Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Dank.«
»Bedanke dich nicht voreilig«, sagte Mandah. »Wir sind nur zu dem Zweck hier, um zu überwachen, dass du auf ordentliche Weise gehängt wirst.« Die Frau, die Tarjanian vor sich sah, erinnerte kaum noch an die verständnisvolle, besonnene junge Mandah, die er im Gedächtnis behalten hatte.
»Ich habe an euch keinen Verrat verübt, Mandah.«
»Gewiss, und ich bin die Erste Schwester.« Sie warf Tarjanian einen Bogen Pergament zu. Ein abträglicheres Beweisstück hätte selbst von der Ersten Schwester in Person nicht vorgelegt werden können. Ghari musste das Schriftstück gefunden haben, während man Tarjanian und R'shiel aus den Stallungen des Gasthofs verschleppt hatte.
Da der junge Rebell nicht lesen konnte, war ihm die Bedeutung des Schreibens wohl nicht gleich klar geworden. Hätte Ghari es zu lesen gewusst, wäre Tarjanian wohl schon längst tot.
»Ich kann es dir erklären, Mandah, wenn du mir dazu eine Gelegenheit gewährst.«
»Dann sprich«, antwortete Mandah. »Ich bin ungemein neugierig zu hören, welche Märchen du und deine dreimal verfluchte Mutter ausgebrütet habt.«
»Die Harshini sind noch am Leben«, erläuterte Tarjanian. »Wenn die Karier es erfahren, kommen sie über die Grenze, um sie zu vernichten. Die Hüter zu warnen ist Medalons einzige Hoffnung.«
Mandah äußerte sich nicht gleich zu seinen Worten. Sie setzte sich auf einen dreibeinigen Schemel und musterte Tarjanian, um sich ein Urteil zu bilden.
»Die Harshini sind tot.«
»Sie sind es keineswegs. Ich hätte gedacht, dass diese Neuigkeit euch freut. Ihr verehrt doch ihre Götter, oder etwa nicht?«
»Kannst du es beweisen?«
Tarjanian nickte. »R'shiel ist eine Harshini. Ebenso Brakandaran.«
»Padric hat mir deine Mär schon erzählt. Du erwartest, dass wir dir glauben? Und du hast die Absicht, die Hüter zu warnen, ihnen mitzuteilen, es gebe noch Harshini? Warum? Damit sie die Harshini gegen die Karier verteidigen? Eben die Hüter, die sich zwei Jahrhunderte lang bemüht haben, sie auszurotten? Du meine Güte,
Tarjanian, du bist im Hüter-Waffenrock und in Begleitung Mahina Cortanens zu Testra hereingeritten.«
»Mahina ist aus ihrem Amt entfernt worden. Man hat sie gestürzt.«
»Einmal Schwester, immer Schwester«, entgegnete Mandah. »Deine Behauptungen entbehren nicht einer gewissen Unterhaltsamkeit, aber in der Tat verwundert es mich, dass es dir nicht gelungen ist, etwas Glaubwürdigeres auszuhecken.«
»Mandah, wenn du mich für einen Lügner hältst, kannst du dir nicht denken, dass ich mir, wäre ich's, etwas Glaubhafteres ersonnen hätte?«
»Wer weiß?« Mandah hob die Schultern. »Früher war ich der Meinung, dich gut zu kennen. Aber heute ...? Du hast deine Gelegenheit zur Rechtfertigung gehabt. Padric wird R'shiel dem karischen Gesandten ausliefern und dich anschließend dem Strafgericht überlassen.«
Sie strebte zur Tür und öffnete sie. Unverzüglich trat Ghari ein. Er blickte sie und Padric erwartungsvoll an.
»Übe schnelle Vergeltung, Ghari«, mahnte Padric, ehe er und Mandah ins Dunkel entschwanden.
46
Man sperrte R'shiel in den Stall und stellte vors Tor eine Wache. Padric und mehrere andere Rebellen sprengten fort in die Nacht. R'shiel sank auf einen Ballen stinkigen Strohs. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Offenkundig hatten die Rebellen den festen Vorsatz, Tarja umzubringen. Brakandaran verkörperte die letzte Hoffnung. Wie lange mochte es dauern, bis er Tarjas und ihr Fehlen bemerkte? Und würde er begreifen, sobald es ihm auffiele, dass sie nicht aus freiem Willen fortgelaufen waren, sondern dass man sie entführt hatte?
Verzweifelt blickte R'shiel umher. Sie war an Händen und Füßen gefesselt. Am Eingang zum Stall konnte sie die Umrisse des Wächters ausmachen. Er wandte ihr den Rücken zu. Versuchsweise zerrte sie an den Fesseln, aber sie waren stramm geschnürt. Sie erblickte in dem alten Stall nichts, das ihr hätte nützlich sein können, um die Stricke zu zertrennen, selbst wenn der Mann davon nichts gewahrt hätte.
Padrics Absichten hinsichtlich des karischen Gesandten waren gänzlich klar. Pieter wollte sie, dessen war R'shiel sicher, aus nur einem Grund: Seine Abmachung mit Frohinia war zu seinen Gunsten noch nicht erfüllt. Sie fragte sich, ob er wusste, dass Frohinia sie verstoßen hatte, oder ob es ihn überhaupt kümmerte. Wahrscheinlieh nicht. Der Gegendienst, den er Frohinia erwiesen hatte, erklärte sich nach R'shiels Auffassung ohnehin im
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