht. Das wiederum bewies mir, dass Lucifel mir grundsätzlich egal war. Lilith jedoch nicht. Plötzlich nagte das schlechte Gewissen an mir.
«Keine Sorge», antwortete Belial und lächelte. «Sie ist nicht eifersüchtig. Im Gegenteil. Sie ist ziemlich froh darüber.»
«Worüber?»
«Das du es bist. Irial, wir alle sind dir treu ergeben, das weißt du. Du hast hier einiges verändert.»
Zum ersten Mal spürte ich, dass Belial aufrichtig und ernst zu mir sprach. Darauf war ich nicht gefasst.
«Lass das», fauchte ich. «Ich brauche euer Mitleid nicht!»
«Wer sagt etwas von Mitleid. Nur weil wir Dämonen sind bedeutet das nicht, dass wir nichts fühlen. Raciel war unser Freund, nun ja, nicht immer und nicht besonders meiner. Aber er war in Ordnung. Was zwischen dir und ihm passiert ist, schmerzt uns alle. Und zusehen zu müssen wie jemand wie du, der so hart kämpft, so viel erdulden muss, das macht uns genauso wütend. Vor allem, da wir das schon einmal erleben mussten. Das gilt auch für Lilith. Sie hat dich sehr gern. Darum habe ich eine Bitte an dich. Versuch, etwas netter zu sein. Zumindest zu ihr. Wir geben alle unser Bestes, ich hoffe, das weißt du.»
Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mich meinem aufkeimenden Wutanfall hingeben oder auf ihren Rat als gute Freundin hören sollte. Ich entschloss mich für den guten Ratschlag. Der Grund, warum mich ihre Worte so wütend machten war, weil ich wusste, dass sie Recht hatte. War ich wirklich so unerträglich geworden? Hatte mich mein Schicksal so verändert?
Plötzlich spürte ich etwas Nasses auf meinen Wangen. Vorsichtig griff ich in mein Gesicht. Tatsächlich.
Ich wollte aufhören, doch es ging nicht. Im Gegenteil. Ich begann regelrecht zu schluchzen.
Seit Monaten hatte ich keine Träne mehr vergossen. Mein Körper hatte offensichtlich Nachholbedarf.
«Es tut mir Leid», flüsterte ich.
Ich konnte meine Stimme kaum hören, so erstickt drückte sie aus meiner Kehle. «Es tut mir so leid. Ich will nicht so sein.»
Belial stand auf und eilte zu mir. «Du meine Güte.»
Ich wusste nicht, warum ich plötzlich heulte.
Meine Glieder waren taub. Meine Gedanken ebenfalls. Es schien alles über mir zusammen zu brechen. Wo war meine Sicherheit geblieben? Mein Halt? Mein Durchhaltewille? Alles schien vom einen auf den anderen Augenblick verschwunden und ich stand schutzlos meinen eigenen Gefühlen gegenüber. Ich wollte sie nicht sehen. Ich wollte den Schmerz nicht sehen. Die Hoffnungslosigkeit. Die Angst.
Unter der dicken Schicht aus Hass und Wut auf alles um mich herum, hatte ich ihnen nie in die Augen sehen müssen. Nun standen sie da und zwangen mich dazu. Aber wovor hatte ich Angst? Da war nichts, dass ich noch hätte fürchten müssen. Es gab nichts, das mir etwas anhaben konnte. Nichts, das mir etwas nehmen konnte. Es war nichts da.
«Belial?» flüsterte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. «Ich habe nichts mehr. Sag mir, warum alles von mir verschwunden ist.»
«Weil du zugelassen hast, dass es verschwindet.»
«Das habe ich nicht. Ich will die Apokalypse. Ich will, dass alles neu beginnt. Ich will wieder bei ihm sein.»
«Was meinst du damit?»
«Die Apokalypse. Sie bewirkt, dass alles zum Schöpfer zurückkehrt. Selbst Engel und Dämonen. Wenn ich das schaffe, habe ich eine Chance, ihn wieder zu sehen.»
Belial schwieg. Ich spürte den Druck ihrer Hände. Sie zitterte. «Ist das wahr?»
Ich nickte und rappelte mich auf. «Ja.»
Sie war starr vor Schreck. «Eine Begnadigung. Ein Neuanfang. Ich hatte keine Ahnung.»
«Es ist so furchtbar für mich», flüsterte ich. «Ich kann die Pfeiler nicht selbst suchen, ich weiß nicht wie. Ich bin ganz allein auf eure Hilfe angewiesen. Ich sitze hier und warte. Jeden verfluchten Tag und ich kann nichts aber auch gar nichts beeinflussen. Mir sind die Hände gebunden. Es macht mich wütend. Ich sitze hier, sehe mir die Statistiken an, die mir egal sind. Ich schlafe mit Lucifel, der mir ebenfalls egal ist. Ich
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