Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
eine gewisse Bestürzung hervor.
»Wohlan, dann sorgen wir dafür, dass Cortanen ihm grausame Leiden bereitet.«
»Dazu ist Wilem Cortanen nicht fähig. Hör zu, ich muss gehen. Inzwischen dürfte Crisabelle nahezu außer sich vor Ungeduld sein.« Dace trat beiseite und gab R'shiel den Weg frei. Khira hatte einen recht tiefsinnigen Gesichtsausdruck, als sie ihr das Tütchen mit der Kräutermischung reichte. R'shiel steckte es unter die Bluse. Am Ausgang des Kräuterladens drehte sie sich um. »Hab Dank, Dace, aber ich rechne mit Loclon auf meine Weise ab.«
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In der Ferne, hinter den Klimmersteiner Kegeln, ballten sich graue Wolken zusammen, während Brakandaran nach R'shiels Fortgang aus dem Kräuterladen zum Gasthof Zur Verlorenen Hoffnung umkehrte. Er nahm den weiten Umweg um den Marktplatz, um nicht an der Hüter-Bastion vorbeigehen zu müssen. Sein Blick zum Himmel überzeugte ihn, dass es am Abend wohl regnen würde.
Schon seit mehreren Tagen war er Mysekis' Nachstellungen ausgesetzt. Mysekis beabsichtigte herauszufinden, ob Khira mit Brakandaran ein Liebesverhältnis unterhielt. Häufig ersann der Adjutant einen Vorwand, um im Kräuterladen aufzukreuzen, doch hatte Brakandaran weder die Zeit, den Kuppler zu mimen, noch die Neigung. Außerdem hegte Khira einen grundsätzlichen Widerwillen gegen den Hüter. Sobald Mysekis ihr schöne Augen machte, drohte sie unverzüglich die Selbstbeherrschung zu verlieren. An derlei Verstrickungen wollte Brakandaran keinen Anteil haben. Nur die Undeutbarkeit seiner Beziehung zu der Heilerin hielt Mysekis auf Abstand. Die einfachste Lösung wäre es gewesen, der Täuschung halber ein Liebesverhältnis einzugestehen, jedoch hatte Brakandaran eigene Beweggründe, aus denen er diesbezügliches Getuschel so wenig bestätigen wie abstreiten mochte, und kein geringer Grund war die mit einem prallen Gesäß gesegnete Gastwirtin L'rin. Immerhin floss in seinen Adern zur Hälfte Menschenblut.
Brakandaran vermutete, dass sich Mysekis zum Mittagsmahl zu Hause aufhielt, gedachte jedoch keinesfalls die Gefahr einzugehen, womöglich vor den Gebäuden der Hüter irgendwem über den Weg zu laufen, der ihn nötigte, auf die Rückkehr des Adjutanten zu warten. Um den Marktplatz zu meiden, schlüpfte er durch eine enge Gasse auf eine schlickige Nachbarstraße. Dort stand gerade, weit und breit allein, der Abfallkarren. Zwei Sträflinge häuften den Unrat aus den Hinterhöfen der Läden auf das Gefährt, dessen Zugtier ein verkommen aussehendes Maultier war. Als Aufseher betätigte sich Sergeant Lycren, der allerdings in der Hauptsache -für den wohl eher unwahrscheinlichen Fall, dass es die Kraft oder den Willen zum Bocken aufbrachte - auf das Tier Acht gab.
»Heda, Freund«, rief Lycren und winkte träge. »Was hast du im Sinn? Du schleichst ja durch die Nebengassen wie der verworfenste Gauner.«
Müßig kratzte sich Lycren am stoppeligen Kinn, während er die zwei Sträflinge im Augenmerk bewahrte, die sich einige Häuser weiter mit dem Einsammeln des Abfalls beschäftigten. Beide Männer waren nackt bis zur Hüfte, und obschon bloß schwacher Sonnenschein sich in die Straße verirrte, bedeckte Schweiß ihre Oberkörper. Der größere Kerl war ein Doppelmörder namens Zac, der andere Mann war Tarjanian. Mit einem raschen Schritt zur Seite wich Brakandaran in den Schatten aus. Seines Wissens war Tarjanian unbekannt, dass er in Grimmfelden weilte, und so sollte es möglichst lange bleiben.
Brakandaran nannte Lycren eine Ausrede für seine Hast und entfernte sich eilends in entgegengesetzter Richtung. Er huschte durch das rückwärtige Holztor des Gasthofs und betrat das Haus durch die Küche. Im Vorbeischlendern schnappte er sich einen frisch gebackenen Wecken und winkte damit dem Koch zu, der ihn fuchtig anmaulte. Während er den düsteren Schankraum durchquerte, warf er das heiße Backwerk von einer in die andere Hand. Mehrere Hüter in zerknitterten Waffenröcken hockten am Fenster im fahlen Sonnenlicht beim Bier und verdauten das Mittagsmahl. Ohne sie zu beachten, erklomm Brakandaran die Stiege, biss unterwegs in den Wecken und verbrannte sich die Zunge.
Am Ende des langen Flurs verharrte Brakandaran vor einer festen hölzernen Tür und klopfte. Um diese Stunde herrschte im Obergeschoss zwielichtige Stille. Die meisten Gäste befanden sich außer Haus und gingen ihren Angelegenheiten nach, auch war die Essenszeit vorüber; daher konnte man sich jetzt im Gasthof Xur Verlorenen
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