Daemonenherz
stämmig, dass der Anzug an ihm beinahe lächerlich wirkte. Vom Alter her schätzte ich ihn in seiner menschlichen Gestalt auf ungefähr vierzig. Vielleicht auch etwas älter, seine schwarzen Haare grauten jedenfalls schon an der einen oder anderen Stelle.
Der dunkelhäutige, stämmige Dämon hatte etwas vom Typ Türsteher. Jedenfalls wirkte er wie jemand, mit dem ich mich nicht anlegen wollte.
«Wie viele sind wir denn?» fragte ich, um die peinliche Stille zu durchbrechen.
Meine Stimme zitterte. Ich war nicht nur nervös, nun war ich auch gewaltig eingeschüchtert.
«Fünf», war seine knappe Antwort.
Ich biss mir auf die Lippen und verkniff mir die Frage, ob die auch alle zu spät kämen. Taten sie aber nicht. Aus dem Schatten lösten sich drei weitere Gestalten.
«Bereit für deinen ersten Einsatz?»
Eine junge Frau trat ins Licht und grinste breit.
«Aeshma?» fragte ich und sie winkte kurz und hektisch.
«Bingo!»
«Du bist eine
Hunter
?»
Sie lachte und zwinkerte fröhlich. Ihre blonden Haare waren genau wie in der Hölle zu niedlichen Zöpfen geflochten und das schwarze Lolita-Kleidchen schwang zu ihren Bewegungen. «Neuerdings ja. Lucifel hat einige gute Leute abgezogen, um die Pfeiler zu jagen. Viele hat er um einen Rang befördert, damit sie meinen Job im Büro erledigen können. In den letzten Wochen ist einiges drunter und drüber gegangen. Ich habe noch nie so oft innerhalb weniger Wochen den Job gewechselt. Muss an dir liegen», fügte sie hinzu.
«Nur Aeshma ist neu, wir kennen uns schon etwas länger aus hier», flüsterte eine andere Stimme. «Ich bin Vanth. Sehr erfreut!»
Eine hochgewachsene Frau trat vor mich und streckte mir ihre Hand entgegen. Ihr Händedruck war leicht und fein, kaum spürbar und wie ein sanfter Hauch aus Luft und Parfum. Ihr Lächeln ebenso. Es war bezaubernd.
Dunkle Haare fielen über ihre schmalen Schultern. Ihre Haut war gebräunt und sie schien eine der Frauen, die ich normalerweise nur auf Werbeplakaten für irgendwelche Gesichtswässerchen und Mascara sehen konnte.
Der fünfte Dämon in unserer Gruppe stand etwas abseits an einige Kisten gelehnt. Sein schwarzer Mantel fiel fast bis zum Boden und seine ebenso schwarzen Haare verschmolzen ab der Schulter damit. Er schwieg und nickte, als er erkannte, dass ich ihn musterte.
«Das ist Samael», säuselte Aeshma und hakte bei mir unter. «Komm.»
Schnell zog sie mich mit sich in die Halle hinein. Dort griff sie nach etwas, dass auf einer der Kisten lag und befestigte es in meinem Ohr. Es war ein Headphone.
«Das ist deine Verbindung zur Zentrale. Der
Tracker
gibt uns die Positionen der Seelen durch, also bleib aufmerksam. Es funktioniert anders als das Headphone, das du in der Hölle trägst. Das hier ist für Verbindungen zwischen den Welten konzipiert und kostet ein Vermögen. Also verlier es bloß nicht.»
Sie drückte einen Knopf und es erklang ein hohes Pfeifen, das mir beinahe das Trommelfell zertrümmerte. Ich zuckte zusammen und fluchte. Aeshma lachte. Die anderen drei traten nur stumm neben mich und warfen ihr einen vernichtenden Blick zu.
«Schluss mit den Spielereien», murmelte Legion streng. «Wir wechseln jetzt in die Seelenebene.»
Vanth verschwand vor meinen Augen, kurz darauf Samael.
«Wartet! Wie!» rief ich.
Aeshma grinste und war ebenfalls innerhalb eines Wimpernschlags weg. «Du musst nur wollen.»
Schon stand ich alleine in der Lagerhalle. «Danke», knurrte ich. «Vielen Dank.»
Ich atmete aus, schloss die Augen und als ich sie wieder öffnete schrie ich vor Schreck. «Heilige Scheiße!»
Vor mir stand eine Echse auf den Hinterbeinen. Sie war mindestens drei Meter groß und ihre schwarzen Klauen ragten direkt vor mein Gesicht. Das ganze Vieh stand in Flammen und loderte von der Schnauze bis zum Schwanzende, aus dem mehrere Stacheln ragten. Die riesigen Flügel auf seinem Rücken brannten, aber dem Wesen schien es nichts anzuhaben.
Als ich mich von diesem Anblick erholte und mir langsam dämmerte, dass ich gerade die Ebene gewechselt hatte, verlangsamte sich auch mein Herzschlag wieder und ich faltete meine ausgebreiteten Flügel beruhigt an den Rücken. Hier in der Seelenwelt besaßen wir unsere dämonische Form. Die Flügel in meinem Rücken zu spüren beruhigte mich.
Die Seelenebene war seltsam. Düster, als läge die Welt in ewigem Schatten. Die Bewegungen schienen verlangsamt, die Konturen aller Personen und Gegenstände verzerrt. Nur die Farben der Dämonen vor mir
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