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Daemonenherz

Daemonenherz

Titel: Daemonenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Zogg
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anzusehen. Dazu würden hundert Jahre nicht ausreichen.
    «Es wird Zeit zu lernen, wie du die hier benutzt», hatte Zadkiel gesagt und auf meine Flügel gewiesen.
    Daher kamen jetzt auch meine Rückenschmerzen. Das Gefühl zu Fliegen war unglaublich. Die Luft über den Wipfeln der Bäume war klar gewesen, der Wind hatte durch meine Flügel gestrichen und jede Faser meines Körpers zum Prickeln gebracht. Ich hatte den ganzen Rest des Tages geübt und erst als die Sonne über Eden langsam unterging, kehrten wir nach Elysium zurück. Jetzt saß ich auf dem Bett, die Knie angezogen. Hier oben ließe es sich leben, dachte ich bei mir, als ich mein bisheriges Weltbild mit dem momentanen Stand verglich. Eden war friedlich, sorgenfrei. Wäre ich gestorben und hätte meine weltlichen Sorgen nicht mehr im Nacken, wäre hier das Glück perfekt. Dummerweise war ich nicht tot. Dummerweise war ich verliebt und der Himmel war der Ort, der am weitesten von Raciel entfernt war. Es war so gar nicht, wie ich mir meinen Gang in die Ewigkeit des Paradieses vorgestellt hatte.
    Ich ließ mich zurück ins Kissen fallen. Ich sollte mir etwas einfallen lassen, hatte Michael gesagt. Also begann ich nachzudenken.
     

    Ich schreckte auf. Ich musste eingeschlafen sein und mein Magen begann sofort zu knurren. Schnell schwang ich die Beine aus dem Bett und tapste über den kühlen Boden zum Tisch. Brot lag dort, zusammen mit Früchten, Karotten, Oliven, einem Krug Wein und einem Krug klarem Wasser. Was wohl Engel aßen? Assen sie überhaupt?
    Ich setzte mich an den Tisch. Das Brot schmeckte und es tat gut, wieder etwas im Magen zu haben. Ich hatte nicht viel gegessen in letzter Zeit. In der Hölle hatte ich nichts angerührt und hier hatte ich noch keine Zeit gehabt. Wenigstens hatte ich weniger Hunger als auf der Erde. Vielleicht sprangen sogar ein paar Kilos weniger dabei raus und ich kniff mir in meine Pölsterchen an der Seite.
    «Warum so kritisch? So dick bist du nicht», grinste Raphael, als er im Türrahmen stehen blieb und mich beobachtete.
    Ich warf ihm einen beleidigten Blick zu. «Was heißt hier
nicht so dick

    Er lachte etwas verlegen und setzte sich zu mir an den Tisch. «Wie geht es dir?»
    «Es geht. Ich lebe. Kann ja nicht anders.»
    «Das klingt etwas deprimierend. Gefällt es dir hier nicht? Bis jetzt hörte ich noch nie irgendwelche Klagen über den Himmel.»
    Ich lächelte matt und schob mir eine Olive zwischen die Zähne. «Es ist toll hier. Ich kann‘s kaum noch erwarten, zu sterben.»
    Er zog eine Augenbraue hoch. «Seit wann bist du zynisch?»
    Ich lehnte nach hinten. «Seit ich weiß, dass ihr für die Liebe meines Lebens nur Verachtung übrig habt.»
    «Verachtung ist das falsche Wort. Wir verstehen es nur nicht.»
    Irgendwie befriedigte mich diese Antwort nicht und ich ahnte, was er mir nun erklären würde.
    «Die Seraphim lassen dich nicht durch. Sie sagen, du wüsstest, wo dein Platz sei und du sollst ihn akzeptieren.»
    Die Antwort war ernüchternd. Abschmetternd. Schmerzhaft.
    Sie ließen mich also im Stich. Sie ließen Raciel im Stich.
    Hatte ich mir tatsächlich Hoffnung gemacht? Hoffnung darauf, dass Gott Mitleid mit einem Dämon haben würde?
    Ich schwieg und starrte auf die makellos polierte Tischplatte.
    «Es tut mir leid, Irial», wiederholte der Erzengel und stand auf. «Du kannst noch eine Weile hier bleiben. So lange, bis es dir etwas besser geht. Danach wirst du nach Hause zurückkehren und wir werden dafür sorgen, dass du vergisst, was passiert ist.»
    Ich nickte. Es hatte keinen Zweck darum zu bitten, dass mein Gedächtnis nicht gelöscht wurde. Sie würden auch hier meine Bitte abschmettern.
    Die Tür ging auf und Gabriel schwebte in den Raum. «Warum die ernsten Gesichter?»
    «Seine Schuld», knurrte ich und wies auf Raphael.
    «Meistens so», erwiderte Gabriel. «Bei dir soweit alles in Ordnung?»
    «Es geht.»
    Ich fuhr mir durch die Haare. Bei Raciel würden sie mir also nicht helfen.
    Eine andere Frage kam mir ganz plötzlich.
    «Die Toten sind doch hier irgendwo?»
    Gabriel und Raphael musterten mich und nickten.
    «Meine Eltern. Kann… kann ich sie wenigstens sehen?»
    Mein Herz raste. Warum war ich nicht früher darauf gekommen!
    Gabriel warf mir seinen typischen entschuldigenden und mitleidvollen Blick zu. «Liebes, sie sind vermutlich bereits wiedergeboren.»
    «Ich check die Datenbank», murmelte Raphael, zog ein kleines Gerät – ein Smartphone?!? – aus seiner Hosentasche und

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