Daemonenherz
ein paar Jahren der tragische Unfalltod meiner Eltern. Wie ich gekämpft hatte. Mich aufgerappelt hatte. Versucht hatte, mein Leben in den Griff zu bekommen in dem Glauben, dass es Schicksal war. Ein Unfall.
Ich fürchtete ihre Antwort, obwohl ich sie kannte.
«Ja. Ausnahmslos.»
Der Schmerz kehrte zurück. Genauso wie die Übelkeit. Ein gewaltiger Schlag in die Magengegend. Ich keuchte, versuchte zu atmen, aber es gelang mir nicht. Panisch griff ich nach einer der Säulen.
Belial stützte mich.
Meine Knie gaben nach. Ich sank auf den kalten Boden.
Mein ganzes Leben war eine Lüge gewesen. Alles Teil eines Plans, um mich hierher zu bringen.
Raciel kannte mich seit Jahren. Er hatte genau gewusst, wie er mich beeindrucken konnte. Wusste genau, wie er mit mir reden musste. Wusste auch genau, was ich mochte und was nicht… alles war gespielt gewesen, nichts war dem Zufall überlassen worden. Ja. Der Bürokram musste überirdisch gewesen sein, konterte meine innere Stimme.
«Kann… kann ich ihn sehen?» fragte ich leise. «Er ist doch hier, nicht wahr?»
«Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Es würde dich nur verletzen. Komm jetzt», antwortete sie und zog mich auf die Beine.
Schon zu spät, keifte die Stimme in meinem Kopf.
Alte Bekannte
Belial führte mich aus dem Trichter hinaus ins Freie. Es verschlug mir den Atem, als ich über die weitläufige, düstere Ebene blickte. Schwarze Asche bedeckte den Boden und kein Windhauch strich über den fahlen Grund. Der Himmel über uns war dunkel und schwarz, erstrahlte in einem fahlen Licht, das von einer Sonnenfinsternis ausging, die über uns leuchtete. Ich bezweifelte, dass sie jemals endete. Dieses Land lag im ewigen Dämmerlicht.
Am Horizont konnte ich einige Türme sehen, die wie kleine Zahnstocher aus dem tristen Boden stachen.
«Was ist das?»
Belial trat nach mir aus der Höhle und blieb neben mir stehen. «Tartaros. Die Hauptstadt.»
Ich kniff die Augen zusammen. «Eine Stadt?»
Belial nickte und brachte mich zu einem Platz in der Nähe. Kutschen standen dort, vor sie gespannt riesige Hunde mit drei Köpfen. Es mussten Doggen sein.
«Kerberos», flüsterte ich, während Belial auf einen der Hunde zuging.
«Du kennst sie?» fragte sie erstaunt und kraulte einem der Tiere den Nacken, von dem aus sich die Köpfe teilten.
Ich antwortete nicht darauf, folgte ihr stattdessen in eine der Kutschen. Es roch modrig und die Sitze sahen bereits verblichen aus, trotzdem war es bequem. Die Hunde hetzten los und der Wagen setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.
Belial saß mir gegenüber und musterte mich. Ich starrte betreten auf meine Füße.
«Du kannst ruhig hinaus schauen», sagte sie, lehnte zurück und schloss die Augen.
Hinter uns befand sich der Trichter, den wir eben erst verlassen hatten. Von außen war es ein gewöhnlicher Vulkan. Seine Spitze verschwand in einem dichten Nebelteppich. Zwischen den Wolken über dem Berg erkannte ich den Pfeiler, der in die Mitte des Plateaus gerammt war.
«Was ist das für ein Pfeiler», fragte ich.
Belial öffnete die Augen. «Ygdrasil. Die Verbindung zwischen Himmel und Hölle. Die einzige im Übrigen.»
Ich nickte und lehnte mich im Sitz zurück. Der Vulkan wurde kleiner. Etwa eine halbe Stunde später passierten wir die Tore von Tartaros. Die Mauern aus schwarz geschliffenem Stein glänzten im Licht der Sonnenfinsternis matt. Der Geruch von Fleisch und Blut füllte die Kutsche und ich rümpfte die Nase, um meine Übelkeit zu verdecken.
Dämonen quetschten sich an der Kutsche vorbei, die langsamer geworden war. Darunter Chimären, Viecher, wie ich sie bereits im Trichter gesehen hatte, aber auch scheinbar hochrangigere Wesen mit menschenähnlichen Körpern und Flügeln. Die Straße war eng und von schmalen Brücken und Stegen überdeckt. Der Lärm ähnelte dem einer überfüllten Einkaufsstraße. Wortfetzen drangen vereinzelt bis zu mir und in der Ferne hämmerte jemand. Oder etwas.
«Bald sind wir im Palast», meinte Belial und spähte nach draußen. «Dort gibt's was Anständiges zum Anziehen und was zu Essen. Wird dir gut tun.»
Essen? Allein beim Gedanken daran wurde mir wieder schlecht.
Bald hielten wir. Ich stieg aus der Kutsche und bereute es augenblicklich.
Schmerzverzerrt schrie ich auf, als meine nackten Füße auf dem Boden aufkamen. Der Platz war komplett mit schwarzen Scherben bedeckt.
Belial schwebte neben mir in der Luft, ihre Feuerflügel schlugen
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