Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Ihr mich nun entschuldigen wolltet, Euer Gnaden, Eure Hoheit ... Ich sehe, dass auch meine Schwester mich daheim willkommen heißen möchte. Erste Schwester, Reichshüter ... Meister Draco, Ehrenwerte Schwestern ...« Quer durch die Umstehenden kam Tarjanian zu R'shiel, fasste sie nicht eben sanft am Arm und zog sie mit sich; erst hinter den Buntglastüren, auf dem Balkon, blieb er stehen. Sobald sie sich außer Hörweite der Versammlung befanden, ließ er von ihrem Arm ab. »Bei den Gründerinnen, bin ich froh, dass du da bist! Ich fürchte, ich hätte es im Kreis all dieser Nattern keinen Augenblick mehr ausgehalten.«
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»Und ich kann kaum glauben, dass du die Verwegenheit hast, heute Abend hier aufzukreuzen. Mutter sieht aus, als wollte sie gleich irgendetwas zertrümmern.« R'shiel musste lachen. Die Unruhe, die Tarjanians Ankunft verursacht hatte, bereitete ihr Vergnügen. Als sie Jenga um seine Rückrufung gebeten hatte, hatte sie an nichts Derartiges gedacht, jetzt jedoch begriff sie, dass Frohinia nun, nach Tarjanians Wiederkehr, ein zweites Ziel für ihre ständige Nörgelei hatte.
Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn; anscheinend hatte ihn der Dienst an der Grenze tatsächlich etwas Sinnvolles gelehrt, nämlich Zurückhaltung. Vor Jahren hätte er mit Frohinia, sobald er ihr begegnet wäre, sofort einen Streit angefangen. »Wann bist du eingetroffen?«
»Gestern. Wahrhaftig, ums Haar hätte ich dich nicht erkannt. Du bist erwachsen geworden.«
R'shiel schnitt eine Fratze. »Wohl kaum. Ich bin noch nicht einmal Seminaristin.«
»Seminaristin zu sein würde ich nicht als Maßstab der Reife anführen.« Tarjanian lachte. »Wenn ich dich richtig verstehe, versucht Frohinia nach wie vor, dich zu einer vollkommenen kleinen Schwester des Schwertes zu verbiegen?«
R'shiel stieß einen Seufzer aus. »Ich glaube, allmählich fragt sie sich, ob die Mühe vergebens ist. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich entwickle mich nicht ganz so, wie es ihr vorschwebt.«
»Nach meiner Ansicht ist keiner von uns beiden so geworden, wie Frohinia es sich wünschte.«
Trotz der Tatsache, dass ihr Halbbruder zehn Jahre älter war als sie und schon Hüter-Kadett, als sie - damals erst ein Säugling - in der Zitadelle angelangt war, hatte R'shiel ihm immer nahe gestanden. Frohinia hatte es ihr verboten, engen Umgang mit ihm zu pflegen, doch bereits in dieser Hinsicht war es ihr misslungen, sich durchzusetzen. Während der Kindheit hatte sie, weil sie im Umfeld Tarjanians und der anderen Kadetten ertappt worden war, weit mehr als einmal das Hinterteil versohlt bekommen.
»Wieso habe ich bloß das Gefühl, dass das Leben nun, da du zurück bist, viel aufregender wird?«
»Weil er ein Unruhestifter ist«, erklang hinter ihnen eine heitere Stimme. Verdutzt fuhr R'shiel herum und sah Georj Drake, Tarjanians besten Freund und seit kurzem ihr Lehrer im Messerwerfen, hinter sich stehen. In den nussbraunen Augen des jungen Hauptmanns blitzte Frohsinn. »Man sollte ihn noch einmal verbannen, bevor er neuen Unfug anrichten kann.«
»Ein verlockender Vorschlag«, scherzte R'shiel. »Wohin wollen wir ihn dieses Mal schicken, Georj? Zurück in die Südmark? Oder vielleicht nach Grimmfelden?«
»Du bist ein grausames Mädchen, R'shiel.« Sie mochte Georj. Für sie war er fast so sehr ein Bruder wie Tarjanian . »Vielleicht solltest du ihn in die Arena schicken.«
»Georj!«, ermahnte Tarjanian ihn. »Dieses Ansinnen habe ich längst verworfen.«
R'shiel blickte von Georj zu Tarjanian und von ihrem Bruder zurück zu Georj. »Was?«
Verschwörerisch nahm Georj sie am Arm. »Tja, es kann sein, dass du zu jung bist, um dich zu entsinnen, aber in der guten, alten Zeit, also bevor Tarja in aller Öffentlichkeit Trayla als dumme Gans beschimpft hat, war er der unangefochtene Held der Arena.«
»Doch, ich entsinne mich«, sagte R'shiel und wandte sich mit aufgerissenen Augen an Tarjanian. »Das ist es, was du verbrochen hast? Du hast Trayla eine »dumme Gans‹ genannt?«
Tarjanian schaute mürrisch drein, aber enthielt sich jeder Antwort. Georj zupfte R'shiel am Ärmel, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. »Jetzt, da er zurück ist, hat er die Pflicht, den Titel zurückzuerringen. Seit wir von seiner Rückkehr wissen, prahlt Loclon unablässig, wie leicht er Tarja bezwingen könnte. Er hat eine förmliche Herausforderung ausgesprochen, aber dein gleichgültiger Bruder hat ihn abgewiesen. Dabei steht hier doch
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